Kiras Interessen und Begabungen

von Bianca Arens

 

Kira ist nun 3;0 Jahre alt. Ihre Anfangsschwierigkeiten, zu uns Erziehern und zu den anderen Kindern Kontakt aufzunehmen, habe ich beschrieben in: Kira findet in die Gruppe hinein und zeigt, was in ihr steckt.

Ganz allmählich nur hatte sie Kontakt aufgenommen. Auch jetzt ist sie ab und zu noch sehr in sich zurück gezogen, besonders wenn neue Personen in der Gruppe sind, wie wechselnde Praktikanten oder auch Mütter, die ihre „neuen“ Kinder bei uns eingewöhnen. Diese Eltern vermuten dann immer, Kira könne gar nicht sprechen, was nicht der Fall ist; wir halten sie sogar für besonders sprachbegabt.

Sie ist auch nicht inaktiv, denn sie nimmt alles ganz genau wahr und verarbeitet es. Wenn man sie Tage später auf einen Sachverhalt anspricht, hat sie diesen wie einen Film noch genau vor Augen.

Nun in dieser Praxisaufgabe (für den IHVO-Zertifikatskurs) will ich meine Beobachtungen bezüglich ihrer Interessen und Begabungen vertiefen.

 

… kurz gefasst …

Die dreijährige Kira versucht, ihre Begabungen in der Kita gut unterzubringen. Ihre Erzieherin hilft ihr dabei einfühlsam. Kira wird nicht gedrängelt, bei Angeboten mitzumachen, weil deutlich wird, dass sie das nicht möchte; stattdessen folgt die Erzieherin Kiras eigenen Lernwegen und unterstützt sie dabei.

 

Ich möchte versuchen, Kira in verschiedene Angebote zu integrieren, um ihre Interessen genauer heraus zu finden.

Bald wurde mir klar, dass ihr Gruppenaktivitäten, an denen viele Kinder teilnehmen, gar nicht liegen. Es ist auch immer noch so, dass sie bei unserem täglichen Morgenkreis fast nie mitsingt und an manchen einfachen Finger-, Rate- oder Tanzspielen nur äußerst selten teilnimmt. Durch Motivieren oder „Überreden“ ist sie in solchen Fällen nicht zum Mitmachen zu bewegen, obwohl wir alle wissen, dass sie diese Spiele beherrscht.

Aber auch bei anderen Angeboten, bei denen man mehrere Kinder fragt, ob sie teilnehmen möchten, klinkt sie sich aus und möchte meistens nicht mitmachen.

 

Polizei- und Feuerwehrprojekt laufen weitgehend ohne Kira

Innerhalb unseres Polizeiprojektes habe ich immer eine Kleingruppe von Kindern gefragt, ob sie bei kurzen Geschichten oder Sachbüchern zuhören möchten. Anfangs kam Kira mit, beteiligte sich aber nie an unseren Gesprächen.

Nach zwei solchen Situationen wollte sie aber gar nicht mehr mit zum Angebot ins Kuschelzimmer kommen.

Woran kann das liegen? Ich kann mir vorstellen, dass die Gespräche für sie vom intellektuellen und sprachlichen Niveau her unpassend waren.

In der Eins-zu-eins-Situation kann ich mich als Erzieherin da besser an Kira anpassen.

Beim anschließenden Feuerwehrprojekt mit ähnlicher Vorgehensweise war sie dann gar nicht mehr dabei. Sie wollte nicht, obwohl sie ein großer Fan von Büchern ist. Sie lässt sich mehrmals am Tag von mir oder auch sehr gern von unserer Vorpraktikantin etwas vorlesen. Ich wette, sie kennt viele unserer Bücher auswendig.
Oft kommt man mit ihr auch ins Gespräch über die Inhalte der Sachbücher und Geschichten. Doch Bücherbesprechungen in Kleingruppen scheinen ihr gar nicht zu liegen.

((Zum Verstehen beitragen kann hier vielleicht das Beispiel der dreijährigen Evelin in: Beispiele zu: Originelle, ungewöhnliche Gedanken.))

So hatte ich zwar eins ihrer Interessen (Bücher) im Auge, doch es klappte nicht, sie so in ein Projekt mit mehreren Kindern einzubinden, wie ich mir das gewünscht hätte.

Sie bekam beim Vorlesen zwar immer noch die Eins-zu-eins-Aufmerksamkeit, so weit es ging. Aber dann kam eine Zeit heftigen Personalmangels und es wurde sehr schwierig für mich, ein Projekt zu entwickeln, das vielleicht besser auf Kira zugeschnitten war.

Aber ich beobachtete sie weiter.
Sie saß recht oft am Maltisch. Doch mit ihren „Malkünsten“ ist sie nicht weiter entwickelt als andere Kinder im gleichen Alter. Sie verschenkt auch nie ein Bild oder zeigt es den Erzieherinnen, um Anerkennung zu bekommen. Ich denke mir, sie hat gemerkt, dass sie nicht so gut malen kann wie die größeren Mädchen, die mit am Maltisch sitzen.

Ich glaube, dass sie andere Gründe hat, sich zu den größeren Mädchen zu setzen. Die anderen Kinder in ihrer Altersklasse in unserer Kita unterscheiden sich sehr von ihr. Die flitzen immer gern im Flur herum, spielen dort am Getränketisch oder machen Unsinn im Waschraum, was dann nicht immer sofort bemerkt wird. Sie spielen viel im Bauzimmer oder räumen Spiele ein und aus und machen einfach viel Durcheinander. Ich glaube, diese Kinder wissen gar nicht, dass Kira so jung ist wie sie selbst; denn Kira wirkt viel reifer.

Ich denke mir, dass Kira tatsächlich wegen der Gesellschaft der Größeren an den Maltisch geht. Sie hört den Kindern zu oder unterhält sich auch mit ihnen, wenn sie einen „gutgelaunten“ oder „geselligen“ Tag hat.

Sie hat auch neue Freundinnen gefunden; neben Lydie, die diesen Sommer in die Schule kommt, noch Mary, die auch schon fast sechs Jahre alt ist. Wenn die drei Kinder sich unterhalten, ist der Altersunterschied wirklich nicht zu merken. Kira ist ja gerade erst 3 geworden!

 

Kira inspiriert und bestimmt das Spielgeschehen

Häufig sind auch Anton und Benni mit am Maltisch dabei, die ziemlich genau zwei Jahre älter sind als Kira und die, verglichen mit anderen Jungen, viel malen. Mit Beiden hat sie eine Zeit lang einen engen Kontakt gehabt. Auch heute spielen sie noch häufig miteinander, besonders Rollenspiele im Puppen- oder im Kuschelzimmer.

Wenn man die Drei dann ungesehen beobachtet, stellt man aber erstaunt fest, dass sich da die Rollenverteilung klar definiert hat. Bei „Vater, Mutter, Kind“, ob als Menschen oder als Tiere dargestellt, spielt Kira immer die Mutter, die das ganze Spielgeschehen bestimmt. Sie hat den kompletten Überblick und bestimmt, wann zum Beispiel schlafen gegangen wird, wann gefrühstückt wird, wann ins Schwimmbad gefahren wird und was dazu eingepackt wird und andere Einzelheiten. Sie hat dann wirklich alles im Griff.

Auch ist klar, dass sie spieltechnisch viel mehr „drauf hat“ als die beiden Jungen, die gerade fünf geworden sind. Die Beiden – und ganz besonders Anton – passen sich ihren Spielideen an und freuen sich anscheinend über die große Spielvielfalt, die Kira zu bieten hat. Trotzdem ist der Kontakt nicht mehr ganz so eng wie früher.

Kira orientiert sich jetzt an noch älteren Kindern wie Lydie und Mary. Ich denke, auf intellektueller Ebene fühlt sie sich den beiden sechsjährigen Mädchen noch näher als den fünfjährigen Jungen.

Sie sucht nach Kindern, von denen sie selbst auch mehr Impulse erhalten kann.

 

Kira bearbeitet ihre Ängste in einem Rollenspiel

Rollenspiele mag Kira gerne; doch ist es schwierig, wenn man als Erzieherin dabei ist. Eine Zeitlang kam Kira morgens etwas später in die Einrichtung und es stellte sich heraus, dass sie länger schlief, da sie nachts schlecht träumte und oft aufwachte und nur schlecht wieder einschlafen konnte. Sie war in einem Puppenspiel gewesen und davon plagten sie nun Alpträume, erfuhren wir von ihrer Mutter.
Wir sprachen darüber und fanden heraus: Sie konnte nicht verstehen, warum der böse Wolf und die böse Hexe am Ende so schlimm bestraft wurden. Obwohl Kira Wolf und Hexe auch für sehr böse hielt, empfand sie die Bestrafung als zu hart und grausam.

Ich denke, da kommt bei Kira eine hohe Sensibilität ans Licht – in unserer Literaturaufgabe (im IHVO-Zertifikatskurs) hatten wir uns ja damit befasst, dass hoch begabte Kinder oft über besondere Empfindlichkeiten verfügen.
Sie macht sich Gedanken über die im Puppenspiel dargestellten Konsequenzen und nimmt sie nicht einfach hin, wie andere gleichaltrige Kinder dies tun. Anderen Kindern reicht es meistens, wenn das Gute gewinnt und das Böse verliert und bestraft wird.
Aber ihr erschien die Strafe zu hart.

