Hochbegabung, dargestellt in Literatur und Film

locker zusammengetragen von Hanna Vock

 

Dichter, Romanschreiber, Drehbuchautoren, Filmemacher sind häufig hoch begabt. Ihre Sicht der Dinge ist die Sicht Hochbegabter auf die Welt. Die Gedanken und Gefühle ihrer Helden sind oft gekonnte Beschreibungen des Innenlebens, der Reaktionen Hochbegabter auf ihre Umwelt, manchmal auch auf die „Dummheit der Welt“.

Die Werke dieser Hochbegabten zeigen aber auch, wie die nicht hoch begabte Umwelt auf ihre Haupthelden reagiert, welche Probleme, Kränkungen, Verwerfungen sich daraus ergeben.

Deshalb können uns viele Literatur-, Musik- und Filmwerke helfen, hoch begabte Kinder und Jugendliche besser zu verstehen.

Aus der Fülle der entsprechenden Werke hier eine kleine und zufällige Auswahl,
die immer mal wieder erweitert wird.

Spielfilm: Mein Sohn, der Klugscheißer.

Deutschland 2016.
In der ARD Mediathek noch zu sehen bis zum 7.1.17.

Text der ARD:
„Busfahrerin Debbie Höffner und ihr Sohn Jerôme könnten nicht unterschiedlicher sein: Sie mag Katzenvideos und tiefe Dekolletés, er liebt seine Wollmütze und ist unschlagbar im Kopfrechnen. Keine Frage, Jerôme ist anders, und weil das so ist, können ihn seine Mitschüler nicht leiden.

Anders als die energische Debbie hat sich Jerôme aber schon fast daran gewöhnt, keine Freunde zu haben und gemobbt zu werden. Es regt ihn zumindest nicht mehr auf, wenn sein Skateboard mal wieder demoliert auf dem Dach der Turnhalle landet. Jerômes Langmut ist hingegen Debbies neuem Lover Marco völlig fremd: Der Junge muss sich doch Respekt verschaffen!

Jerôme beherzigt Marcos gut gemeinten Ratschlag, er wehrt sich – und bricht dabei einem Mitschüler versehentlich die Nase. Jerôme muss zur Kinderpsychologin, die feststellt, dass er hochbegabt ist und am besten auf ein Internat ginge, das ihn entsprechend fördern kann. Für Debbie, selbst im Heim aufgewachsen und davon traumatisiert, kommt das überhaupt nicht infrage.

Sie beginnt ihr eigenes Förderprogramm inklusive Musical-Besuch. Aber während sich Debbie noch fester an ihn klammert, beginnt Jerôme, darüber nachzudenken, ob er unter anderen Hochbegabten besser aufgehoben wäre.“

Der Film ist sehr sehenswert, nicht zuletzt wegen der tollen schauspielerischen Leistung der beiden Hauptdarsteller.

Ein paar Anmerkungen seien aber erlaubt:
– Die Not der Mutter, ihr Kind in so jungem Alter ins Internat gehen zu lassen, wäre überflüssig, wenn es wohnortnah geeignete Schulen für hoch begabte Kinder gäbe.
– Haben Kita und Grundschule nichts von Jerômes Hochbegabung gemerkt? Wie sind sie mit ihm umgegangen, haben sie die Mutter begleitet?
– Der Film endet als schönes Märchen: Jerôme wird von einer Minute zur anderen in seine Wunschschule aufgenommen.
– Obwohl es sich ganz offensichtlich um eine elitäre Privatschule handelt („Wir haben hier sehr kleine Lerngruppen“), spielt Geld keine Rolle. Deutschland ist ja ganz groß darin, den Kindern alleinerziehender Busfahrerinnen die besten Bildungschancen zu gewähren…
Diese Darstellung dürfte für alle Betroffenen, die für ihr hoch begabtes Kind nach adäquater schulischer Förderung suchen, ein Ärgernis sein.
Vielleicht fällt das noch unter künstlerische Freiheit; aber ich finde, es sollte dann auch stärker als Märchen gekennzeichnet sein.