Kira erzählte uns im Kindergarten nichts von ihren Alpträumen. So hatte ich Glück, als ich sie mit Dilara, einem vierjährigen Mädchen, im Bauzimmer spielen sah. In ihrem Spiel kamen ein Junge und ein Mädchen, ein böser Wolf, eine böse Hexe und eine gute Fee vor.
Mit im Zimmer war noch Kevin, gerade drei Jahre alt und damit im gleichen Alter wie Kira. Er spielte irgendwie den Wolf, der Kira zu beißen versuchte. Kira war abwechselnd das Mädchen oder die gute Fee, die sich vor dem Wolf in Sicherheit bringen musste. Auch beschützte sie mit ihrem Körper Dilara, damit der Wolf sie nicht erwischte, und sie wehrte sich mit Bauklötzen, die sie dem Wolf als „hartes Fressen“ gab.

Das Spiel war recht ruhig, nur der Wolf wurde wild, wenn er die Mädchen zu beißen versuchte. Mitten im Spiel machten sie Pausen, um zu beratschlagen und zu planen, wie es weiter gehen sollte.

Ich setzte mich eine Weile hinzu und schließlich durfte ich mitspielen. Kira fütterte mich, als sei ich auch ein böser Wolf. Anders als Kevin, verbalisierte ich als Wolf, dass die Steine zu hart wären und mir die Zähne und der Bauch weh täten. Ich versuchte die Kinder abzuschlecken, mit der Begründung, dass sie so gut röchen und ich so einen großen Hunger hätte.

Tatsächlich gab mir Kira dann anderes Spielzeug zu essen. Beide Mädchen hatten auch einen Riesenspaß dabei, mir etwas hin zu halten, das ich dann nicht erwischte. Ich war irgendwie nicht der böse, sondern der dämliche Wolf.

In dieser Situation erzählte mir Kira, dass sie bei einem Puppenspiel gewesen war und große Angst gehabt hätte. Nachts müsse sie nun weinen. Sie erzählte mir auch die ganze Geschichte des Puppenspiels, aber ihre Schilderung war nicht leicht zu verstehen.

Kommentar:
Hier wäre eine Gelegenheit gewesen, auf die Frage der harten Bestrafung zu kommen, heraus zu finden, was für eine Bestrafung Kira für angemessen hielt und die ursprüngliche Geschichte „umzuschreiben“.

Für mich ist ersichtlich, was für ein tiefes Innenleben Kira schon entwickelt hat. Sie schafft es sogar, ihre Probleme mitzuteilen, nicht nur den Eltern, sondern schließlich auch im Kindergarten. Ich finde, das zeugt von einer weiten Entwicklung.

Ihre Interessen- und Begabungsschwerpunkte liegen offenbar im emotionalen und sprachlichen Bereich. Sie schafft es, die Fragen auszudrücken, die sie intellektuell und emotional sehr packen und beschäftigen.

Kommentar:
Kinder, die dazu schon fähig sind, möchten diese Fähigkeit auch nutzen, um die Welt besser zu verstehen – also sind Gespräche zu ihren Fragen dann auch schon ein wichtiges pädagogisches Mittel.

Das Gespräch fand nur zwischen ihr und mir statt, die anderen anwesenden Kinder waren nicht beteiligt und mischten sich auch nicht ein.

Ich hatte dann die Idee, ein kleines Puppenspiel-Projekt zu machen und die Strafe-Frage dort einzubinden – dies wäre für sie bestimmt interessant gewesen, sie hätte ihre Erfahrungen einbringen können und vielleicht weiter verarbeiten können.
Leider bekam ich nicht die Zeit und Gelegenheit dazu, andere Dinge in der Kita erschienen der Leitung wichtiger. (Anmerkung: Die Autorin arbeitet zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seit längerem in einer anderen Kita.)

 

Eine kleine Lerngeschichte

Aber ich beobachtete Kira weiter.
Eines Tages nahm sich Kira ein Puzzle mit 60 Teilen, auf dem die Arche Noah und viele Tiere zu sehen waren. Sie wollte es mit mir zusammen machen, also setzte ich mich mit ihr zusammen hin.
Eigentlich hatte ich erwartet, dass Kira das Puzzle ohne Probleme legen könnte. Aber sie kippte es aus und konnte es alleine überhaupt nicht. Auf Grund ihrer sonstigen Erscheinung und Reife irrte ich mich in meinen Erwartungen: Sie konnte die Teile nicht zusammen setzen.

Als ich ihr zum Üben ein einfacheres Puzzle anbot, schaute sie mich empört an und schüttelte den Kopf.
Also half ich ihr bei dem 60-Teile-Puzzle. Wir fingen am Rand an und ich schlug ihr vor, wie wir vorgehen könnten, nämlich erst mal Teile mit einer geraden Seite heraussuchen. Auch dabei benötigte sie Hilfe. Ich legte zueinander passende Teile in der richtigen Reihenfolge vor sie hin, so dass sie die Teile nur zusammenstecken musste. Dies klappte nach einiger Zeit auch ganz gut.

Wenn ihr andere Kinder helfen wollten, ließ sie es nicht zu. Sie wollte es alleine schaffen. So dauerte es ziemlich lange, bis das Puzzle ein Ganzes ergab. Als es fertig war, dachte ich, dass sich das Puzzle erst mal erledigt hätte. Irrtum!

Von nun an fragte sie mich jeden Tag, ob wir dieses Puzzle machen könnten – manchmal sogar mehrmals täglich während des Freispiels. Es entwickelte sich ein „Wie lerne ich dieses Puzzle machen-Projekt“.

Sie übte es mit einer bewundernswerten Motivation immer und immer wieder, bis sie besser wurde. Warum gerade dieses ihr so wichtig war, weiß ich nicht. Jedes Mal machte sie weitere Fortschritte; sie arbeitete konzentriert und sprach dabei nur ganz wenig oder gar nicht.

Nach einer Weile ging sie dazu über, das Puzzle ohne meine Begleitung zu machen, was immer viel Zeit in Anspruch nahm. Auch jetzt ließ sie sich nicht von anderen Kindern helfen. Ich denke, hier zeigt sich eine hohe Lernmotivation und es zeigt sich, wie ehrgeizig sie ist und wie selbstständig sie sein möchte.

 

Sind Aktivitäten in großer Gruppe nichts für Kira?

Weiterhin ist es nicht so einfach, sie in Gruppenangebote einzubeziehen. Sie spielt zwar gerne im Turnzimmer, aber bei angeleiteten motorischen Angeboten möchte sie entweder nicht dabei sein oder sie schaut nur zu.

Genauso ist es bei Angeboten im kreativen Bereich: Sie ist meistens Zuschauerin. Nach drei Tagen Ostereier-Anmalen malte sie zwar schließlich auch ihre Eier an, aber dabei saß sie alleine mit mir am Tisch, da die anderen Kinder schon fertig waren.

Jede Eins-zu-eins-Betreuung tut ihr noch gut; sie spielt zwar inzwischen mit anderen Kindern, aber nur in kleinen Gruppen. Bei Angeboten in der Gesamtgruppe hält sie sich sehr zurück. Ich weiß nicht, ob sich das noch ändern wird oder ob es einfach ihrer Wesensart entspricht.

Dann kam eine schwierige Zeit in unserer Kita. Es herrschte seit Monaten Personalmangel, zusätzlich wurde die Leiterin langzeitkrank – und wir mussten in unsere zwei Gruppen sieben Zweijährige aufnehmen, das war eine ganz neue Herausforderung für uns. Alles zusammen brachte uns an die Grenzen der Belastbarkeit und behinderte unsere pädagogische Arbeit sehr.

 

Tanzen, tanzen, tanzen!

Nach den Sommerferien – Kira war inzwischen 3;9 Jahre alt – zeigte sie ein ganz neues Interesse. Wir machten in den stressigen Zeiten häufiger Musik-CDs im Kuschelzimmer an, um möglichst viele Kinder in einem Raum zu beschäftigen. Die eigentliche Regel besagte, dass nur drei Kinder gleichzeitig in diesem Raum sein sollten, damit sie Ruhe für Gespräche, zum Bücher ansehen und zum Ausruhen finden können. Aber wie sich vieles in den letzten Wochen änderte, weil wir sonst einfach nicht in der Lage gewesen wären, die Kinder gut zu betreuen, lockerten wir diese Regel. So fanden sich täglich etliche Kinder dort ein und hörten Geschichten oder Musik von einer CD.

Kira hatte einen zweiwöchigen Urlaub in Ägypten hinter sich, und uns fiel sofort ein neues Verhalten an ihr auf. Sobald Musik ertönte, fing Kira an, mit den Hüften zu wackeln oder sich mit erhobenen Armen im Kreis zu drehen. Vor den Kindern hatte sie offenbar genug Selbstbewusstsein, um zu tanzen, aber sobald sie bemerkte, dass ein Erwachsener ihr zusah, zeigte sie diesen Mut nicht mehr.

Trotzdem kam mir sofort die Idee für ein Tanzprojekt in den Sinn, die ich wieder mal aus Zeitmangel nicht umsetzen konnte. Ich nutzte alle Chancen, um Kiras neuer Leidenschaft weiter Futter zu geben, zu beobachten und dabei zu sein.
So machte ich bei Regenwetter oder nachmittags, wenn sie mal länger da war und die meisten Zweijährigen abgeholt waren, eine Musik-CD an und rief die Kinder zum Tanzen zusammen.

Kira war immer interessiert dabei und wurde in ihren Tanzbewegungen immer freier und lockerer. Man konnte sie nicht ganz offensichtlich dabei beobachten, aber wenn sie eine unter vielen war, tanzte sie mit viel Eifer ohne Unterlass.

Als wir die Regeln im Kuschelzimmer wieder stabilisierten, damit auch das Ruhebedürfnis aller Kinder nicht zu kurz kam, machte ich weiterhin oft Musik für Kira an. Kira, Anton und Benni tanzten dann, so viel sie konnten. Besonders zu Anton vertiefte sich die Freundschaft wieder, weil er ihr Tanzinteresse am deutlichsten teilte.

Anton liebt Kira nach seiner eigenen Aussage sehr, malt viele Bilder für sie und möchte nur Kleidung anziehen, die Kira gefällt. Es ist deutlich, dass Kira in ihm ihren besten Freund gefunden hat, und so ist nicht erkennbar, dass sie die großen Mädchen vermisst, die jetzt in der Schule sind.

 

Doch noch ein kleines Tanzprojekt

Letztendlich bekam ich dann doch noch die Zeit, um mit Kira und einigen anderen Kindern ein kleines Tanzprojekt zu machen. Es nahmen fünf Kinder teil; außer Kira (3;10), Anton (5;8) und Benni (5;8) auch noch Kevin (3;11) und Fee (3;2).
Kevin hatte sich als erster gemeldet und er war auch immer sehr aktiv dabei, wenn Tanzmusik angestellt wurde. Allerdings verwechselte er Tanzen oft mit Herumwirbeln und Rennen. Aber er wollte so gerne mitmachen, dass ich ihm die Chance geben musste.
Fee ist ein kleines, kluges, offenes Mädchen, bei dem wir auch eine besondere oder sogar hohe Begabung vermuten.

Ohne von „Angebot“ oder „Projekt“ zu sprechen, bat ich Kira, von zu Hause ihre Lieblingsmusik mitzubringen. Sie stimmte freudig zu und brachte eine CD mit Bauchtanzmusik mit.

Zunächst setzten wir die CD bei einem Bewegungsangebot mit vielen Kindern im Turnzimmer ein. Nach verschiedenen Laufspielen, bei denen Kira erwartungsvoll mitmachte (!), spielten wir zum Schluss „Stopptanz“ zu Kiras Musik. So konnte Kira schon mal, in der Masse verschwindend, zwischen vielen Kindern zu ihrer Musik tanzen.

Das Tanzen in der kleinen Projektgruppe fand dann in den nächsten Tagen im vertrauten Kuschelzimmer statt. Die Kinder waren gespannt. Wir setzten uns im Kreis, und ich erzählte, dass ich beobachtet hatte, wie gern sie tanzen, und erwähnte dann, dass Kira ihre Lieblingsmusik aus dem Ägypten-Urlaub mitgebracht hätte, nach der wir tanzen könnten.
Dieses Hervorheben aus der Gruppe gefiel Kira anscheinend sogar, denn sie nickte, wenn auch schüchtern, und lächelte dabei.

Nun schlug ich vor, dass wir tanzen und Einiges ausprobieren könnten: Einer macht Tanzbewegungen vor und die Anderen machen sie nach. So lief es dann auch. Besonders Benni hatte viele Ideen und machte viele umfangreiche Bewegungen vor. Aber zu meiner Überraschung machte auch Kira des Öfteren die Vortänzerin. Es waren zwar keine Bauchtanzbewegungen, wie ich es bei ihr schon mal unbemerkt beobachtet hatte; ihre Bewegungen erinnerten eher an eine Ballerina, aber sie war sehr selbstbewusst dabei.
Mit dem Einstieg ins Projekt war ich zufrieden.

Kira und Benni zeigen wirklich Talent zum Tanzen!

 

In den nächsten Tagen trafen wir uns immer wieder zum Tanzen. Kira machte immer mehr Tanzbewegungen vor, inzwischen auch raumgreifender und bauchbetonter.

Wir verlagerten das Tanzen ins größere und hellere Turnzimmer. Bei der Abschlussbesprechung eines Treffens überlegten wir, wie wir weiter vorgehen könnten. Ich hatte gedacht, dass sie vielleicht einen gemeinsamen Tanz einüben wollten, aber sie wollten so weiter machen wie bisher: Ein Kind tanzt vor, alle anderen tanzen nach.

Ich war einverstanden. Es ging mir ja auch sehr um Kiras Entwicklung und ich sah, dass Kira es wirklich hervorragend machte. Während der Treffen sprach sie nicht viel, aber ihr Tanzen wurde immer ungezwungener. Oft lachte sie frei und laut, und ihre Tanzeinlagen wurden wilder und ungehaltener. Ihre früher zu beobachtende Zurückhaltung und körperliche Anspannung lösten sich.

In einer weiteren Besprechung fragte ich die Kinder, ob wir vielleicht eine Vorführung für die anderen Kinder machen wollten. Vier Kinder waren begeistert; Kira sagte eigentlich nichts dazu, aber in ihrem Gesicht war auch keine Ablehnung zu erkennen.

Also versammelten wir eines Morgens alle Kinder im Turnzimmer. Ich wollte es nicht ganz so offiziell machen, erzählte nur kurz, dass wir einen ägyptischen Tanz vortanzen wollten, und schon ging’s los.

Benni und Kevin waren sofort mit vollem Eifer dabei, Fee hielt sich ein klein wenig zurück und Anton blieb einfach stehen und machte erst mal gar nichts. Kira wippte neben Anton etwas hin und her und wusste anscheinend nicht so recht, wie sie sich verhalten sollte.

Die Musik war aber für einige der zuschauenden Kinder so mitreißend, dass sie ziemlich bald mittanzten. Sie machten die vorgegebenen Bewegungen einfach mit. Nun entspannte sich auch Kira wieder und konnte ihre herkömmliche Tanzfreude zeigen.

Bei dieser „Vorführung“ tanzten wir zwei Lieder, und die Kinder hatten offensichtlich sehr viel Spaß dabei. Später am Vormittag machten wir draußen auf unserem Spielplatz die CD wieder an und tanzten, während uns die Sonne beschien. Vielleicht wurden bei Kira noch einmal Urlaubsgefühle wach, denn sie tanzte versunken im Sonnenschein.

Im übrigen wünsche ich mir bald wieder bessere Arbeitsbedingungen, damit ich intensiver und kontinuierlicher mit den Kindern arbeiten kann!

 

Datum der Veröffentlichung: Februar 2013
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum

 

 

 

Kira findet in die Gruppe hinein und zeigt, was in ihr steckt

von Bianca Arens

 

Ich möchte das Selbstbewusstsein der sehr schüchternen und zurückhaltenden Kira (2;10) (alle Namen geändert) fördern, damit sie sowohl ihre Sprachbegabung als auch ihre anderen Fähigkeiten zeigen kann. (Ihre Mutter vermutet eine Hochbegabung.) Ich möchte Kira darin unterstützen, ihre kaum vorhandenen sozialen Kontakte auszubauen und ihre Integration in die Gruppe zu fördern.

Kira kam vor zwei Monaten zu uns in die Kita, da war sie 2;8 Jahre alt. Zusammen mit ihrer Mutter machte sie eine Eingewöhnungswoche mit meiner Kollegin, die in der ersten Zeit ihre Hauptbezugsperson sein sollte. Das bedeutet, dass sie den ersten Kontakt zum Kind und zur Mutter aufbaut, damit den Beiden der Eintritt in die Kita so angenehm wie möglich gemacht wird. Die „Eingewöhnungserzieherin“ erklärt die ersten wichtigen Regeln und hilft dem Kind, erste Kontakte zu den anderen Kindern zu knüpfen.

Für die Eltern gilt in etwa das Gleiche, da sie sich bei uns in der Elterninitiative mit den Regeln und Abläufen genauso gut auskennen sollen. Das heißt aber auch, dass die anderen Erzieherinnen sich erst mal zurückhalten, damit das Kind nicht mit neuen Eindrücken überfordert wird.

 

… kurz gefasst …

Die Autorin beschreibt, wie sich ein zweijähriges Mädchen allmählich in die Gruppe integrieren lässt. Zwar ist die Kleine das jüngste Kind der Gruppe, erstaunt die Autorin aber mit ihrem starken Selbstbewusstsein, ihrer großen Durchsetzungsfähigkeit und ihrer außergewöhnlichen Sprachkompetenz.
Allerdings sah es zunächst ganz anders aus. Kira wirkte schüchtern und sprach in der Kita nicht.
Erst der sorgfältige Beziehungsaufbau Erzieherin-Kind und die behutsame, aber nicht abwartende, sondern zielstrebige Integrationsarbeit brachte das wirkliche Wesen und die Fähigkeiten des kleinen Mädchens zum Vorschein und ließ Kira in der Gruppe dann doch relativ schnell „Fuß fassen“.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir nur Kinder ab drei Jahren aufgenommen, Kira war das erste Kind, das deutlich jünger war. Die Mutter hatte bereits davon gehört, dass wir eine Weiterbildung zum Thema Hochbegabung begonnen haben, und unsere Leiterin hatte uns berichtet, dass die Mutter bei ihrer Tochter eine besondere Begabung oder Intelligenz vermutet.

Ehrlich gesagt waren die ersten Eindrücke für mich eher enttäuschend. Kira schien ganz zurückgezogen, zeigte großen Ablösungs- und Trennungsschmerz und war eigentlich kaum ansprechbar. In den ersten Wochen war ihre Eingewöhnungserzieherin die einzige Person, auf die sie überhaupt reagierte.

Wenn wir anderen Erzieherinnen sie ansprachen, wurde ihre Körperhaltung ganz verkrampft, sie senkte den Kopf und weigerte sich, mit uns zu sprechen. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie überhaupt sprechen konnte. Oft beobachtete ich sie und hatte das Gefühl, dass sie sich mit ihrer Art „selbst im Weg stand“. Eigentlich stand sie einfach nur verloren herum.

Sie wirkte den ganzen Tag über unnahbar, sowohl für uns als auch leider für die anderen Kinder. Die Kinder mochten sie anscheinend. Einige Kinder hatten Mitleid, wenn es ihr morgens nicht so gut ging, und versuchten sie hilfsbereit zu „betüddeln“, da sie auch wussten, dass Kira mit ihren zwei Jahren die Jüngste bei uns war. Andere Kinder nahmen zumindest genug Rücksicht und machten ihr den Kindergartenvormittag so angenehm es ihnen möglich war.

Nach der für Kira harten Eingewöhnungszeit entwickelte es sich so, dass Kira zwar da war, aber eigentlich niemandem mehr besonders auffiel, sowohl drinnen wie draußen. Von sich aus nahm sie keinen Kontakt zu anderen Kindern oder zu uns Erzieherinnen auf.

Sie schaute einfach nur zu und zeigte keine anderen Aktivitäten.

Ich beobachtete sie oft und dachte, dass sie schon „ein komisches Mädchen“ sei. Na ja, diese Feststellung ist nun wirklich nicht sehr professionell, also kam ich bei den Überlegungen zum Thema dieser Praxisaufgabe (für den IHVO-Zertifikatskurs) auch mit meinen Gedanken wieder zu Kira zurück. Ich dachte mir, in dieser kleinen Persönlichkeit muss doch noch mehr schlummern, wenn ihre Mutter sogar eine Hochbegabung vermutet. Es müsste nur jemand zu ihr „durchdringen“ oder so weit einen positiven Kontakt zu ihr aufbauen und ihr Vertrauen gewinnen, damit sie „aus sich raus kommen kann“.

Ich will zu ihr durchdringen!

Also verbrachte ich immer viel Zeit in ihrer unmittelbaren Nähe. Sie schaute mir jedes Mal zu, wie ich mit anderen Kindern agierte, wobei ich auch zu ihr Blickkontakt hielt und versuchte, sie viel anzulächeln.

Ich suchte immer wieder die Gelegenheit, in ihrer Nähe zu sprechen. Zum Beispiel sprach ich darüber, was ich gerade so tat, und stellte ihr auch oft Fragen, die sie allerdings nicht beantwortete. Dann ging ich zu Fragen über, die sie nur mit kurzem Ja oder Nein hätte beantworten müssen – auch zunächst ohne sichtbaren oder hörbaren Erfolg.

Schließlich, nach Wochen, bekam ich auf die meisten Fragen zumindest ein Nicken oder ein Kopfschütteln zur Antwort. Je länger sich dieses „Plaudern“ so hinzog, desto mehr fiel mir auf, dass sie sich immer häufiger absichtlich in meiner Nähe aufhielt.

Etwa zur gleichen Zeit bemerkte ich, dass sie, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, sehr wohl eine laute Stimme hatte. Und zwar hörte ich sie im Sandkasten unser Geburtstagslied „Heute kann es regnen, stürmen oder schneien“ singen.

 

Alle drei Strophen! Laut und deutlich!

 

Wird sie mitmachen und „aus sich heraus kommen“?

Nun begann ich sie gezielt in meine Angebote mit einzubeziehen. Wir hatten neue große Stempel mit Buchstaben eingekauft, und unsere Kinder vom Buchstabenprojekt hantierten damit ausgiebig.

Siehe:
Buchstabenprojekt in Kleingruppenarbeit und Selin ist unterfordert.

Kira (nun 2;11) und ein Junge namens Anton (4;8) waren nicht beim Buchstabenprojekt dabei gewesen. Von Anton wusste ich, dass er Kira gern mochte und immer versuchte sie zum Mitspielen zu bringen. Seine Mutter berichtete mir, dass er zu Hause auch häufiger Kiras Namen erwähnte.

Also schien es da, zumindest seinerseits, eine gewisse Zuneigung zu geben.

Ich fragte Beide, ob sie nicht auch mal stempeln wollten. Anton bejahte, allerdings schüttelte Kira verneinend den Kopf. Also fragte ich sie nur, ob sie denn mal zuschauen wollte; sie könnte wieder gehen, wenn sie keine Lust mehr hätte. Sie antwortete mir nicht. Schließlich schaffte es Anton, sie zu überreden. Sie nickte und kam mit.
Tatsächlich setzte sie sich sogar mit an den Tisch, wo das Angebot stattfand, und wollte sich einen Malkittel anziehen, wobei ich ihr half.

Nachdem ich den Kindern die Technik erläutert hatte, wollte ich auch ihr ein Blatt geben, was sie aber nicht wollte. Ich fragte sie, ob sie sich mit Anton ein Blatt teilen mochte, worauf sie nickte. Auch Anton war einverstanden. Dann ging es los.

Zu meiner Überraschung hatte sie eine genaue Vorstellung, wie es bei ihr aussehen sollte. Sie stempelte mit einer ausgewählten Farbe in gleichmäßigen Abständen reihenweise nebeneinander auf ihre Blatthälfte.

Plötzlich meinte sie zu mir, dass sie fertig sei und ein neues Blatt anfangen möchte. Anton begann zu protestieren, weil er darauf noch weiter machen wollte. Doch Kira teilte ihm ganz bestimmt mit, dass es fertig sei und er nicht weiter machen dürfe. Sie nahm ihm sogar den Stempel aus der Hand, was ihn ziemlich erstaunte.

Eigentlich waren alle Kinder verwundert und hielten mit ihrer Arbeit inne, um zu sehen, wie es weiter ging.

Kira legte das Blatt selbstbewusst zur Seite zum Trocknen und verlangte ein neues. Zum Glück war Anton dann auch einverstanden.

 

Nicht schüchtern, sondern selbstbewusst!

Nach dieser Situation war klar, dass Kira nicht das schüchterne stille kleine Mädchen war, sondern dass sie sehr wohl verbal wie auch tatkräftig ihren Willen äußern und durchsetzen konnte. Dass sie sich ihrer Meinung sogar so genau bewusst war, erstaunte mich schon sehr. Ich hatte es aber, um ehrlich zu sein, auch gehofft.

In nächster Zeit habe ich sie in einige meiner Angebote mit einbezogen, wie zum Beispiel beim Basteln oder beim Fenster bemalen.

Außerdem halte ich weiter verstärkt Kontakt zu ihr. Dabei habe ich zum Beispiel mit ihr im Bauzimmer gespielt, wobei sie plötzlich anfing mir zu erzählen, dass sie am liebsten mit Holzspielzeug spielt. Sie erzählte mir auch kurze Erlebnisse mit ihren Großeltern, was ich für ihr Alter schon sehr beeindruckend finde.

Im Freispiel probierten wir verschiedene Puzzles oder auch mal ein Quartettspiel aus, bei dem sie aber noch viel Hilfestellung benötigte.

Am liebsten war ihr, wenn sie Bücher vorgelesen bekam. Am Anfang fragte ich sie noch, ob sie zuhören möchte, im Laufe der Zeit kam sie dann immer häufiger mit Vorlesewünschen auf mich zu. Sie ließ sich gerne Sachbücher vorlesen, eigentlich immer über Tiere. Durch diese Bücher kamen wir dann auch immer öfter ins Gespräch. Anfangs stellte ich immer die Fragen und schließlich traute sie sich auch, mir Fragen zum Buchinhalt zu stellen.

 

Wir haben inzwischen einen Draht zueinander, aber wie geht sie mit den Kindern um?

Es entwickelte sich so, dass ich eigentlich erst immer den Kontakt zu ihr aufbauen musste, bevor sie sprach. Meine Fragen waren über einen längeren Zeitraum nötig, um ein bisschen mit ihr warm zu werden. Inzwischen ist es aber so, dass es meistens ohne diese Aufwärmphase funktioniert, wenn ich sie etwas frage oder versuche mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Mit der Zeit wurde sie dann auch zu den anderen Kindern aufgeschlossener und begann Freunde zu finden. Besonders Anton und Benni (wie Anton ebenfalls jetzt 4;10) müssen da erwähnt werden. Die drei spielen am meisten zusammen, allerdings von Kiras Seite aus nur, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. Dann quatscht sie lustig drauf los!

Auch ihre Körperhaltung ist dann viel freier, sie bewegt sich auch viel schneller und scheint ein lustiges kleines Mädchen zu sein, das viel kichert. Außerdem konnte ich beobachten, wie sie ihrem Freund Anton einmal ein Küsschen gab.

Auf alle Fälle ist klar, dass ihr anfängliches verschlossenes Auftreten nichts mit der „wahren“ Kira zu tun hat.

Sie kann klar und deutlich sprechen, so wie ich es bei einem Kind ihres Alters oder sogar bei älteren noch nie gehört habe.

Natürlich ist sie jetzt nicht plötzlich immer aufgeschlossen und ansprechbar. Zum Beispiel macht sie bei den Spielen in unserem täglichen Morgenkreis nicht mit.

Es gab eine Ausnahme. Nach Möglichkeit sind alle Erzieher beim Kreis dabei. Als ich allerdings in Tagen besonderen Personalmangels die Kreise allein mit den Kindern durchführen musste, machte sie genauso mit wie alle anderen Kinder. Zum Beispiel machte sie bei „Der dicke Tanzbär“ ganz unbefangen mit. Da war ich erstaunt und freute mich. Leider hielt diese Mitmachbereitschaft nicht mehr an, als die Erzieherbesetzung ­im Kreis wieder größer wurde. Aber ich habe die Hoffnung, dass Kira sich in Zukunft auch dann trauen wird.

 

Eine Freundin namens Lydie

Neuerdings hat sie eine neue Freundin namens Lydie (5;2) gewonnen, und die zwei können stundenlang miteinander spielen. Da kann man dann auch erkennen, dass der große Altersunterschied absolut unbedeutend ist. Sie unterhalten sich auf gleicher Ebene und können stundenlang ins Rollenspiel vertieft sein. Wenn die beiden zusammen spielen und Kira wird abgeholt, weigert sie sich schon mal lautstark, nach Hause zu gehen. Dabei jammert sie nicht kleinkindmäßig wie andere Kinder in ihrem Alter, sondern stellt klare Forderungen an ihre Oma oder Mutter, dass diese später kommen sollen. „Diskussionstechnisch“, auch verglichen mit anderen Kindern, finde ich ihre Redegewandtheit sehr beeindruckend.

Es ist zu beobachten, dass sie keinen Kontakt zu anderen Zwei­- oder Dreijährigen hat. Kira wirkt einfach viel reifer und älter.

Jetzt sehe ich ihr Potenzial und wir handeln entsprechend.

Zu einem Theaterausflug – das Stück war für Kinder ab vier Jahren – nahmen wir Kira mit. Sie schaute sich das komplette Stück an und schien es aufzunehmen. Zu Hause hat sie ihrer Mutter von der Geschichte erzählt.

In letzter Zeit beobachte ich auch kleine Streitereien zwischen ihr und anderen Kindern. Ich weiß dann leider nicht immer, wie sie zu Stande gekommen sind, aber Kira „kämpft“ dann (verbal) um die Durchsetzung ihrer Ansichten. Auch protestiert und wehrt sie sich laut, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt. In letzter Zeit kommt sie dann auch oft zu mir und erzählt mir, wenn die anderen sie „ärgern“. Sie kann also inzwischen auch um Hilfe fragen, wenn sie alleine nicht weiterkommt.

Ich denke, ihre Rolle und Position in der Gruppe beginnt sich zu ändern. Sie ist nicht mehr das kleine, angepasste Mädchen, das den Tagesablauf nur in einer beobachtenden Stellung erlebt, sondern sie vertritt nun eine eigene Persönlichkeit, die immer stärker und selbstbewusster wird.

Ganz sicher ist es wichtig, ihre Entwicklung weiter zu beobachten, auch im Hinblick auf eine sprachliche Hochbegabung und weitere Begabungen, die sie uns noch zeigen kann. Der Grundstein zu einer positiven Entwicklung ist zumindest gelegt, denke ich, und ich hoffe ich konnte meinen Anteil dazu beitragen.

Weitere Beobachtungen zu Kiras Entwicklung siehe:
Kiras Interessen und Begabungen.

 

Datum der Veröffentlichung: Februar 2013
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum

 

Kommentar: Inklusion – aber bitte ganz schnell?!

von Alexa Kreitlow, Leiterin der Kita „Botzeknööfe“ in Kürten
Mai 2013

 

Bitte lesen Sie auch: Einige Informationen zu Inklusion

 

Wenn es jetzt um die schnelle Einführung von Inklusion in Kitas geht – wird da nicht ein toller faszinierender Gedanke missbraucht, um eine neue Sparpolitik durchzusetzen, – und das auf Kosten aller unserer Kinder und des Personals?

Um Inklusion verantwortungsvoll zu verwirklichen, müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Inklusion kann das Ziel sein, sie ist allerdings nicht von heute auf morgen zu haben. Der Weg zur Inklusion ist lang: Eltern, Erzieher und Träger müssen überzeugt und geschult werden.

Dies können wir nur erreichen, wenn die Regel-Kindergärten personell und räumlich ausreichend ausgestattet sind. Ich gehe davon aus, dass es schon bei der Frage ausreichender personeller und räumlicher Ausstattung unterschiedliche Meinungen gibt. Natürlich soll alles auch kostenneutral geschehen. Es scheint ja genug Geld da zu sein, denn die gut funktionierenden, aber auch teuren Integrativen Einrichtungen sollen Auslaufmodelle werden. Dieses Geld soll dann in die Regeleinrichtungen fließen.

Was mich in der Diskussion stört ist die Tatsache, alle Kinder mit Förderbedarf über einen Kamm zu scheren. Die jeweiligen Fälle sind dabei ganz individuell verschieden und erfordern auch individuelle Förderung. Nicht jeder Kindergarten kann für jedes Kind das Beste sein und nicht jede Erzieherin ist auch gleichzeitig Heilpädagogin.

Aus aktuellem Anlass haben wir im Folgenden einen Artikel aus dem Bonner „General-Anzeiger“ vom August 2016 eingefügt.

Drei Jahre nach dem Kommentar von Alexa Kreitlow sind viele Eltern von Schulkindern enttäuscht, und es wird heftige Kritik geäußert – bezogen auf die Kitas dürfte es nicht anders aussehen.

 

Weiter im Kommentar von 2013:

Viele Kindertageseinrichtungen fühlen sich den ungewöhnlichen Bedürfnissen und Problemen der Kinder weder fachlich, zeitlich, noch räumlich gewachsen. Das verwundert wiederum nicht, wurde uns Erzieherinnen doch über viele Jahre hinweg weisgemacht, wir wären ungeeignet ausgebildet, um die Kinder mit besonderen Bedürfnissen adäquat zu fördern. Und nun soll das plötzlich anders sein, nur weil es zur „political correctness“ gehört, dass sich Kinder mit Behinderung gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung bilden sollen?

Aber wer traut sich, das öffentlich zu sagen? Wer möchte sich denn auch damit outen, dass er nicht auf der „richtigen“ Seite der Moral steht? Wir wollen doch Alle keine Kinder ausgrenzen.

Aber es muss auch leistbar sein, und es sollte wirklich das Beste für die Kinder sein. Wie immer ist es eine Frage des Geldes! Denn mit zusätzlichen Räumen und mehr Personal würden wir sehr gerne dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderung Teil unserer Gemeinschaft sein können und dass ihre Behinderung dabei keine Rolle spielt.

Eins ist sicher, auch wir „Botzeknööfe“ werden uns auf den Weg machen, die Forderung nach Inklusion zu erfüllen, aber wir wollen es gut machen. Wir werden es langsam angehen und uns fortbilden und – im Gegensatz zur Politik – zuerst einmal ein Konzept entwerfen.

Wir wollen nicht, dass sich Kinder mit besonderen Bedürfnissen einfach an unsere bestehenden Rahmenbedingungen anpassen müssen. Und wir wissen schon heute, dass das Zusammenleben mit Kindern mit verschiedensten Behinderungen eine völlig neue Konzeption braucht.

Aber all das schaffen wir natürlich nicht bis August 2013, wie es die Politik gerne hätte.

 

Bitte lesen Sie auch: Einige Informationen zu Inklusion

Bitte lesen Sie auch: Rahmenbedingungen verbessern!

 

Datum der Veröffentlichung: Mai 2013
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Sämtliche Kommentare

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Kommentar: Potenzialentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung

von Hanna Vock
Juli 2013

 

„Potenzialentfaltung“ und „Persönlichkeitsbildung“ sind Schlagworte, die in der schulpolitischen Diskussion zur Zeit ganz weit vorne stehen.

Es gibt anscheinend Schul- und Bildungspolitiker sowie auch praktische Pädagogen, die diese Begriffe und was damit gemeint ist, gerade erst entdecken.

Auch wird jetzt gerne gefragt, wie viel persönliche Beziehung zwischen Kind und Pädagogen im Lernprozess enthalten sein muss, damit er gelingt.

Wie kann das alles sein?

Ist es nicht selbstverständlich – und jedem engagierten und talentierten Pädagogen von vornherein klar – dass man nicht von „ganz weit weg“ oder gar „von oben herab“ einem Kind bei seiner Entwicklung wirksam helfen kann?

Es müsste doch längst selbstverständlich sein, dass es bei Bildung letztlich immer um Potenzialentfaltung und Persönlichkeitsbildung geht. Die Persönlichkeitsbildung schließt auch ein, dem Kind oder Jugendlichen abzuverlangen, Verantwortung für sich selbst und – im Rahmen seiner Möglichkeiten – für andere Menschen zu übernehmen. Und es gehört auch zum Bildungsprozess, ihnen abzuverlangen, Verantwortung für das Gelingen von alltäglichen Aufgaben und herausfordernden Projekten zu übernehmen. Hier gehen die beiden Bildungsziele Potenzialentfaltung und Persönlichkeitsbildung ineinander über.
Das alles müssen wir den Kindern aber nicht nur abverlangen, sondern auch ermöglichen.

In vielen Kindergärten, die ich kennenlernen durfte, geschieht und gelingt auch genau das – die Verbindung von Potenzialentfaltung und Persönlichkeitsbildung. Bitte lesen Sie als einen von vielen Belegen dafür den neuen Beitrag „Schmetterlings-AG„.

Viele Berichte in diesem Handbuch zeigen: Erst als die Beziehung zwischen Pädagogin und Kind sich entwickelte (und auch eine Beziehung mit echtem geistigem Austausch wurde) haben die Kinder ihr wirkliches Potenzial gezeigt und sich bei der Weiterentwicklung helfen lassen.

Wäre es, gesamtgesellschaftlich betrachtet, nicht ein guter Weg, genau die Menschen für pädagogische Berufe (und vielleicht sogar für die Besetzung von Posten in der Bildungspolitik?!) zu interessieren, die diese Voraussetzungen mitbringen? Die dies alles – weil sie pädagogische Begabung besitzen – eh schon tief verinnerlicht haben und selbstverständlich finden? Die ihre Ausbildung in jungen Jahren schon mit dem festen Willen antreten, genau dieses – Potenzialentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung – für Kinder und Jugendliche zu verwirklichen? Die auch über die nötige pädagogische Begabung verfügen, es in der Praxis umzusetzen?

Es ist so unglaublich mühsam und oft gar nicht von Erfolg gekrönt, pädagogisch unbegabten und un-inspirierten Lehrern und Erzieherinnen diese Grundsätze und die geeignete Methodik „beizubringen“ – oder wie eine Kollegin es einmal formulierte: „beizubiegen“.

Für mich lauten die beiden Hauptfragen der Bildungspolitik angesichts der viel beklagten Misere deshalb:

1. Wie können die pädagogischen Berufe und Berufsstätten so attraktiv gestaltet werden, dass es einen großen Ansturm auf sie gibt? Oder ist das unserem reichen Land einfach doch zu teuer?

2. Wie können aus den dann vielen Bewerberinnen und Bewerbern in einem sorgfältigen Prozess die heraus gefunden werden, die die größte Begabung und die größte Motivation zum Gestalten von gelingender Bildung und Erziehung haben?

Schauspielschulen, Journalistenschulen und Ausbildungsstätten bei den großen Sendern, Musikakademien und viele andere – sie machen sich die Mühe: Sie prüfen hart und weisen viele Anwärter ab, aber für die Qualität der Arbeit ist es von Nutzen.

Warum ist das bei den pädagogischen Berufen nicht so? Etwa weil Verantwortliche insgeheim immer noch glauben: Erziehen und bilden kann jeder???

Andererseits:
Wie viel Freude macht es, begabte Pädagogen aus- und weiterzubilden und ihnen bei der Arbeit zu zu sehen?!

 

Datum der Veröffentlichung: Juli 2013
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum

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Kommentar: Inklusion – aber bitte ganz schnell?!

von Alexa Kreitlow, Leiterin der Kita „Botzeknööfe“ in Kürten
Mai 2013

Bitte lesen Sie auch: Einige Informationen zu Inklusion

 

Wenn es jetzt um die schnelle Einführung von Inklusion in Kitas geht – wird da nicht ein toller faszinierender Gedanke missbraucht, um eine neue Sparpolitik durchzusetzen, – und das auf Kosten aller unserer Kinder und des Personals?

Um Inklusion verantwortungsvoll zu verwirklichen, müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Inklusion kann das Ziel sein, sie ist allerdings nicht von heute auf morgen zu haben. Der Weg zur Inklusion ist lang: Eltern, Erzieher und Träger müssen überzeugt und geschult werden.

Dies können wir nur erreichen, wenn die Regel-Kindergärten personell und räumlich ausreichend ausgestattet sind. Ich gehe davon aus, dass es schon bei der Frage ausreichender personeller und räumlicher Ausstattung unterschiedliche Meinungen gibt. Natürlich soll alles auch kostenneutral geschehen. Es scheint ja genug Geld da zu sein, denn die gut funktionierenden, aber auch teuren Integrativen Einrichtungen sollen Auslaufmodelle werden. Dieses Geld soll dann in die Regeleinrichtungen fließen.

Was mich in der Diskussion stört ist die Tatsache, alle Kinder mit Förderbedarf über einen Kamm zu scheren. Die jeweiligen Fälle sind dabei ganz individuell verschieden und erfordern auch individuelle Förderung. Nicht jeder Kindergarten kann für jedes Kind das Beste sein und nicht jede Erzieherin ist auch gleichzeitig Heilpädagogin.

Viele Kindertageseinrichtungen fühlen sich den ungewöhnlichen Bedürfnissen und Problemen der Kinder weder fachlich, zeitlich, noch räumlich gewachsen. Das verwundert wiederum nicht, wurde uns Erzieherinnen doch über viele Jahre hinweg weisgemacht, wir wären ungeeignet ausgebildet, um die Kinder mit besonderen Bedürfnissen adäquat zu fördern. Und nun soll das plötzlich anders sein, nur weil es zur „political correctness“ gehört, dass sich Kinder mit Behinderung gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung bilden sollen?

Aber wer traut sich, das öffentlich zu sagen? Wer möchte sich denn auch damit outen, dass er nicht auf der „richtigen“ Seite der Moral steht? Wir wollen doch Alle keine Kinder ausgrenzen.

Aber es muss auch leistbar sein, und es sollte wirklich das Beste für die Kinder sein. Wie immer ist es eine Frage des Geldes! Denn mit zusätzlichen Räumen und mehr Personal würden wir sehr gerne dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderung Teil unserer Gemeinschaft sein können und dass ihre Behinderung dabei keine Rolle spielt.

Eins ist sicher, auch wir „Botzeknööfe“ werden uns auf den Weg machen, die Forderung nach Inklusion zu erfüllen, aber wir wollen es gut machen. Wir werden es langsam angehen und uns fortbilden und – im Gegensatz zur Politik – zuerst einmal ein Konzept entwerfen.

Wir wollen nicht, dass sich Kinder mit besonderen Bedürfnissen einfach an unsere bestehenden Rahmenbedingungen anpassen müssen. Und wir wissen schon heute, dass das Zusammenleben mit Kindern mit verschiedensten Behinderungen eine völlig neue Konzeption braucht.

Aber all das schaffen wir natürlich nicht bis August 2013, wie es die Politik gerne hätte.

 

Bitte lesen Sie auch: Einige Informationen zu Inklusion
Datum der Veröffentlichung: Mai 2013
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Kommentar:
Hoch begabte Kinder in Waldorfschulen?

von Hanna Vock
Januar 2013

 

Oft werde ich von Eltern und auch von Kolleginnen gefragt, welche Grundschulform ich für hoch begabte Kinder empfehlen könnte. Manchmal kann ich eine Schule ganz konkret empfehlen, weil ich sie kenne und einschätzen kann, wie dort gearbeitet wird.

Meistens ist das aber nicht der Fall – und dann geht es den Eltern um die Schulform. Meine Antwort geht dahin, dass ich die Schulform für zweitrangig halte. Es ist wichtiger, vor Ort heraus zu finden,

  • wie die Schulleitung zu Hochbegabung eingestellt ist,
  • welche Erfahrungen es an der Schule mit der Förderung hoch begabter Kinder gibt,
  • und vor allem, wie die aufnehmende Lehrerin sich dazu stellt, ein (vermutlich) hoch begabtes Kind in ihrer Klasse zu unterrichten.

Dies alles kann man nur in offenen Gesprächen erfahren, zu denen ich dringend vor der Einschulung rate.

Nur von einer Schulform rate ich grundsätzlich ab: von der Waldorfschule.

Mag sie für manche Kinder eine geeignete Schulform sein, wenn die Eltern sich mit den ideologischen, unwissenschaftlichen und damit auch unpädagogischen Grundlagen der Waldorfschulpädagogik arrangieren können.

Für hoch begabte Kinder ist diese Schulform schädlich, da sie zum Beispiel abstraktes Denken von Kindern unter 7 Jahren ablehnt und nicht selten, wie mir des öfteren berichtet wurde, zu verhindern sucht. Es wurde in diesen Fällen den Kindern gesagt, dass sie davon krank werden könnten, und auch die Eltern wurden in diesem Sinne verunsichert.

Grade hoch begabte Kinder haben aber das Bedürfnis und das Potenzial, schon sehr früh logisch, systematisch und abstrakt zu denken, was nicht nur zu akzeptieren, sondern auch positiv zu bestätigen und zu fördern ist.

 

Bitte lesen Sie zur Waldorfschule den informativen Artikel
aus der Süddeutschen Zeitung vom 28. 1. 2013.

Es ist sicher auch nicht verkehrt, die im Artikel erwähnte Petition online zu unterschreiben.

 

Datum der Veröffentlichung: Januar 2013
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum

Einige Informationen zu Inklusion

zusammengestellt von Hanna Vock und Alexa Kreitlow

 

In einer Programmankündigung des ARD-Fernsehens haben wir eine griffige Definition gefunden:

„Inklusion bedeutet, dass alle Menschen das gleiche Recht auf volle Teilhabe an der Gesellschaft haben und zwar unabhängig davon, ob und wie stark Einzelne dabei unterstützt werden müssen.
Bestehende Strukturen und Auffassungen sollen so verändert werden, dass die Unterschiedlichkeit der Menschen zur Normalität wird.“

Im Jahr 2009 ist in Deutschland die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft getreten. Das bedeutet, dass Deutschland sich verpflichtet hat, Menschen mit Behinderung so viel gesellschaftliche Unterstützung zu geben, dass sie bestmöglich am gesellschaftlichen Leben teilhaben und es mitgestalten können.

Die Inklusion voran zu treiben, ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel. Auch ohne den Druck durch die UNO sollte unser reiches Land dabei Vorreiter sein.

Dazu gehört es, ein inklusives Bildungssystem aufzubauen, das auch den Elementarbereich umfasst.

In der gegenwärtigen Diskussion haben wir zwei unterschiedliche Auffassungen von Befürwortern von Inklusion gefunden.

Die einen meinen etwa dieses:
Inklusion bedeutet, dass Behinderte (und andere „Randgruppen“) nicht  herein genommen werden (zum Beispiel in Institutionen), sondern selbstverständlich drin sein sollen. Der Begriff „Behinderung“ wäre zu ersetzen durch „normale individuelle Unterschiedlichkeit“. Die Idee ist, dass es prinzipiell für jedes Kind das Beste ist, in einem Regelkindergarten und in einer Regelschule betreut und gefördert zu werden.

Für den Elementarbereich ergibt sich daraus: Jedes Kind soll das Recht haben, jeden Kindergarten zu besuchen. Die Eltern können dann ihr Kind – wie alle anderen Eltern auch – im Kindergarten ihrer Wahl anmelden. Kinder mit Behinderung werden als Kinder mit besonderen Bedürfnissen gesehen – nicht als belastend, sondern als selbstverständlich zugehörig zur Gemeinschaft der Kita. Der Kindergarten hat sich auf die besonderen Bedürfnisse des Kindes einzustellen.

Andere meinen etwa dieses:
Inklusion bedeutet:
Die Gesellschaft ist so solidarisch, dass jeder Mensch die Lebensbedingungen vorfindet, die ihm ermöglichen, sich bestens in das gesellschaftliche Leben zu integrieren, an der Kultur teilzuhaben. Es bedeutet, dass Barrieren, die Teilhabe be- oder verhindern, abgebaut werden. Dabei ist „Barriere“ sehr umfassend zu verstehen; es geht nicht nur um abgesenkte Bordsteine für Rollstuhlfahrer, um Tafeln mit Blindenschrift in Museen und um Aufzüge in Schulen. Es geht auch um den Abbau von Unverständnis und Vorurteilen, es geht um Entgegenkommen in der Sprache, zum Beispiel „Nachrichten leicht“ für geistig behinderte Menschen.

Manches davon erfordert „nur“ ein Umdenken und ein neues Gleichwert- und Solidargefühl, anderes verlangt kräftige Investitionen.

Siehe auch: Handbuch Inklusion:
http://www.inklusion-als-menschenrecht.de/gegenwart/materialien/persoenliche-zukunftsplanung-inklusion-als-menschenrecht/

Einmal wird also vor allem das Recht aller Menschen betont, in Regeleinrichtungen aufgenommen zu werden, das andere Mal wird die notwendige Veränderung von Rahmenbedingungen betont.

Die Politik wird daran zu messen sein, wie viele Ressourcen sie für diese Veränderungen auszugeben bereit ist.

Der Prozess der Inklusion ist nicht neu, er ist längst im Gange

Gesetze, Baumaßnahmen, gute Ausbildung für Heilpädagogen und Therapeuten, Arbeitsmöglichkeiten für geistig Behinderte und Arbeitshilfen für Körperbehinderte – und viele Formen des selbstverständlichen Zusammenlebens in Vereinen sind Realität.

Im Bereich der Elementarpädagogik gibt es flächendeckend Integrative Kitas, die durch spezielle, qualifizierte Hilfen  (z.B. kleine Gruppen, Fachpersonal, das Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Kindern) für behinderte Kinder gute Bedingungen schaffen, auf ein möglichst selbstständiges Leben und bestmögliche Teilhabe an der Kultur hin zu arbeiten.

In NRW – vielleicht auch anderswo – gibt es die sogenannte „Einzelintegration“, die man, wie wir finden, durchaus kritisch sehen kann.

Klar ist: Der Prozess der Inklusion muss energisch und verantwortlich weiter getrieben werden.

Aber wie soll es für den Elementarbereich konkret aussehen?

Leiterinnen haben uns gegenüber geäußert, dass sie die Informationspolitik zu diesem Thema verwirrend finden und nicht wissen, woran sie sind.

Auf unterster Ebene, bei den Kitas, eine „neue Haltung“ einzufordern, löst die Probleme nicht. Es ist nicht hilfreich, sondern klingt in unseren Ohren hilflos und zynisch, wenn einer nachfragenden Kita-Leiterin geantwortet wird: „Es ist eine Frage der Haltung – mit der richtigen Einstellung können Sie die Inklusion in Ihrer Kita auch bewältigen.“

Kita-Leiterinnen, und -Teams, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, finden zwar vereinzelt Aussagen zur Bedeutung von Inklusion und ihren Anforderungen. Was sie aber bisher vergeblich suchen, sind eine umfassende, transparente und einleuchtende Prozessplanung oder auch nur die angedeutete – geschweige denn verbindliche – Auskunft, auf welche zusätzlichen materiellen und personellen Ressourcen sie sich werden stützen können. Ebenso ist unklar, wie die Finanzierung aussieht und wer sie übernimmt. Und wer sind die Ansprechpartner für die Prozessplanung und für auftauchende Probleme? An wen können sich die Kitas wenden?

Trotz dieser weitgehenden Unklarheit kündigte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann an, dass ab dem kommenden Kita-Jahr (2013/2014 !) alle behinderten Kinder das Recht erhalten, eine Regelkita zu besuchen.

Überschriften von Pressebeiträgen in Nordrhein-Westfalen:

„Inklusion in den Schulen und Kindertagesstätten beginnt 2013“
„Eltern sollen ab 2013 wählen können“
„Inklusion – Selbstverständlich auch bei Kindern unter 3 Jahren“

Wird da Kindern und Eltern etwas versprochen, das nicht zu halten ist?

(Der Termin wurde, soweit wir wissen, um ein Jahr verschoben, aber auch das kommt noch wie ein Schnellschuss daher.)

Was wird nun geschehen?

Seit über 25 Jahren existieren in Deutschland integrative Kindertagesstätten für Kinder mit und ohne Behinderung. Viele Eltern bringen ihre nicht behinderten Kinder dorthin, weil sie die Gruppengröße (15 Kinder, davon 5 behinderte und 10 nicht behinderte Kinder) zu schätzen wissen.

Die Integrativen Einrichtungen sind gut ausgestattet mit Material und vor allem mit Heilpädagogen und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen.

Am Beispiel des Jugendamtsbezirks Rheinland zeigt sich, wie es weiter gehen soll:

In absehbarer Zeit sollen solche integrativen Einrichtungen nicht mehr durch die Mittel des Landschaftsverbandes Rheinland gefördert werden. Das bedeutet, alle Kinder mit erhöhtem Förderbedarf sollen in Regelkindergärten aufgenommen werden und sollen dort die jeweilige nötige Unterstützung erfahren. Auf viele Kitas wird also eine neue Aufgabe zukommen.

Welche staatlichen Mittel und Maßnahmen sind dafür vorgesehen, um die Erfüllung dieser Aufgabe möglich zu machen?

Wie werden die bisher in den integrativen Einrichtungen tätigen Heilpädagogen und Therapeuten sinnvoll arbeiten können, wenn die Kinder, die ihre Hilfe brauchen, über die ganze Stadt oder über den Landkreis verstreut sind?

Im Bereich des Landesjugendamtes Rheinland (in NRW) gibt es seit dem 1.8.2008 im Rahmen des Kinderbildungsgesetzes NRW (KiBiz) die Einzelintegration. Danach können Kinder mit einer Behinderung in einer Regeleinrichtung aufgenommen werden.

Der Weg zur Einzelintegration ist bisher folgender:

1. Die Eltern fragen in der Kita an, stellen ihr Kind vor und berichten über die spezifischen Hilfen, die ihr Kind braucht.
2. Die Kita kann sich aufgrund von Ausbildung (Heilpädagogen) oder einschlägigen Weiterbildungen ein Bild machen, wie die Alltagsanforderungen (an das betroffene Kind, die anderen Kinder und die Mitarbeiter) aussähe, wenn das Kind aufgenommen würde.
Entsprechend erhalten die Eltern eine vorläufige Antwort: „Wir können es uns vorstellen / Wir können es uns nicht vorstellen.“
3. Nach einer positiven Antwort (Ja, wir können es uns evtl. vorstellen) stellen die Eltern einen formlosen Antrag auf Aufnahme in den Kindergarten an den Kita-Träger.
4. Der zusätzliche Förderbedarf, den das Kind hat, wird von Früherkennungszentren oder ähnlichen Einrichtungen festgestellt.
5. Die Kita entscheidet, ob sie sich in der Lage sieht, diesen zusätzlichen Förderbedarf zu erfüllen. Wenn die Entscheidung wiederum positiv ausfällt, muss die Kita ein individuelles Förderkonzept für das Kind schreiben.
6. Dieses Konzept ist Teil eines Antrages, den die Kita an das Landesjugendamt stellt. Beantragt wird die Genehmigung der Aufnahme des Kindes und zugleich die entsprechenden Unterstützungen, die der Kita in diesem Zusammenhang zustehen.
Dies sind üblicher weise: 9 Personalstunden zusätzlich sowie finanziell die 3,5-fache Kindpauschale.
7. Das Landesjugendamt prüft, ob die Voraussetzungen der Kita und das eingereichte Förderkonzept hinreichend sind und entscheidet über die Aufnahme. Sie erteilt dann für diesen einzelnen Platz eine Betriebserlaubnis.

Dieser Weg liest sich vielleicht umständlich, ist es auch sowohl für Eltern, Kita und Amt – aber so soll gewährleistet werden, dass das Kind die nötige Betreuung und Förderung erfährt und die Kita nicht überfordert wird.

Trotzdem bleiben für etliche Behinderungsarten Zweifel.

Werden die besonderen Bedürfnisse behinderter Kinder erfüllt?

Stellvertretend für viele andere Behinderungsarten sei hier auf die besonderen Bedürfnisse gehörloser und hörgeschädigter Kinder hingewiesen.

Wir möchten aus einem Papier der Deutschen Gesellschaft für Hörgeschädigte einige Passagen zitieren, in der ihre Position zum Thema Inklusion formuliert ist:

„Die Verbände der Hörgeschädigten möchten mit den Bildungseinrichtungen und der
Politik einen gemeinsamen Aktionsplan zur Sicherung der inklusiven Qualität von Bildung entwickeln. Dieser soll unter Einbeziehung qualifizierter hörgeschädigter Fachleute und der Verbände kontinuierlich begleitet und evaluiert werden.“

Offenbar stehen die Verbände der gesellschaftlichen Inklusion Hörgeschädigter positiv und konstruktiv gegenüber und bieten ihre Erfahrungen an. Gleichzeitig können wir Sorge herauslesen; denn die Bedürfnisse der hörgeschädigten Kinder müssen in einem Inklusionsprozess auch abgesichert werden. So heißt es:

„In einer inklusiven Gesellschaft herrscht kein Normalisierungsdruck. Vielfalt in der
Kommunikation wird als Bereicherung geschätzt und gefördert. Die Lernenden sollen
befähigt werden, in altersgemäßer Form den eigenen Bildungsprozess zu gestalten.
Hierzu gehört die freie Wahl der Lernorte und der Unterrichtssprache.
Die Wahlmöglichkeiten sind strukturell und institutionell abzusichern. Dabei spielt die
Qualifizierung der Lehrenden in den Bereichen Audio- und Gebärdensprachpädagogik eine wichtige Rolle.“

Stellt sich für uns die Frage:
Wie wird sichergestellt, dass diese speziell qualifizierten Betreuer, die in speziellen Einrichtungen arbeiten, nun in anderen Kitas in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, sodass das Kind die Audio- oder Gebärdensprache in angemessener Zeit erlernen und dann auch verwenden kann? Woher nimmt das Kind die Motivation, die Gebärdensprache zu erlernen, wenn in seiner alltäglichen Umwelt niemand die Gebärdensprache beherrscht? Es ist ja eine sehr komplexe Sprache, die Erzieherinnen sich ja nicht mal eben so in einer kurzen Fortbildung aneignen können.

Dazu heißt es im Papier der Deutschen Gesellschaft für Hörgeschädigte weiter:

„Inklusion erfolgt nicht von heute auf morgen, sondern versteht sich als Prozess.
Hörgeschädigte Menschen sind Teil dieses Prozesses und müssen für diesen Wandel
ausgerüstet werden. Die Vermittlung sozialer Kompetenzen im Sinne von Empowerment und Ressourcenorientierung muss grundlegendes Ziel der Pädagogik sein.
Eine inklusive Gesellschaft akzeptiert, dass hörgeschädigte Menschen auch ihre eigene Peergroup benötigen und ihre eigene Kultur pflegen. Sie reflektiert ihre alltäglichen Barrieren sowie bewusste und unbewusste Diskriminierungen und versucht diese gemeinsam abzubauen.“

Es wird also darauf hingewiesen, dass die Peergroup, also das Zusammensein des Kindes mit anderen gehörlosen Kindern einen hohen Wert hat. Vereinzelung (die ist ja auch kontraproduktiv zu Inklusion) muss vermieden werden.

Das kommt uns aus der Hochbegabtenförderung bekannt vor – mit dem Unterschied, dass Hochbegabte beim Thema Inklusion nicht genannt werden. Denn:

Hoch begabte Kinder sind in den Kitas schon drin.

Auch sie sind Kinder mit besonderen Bedürfnissen, aber es fehlt auch hier ein offizielles Programm zur Inklusion in die Kitas. Sie sind zwar drin in den Kitas, sind aber dort doch meistens von einer ihnen angemessenen Bildung ausgegrenzt. Und nicht selten sind sie auch in der Kindergruppe weitgehend isoliert.

Wir erleben, dass viele hoch begabte Kinder in den Regeleinrichtungen, wie sie heute bestehen, nicht glücklich werden. Denn: die besonderen Bedürfnisse der Kinder werden sehr oft nicht gesehen und begriffen. Kitas sehen sich oft außerstande, den Bedürfnissen dieser Kinder gerecht zu werden.

Wir wollen für sie qualifizierte Weiterbildung ihrer Erzieherinnen und Erzieher und die Schaffung von Peergroups, in denen sie andere hoch begabte Kinder treffen können. Diesen Ansatz verfolgen wir im IHVO seit über 10 Jahren, zum Beispiel mit dem Konzept „Integrative Schwerpunktkindergärten für Hochbegabung“. Aber landesweit sind wir weit entfernt von befriedigenden Verhältnissen für die hoch begabten Kinder.

Die Problemlagen sind ähnlich

Wenn es für Hochbegabte schon so schwierig zu sein scheint, stellt sich für uns die Frage:
Wie können zum Beispiel für ein gehörloses Kind eine eigene Peergroup und eine eigene Kultur entstehen, wenn ein gehörloses Kind in der Kita und später in der Schule das einzige oder vielleicht eins von zwei hörgeschädigten oder gehörlosen Kindern ist?

Und wie soll es dem Geschehen in unserer Kita folgen können und daraus Nutzen für sein Wohlbefinden und seine Entwicklung ziehen?

Ist es für das Kind genug, wenn alle (oder die meisten) freundlich zu ihm sind und es nicht ausgrenzen wollen?

Wird es nicht automatisch und drastisch ausgegrenzt, wenn es sich, abgesehen von einfachster Kommunikation, nicht sprachlich und damit auch nicht gedanklich austauschen kann?

Auf jeden Fall finden wir das Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Hörgeschädigte erhellend. Es sagt – in Bezug auf die Regelgrundschule – Folgendes aus: „Wenn die Kommunikation nicht sicher ist, kommt es zur Überforderung. Ohne Unterstützung und Begleitung wird von dem hörgeschädigten Kind eine einseitige Anpassungsleistung erfordert, die nicht seiner natürlichen sozialen und kognitiven Entwicklung entspricht, zum Beispiel können GrundschülerInnen die Kommunikationssituation in ihrer Klasse alleine noch nicht aktiv gestalten. Hörgeschädigte Kinder fühlen sich daher oftmals isoliert, die Zugehörigkeit zu der Gruppe Gleichaltriger ist häufig eingeschränkt.“

Ungleich größer noch sehen wir das Risiko für ein hörgeschädigtes oder gehörloses Kind, das unter Umständen sogar mehrfach behindert ist, in der Kita.
Denn in den ersten 6 Lebensjahren werden die Kommunikationsfähigkeiten, insbesondere die Sprache, erst aufgebaut. Hier muss der Sprachlernprozess, ob es sich nun um Lautsprache oder Gebärdensprache handelt, spezifisch und umfassend unterstützt werden.

Konsequenterweise empfiehlt die Gesellschaft den Aufbau von Kompetenzzentren und Schwerpunktschulen, in denen eine bestimmte Anzahl hörgeschädigter / gehörloser Kinder gemeinsam mit nicht hörbehinderten Kindern unterrrichtet werden. So kann Beides gewährleistet werden:
1. Der umfassende Einsatz von Lehrern und Betreuern mit Spezialausbildung (zum Beispiel in Gebärdensprache, aber auch anderen speziellen Fähigkeiten und Erfahrungen).
2. Ein Umfeld, das eine Peergroup ebenfalls hörgeschädigter Kinder und Lehrer/Betreuer bietet und zugleich den selbstverständlichen Umgang mit nicht hörbehinderten Kindern und Erwachsenen.

Welch eine Parallele zu unserer Auffassung von guter Hochbegabtenförderung!
Und zum Konzept der „Integrativen Schwerpunktkindergärten für Hochbegabtenförderung“!

Ein solcher Aufbau kann nur als sorgfältig gestalteter, wissenschaftlich begleiteter, personell und materiell hinreichend gegründeter Prozess betrachtet werden.

Nun gibt es ja noch eine lange Reihe anderer Behinderungsarten.
Unserem Eindruck nach sorgen sich die Kitas nicht so sehr um die Inklusion einfach körperbehinderter Kinder, sondern fragen sich viel mehr, wie sie den geistig behinderten und den lernbehinderten Kindern gerecht werden können – und wie und mit welchen Folgen für das Wohlfühl-, Entwicklungs- und Lernklima schwer verhaltensauffällige Kinder inkludiert werden können.

Im Prozess zur Inklusion: Die integrativen Einrichtungen stärken

Ist es sinnvoll, die Integrativen Kitas zu opfern? Ist es nicht ein besserer Weg zur besseren Inklusion, auf den Erfahrungen und Kompetenzen der dort Beschäftigten aufzubauen, die Einrichtungen weiter zu qualifizieren und dort Ressourcen einzusetzen, so dass 1. eine weitere Öffnung zur übrigen Gesellschaft verwirklicht werden kann und 2. die behinderten Kinder noch besser gestärkt und angeleitet werden, sich in die gesellschaftliche Kultur einzumischen?

Ziel muss weiterhin sein, im Einzelfall für jedes Kind sehr kritisch und sorgfältig zu prüfen, ob es besser in einer integrativen oder in einer (reformierten) Regelkita darin unterstützt werden kann, volle Teilhabe an der Gesellschaft zu erreichen.

Und wenn dann ein schlüssiges inhaltliches, strukturelles und finanzielles Konzept erarbeitet ist, werden sich viele Kitas auch mit gutem Gefühl der Herausforderung der Inklusion stellen.

Nachtrag (Dez. 2013):

Es sieht nicht gut aus:

Pressemitteilung der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen

Siehe auch den Kommentar von Alexa Kreitlow, Kita-Leiterin.

 

Datum der Veröffentlichung: Mai 2013
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