Trotzdem ist es erfreulich, dass die Befindlichkeit des hoch begabten Jungen gut dargestellt und einem hoffentlich breiten Publikum nahe gebracht wurde.

Erfrischenderweise wird auch deutlich, dass auch sogenannte bildungsferne Eltern sehr begabte Kinder haben und ein feines Gespür für die Bildungs-Bedürfnisse ihrer Kinder entwickeln können.
Positiv finde ich auch, dass das weit verbreitete Klischee der überambitionierten „Eislaufmutter“ gebrochen wird.

Siehe auch: Hochbegabung ist kein Luxusproblem

Veröffentlicht: Oktober 2016

Spielfilm: Der kleine Zappelphilipp. Meine Welt ist bunt und dreht sich.

Niederlande 2013. FSK: 6 Jahre.
Der kluge, vielseitig interessierte und kreative Bram ist 7 Jahre alt und wird eingeschult. Er hat verständige Eltern, insbesondere eine einfühlsame Mutter, und so war die Welt für ihn bisher in Ordnung. Aber in der Schule kommt er nicht klar und wird sehr unglücklich. Sein Lehrer versucht vergeblich, ihm in der Klasse Fleiß und Disziplin beizubringen. Für die bunte Welt in Brams Kopf, seine vielen Fragen, seine kreativen Fantasien, für sein breites Wissen und seinen sehr großen Bewegungsdrang interessiert sich der Lehrer nicht.
Erst als eine Mitschülerin ihm beisteht und ein anderer Lehrer die Klasse übernimmt, wird es für Bram besser.

Ein so einfühlsamer Film, der uns Erwachsenen das Erleben eines begabten Kindes so nahe bringt, ist ein Glück. Der kleine Hauptdarsteller ist spitze. Den Film sollte jeder Lehrer, jede Lehrerin, jeder Erzieher und jede Erzieherin kennen.

Datum der Veröffentlichung: Januar 2015

Spielfilm: Antonias Welt

Niederlande 1996.
Academy Award Gewinner 1996 als bester ausländischer Film.

Antonia ist eine starke Frau. Im Film wird beschrieben, wie sie zusammen mit ihrer kunstbegabten Tochter Danielle nach langer Zeit in ihr Dorf zurückkehrt und den Hof ihrer Eltern übernimmt.

Ihre Enkelin führt als Kind ernsthafte philosophische Gespräche mit einem alten depressiven Mann, der einsam im Dorf lebt. Sie ist mathematisch hoch begabt und hat wiederum eine hoch begabte Tochter.

Das unkonventionell erscheinende Leben dieser Frauen und Mädchen wird in kraftvollen Bildern feinsinnig geschildert.

Datum der Veröffentlichung: Mai 2012

Spielfilm: Vitus

Schweiz 2006.
Regie: Fredi M. Murer. Hauptdarsteller: Fabrizio Borsani, Teo Gheorghiu.

Vitus ist die Hauptperson des Films. Zu Beginn ist er sechs, am Ende des Films ist er zwölf Jahre alt. Er ist ein Junge mit einer hohen musikalischen und mathematischen Begabung, früh schon spielt er virtuos Klavier und schon im Kindergarten liest er den Brockhaus.

Oberflächlich betrachtet, erhält er eine ausgezeichnete musikalische Förderung. Seine Eltern erkennen seine Begabung früh, sorgen dafür, dass er die besten Klavierlehrer bekommt, und schaffen ihm früh die Möglichkeit, vor großem Publikum aufzutreten.

Über ihrer Bewunderung seiner Begabung, ihrer Geschäftigkeit und ihren Karriereträumen reduzieren seine Eltern ihn auf seine musikalische Begabung und versäumen es, sich ebenso intensiv für die Gefühle und Gedanken ihres kleinen Sohnes zu interessieren. Ohne ihm andere Wege offen zu halten, ist für die Eltern beschlossen, dass Vitus Pianist werden soll. In ihm geht aber (natürlich) viel mehr vor, so träumt er zum Beispiel, angeregt von seinem Großvater, den Traum vom Fliegen, was leicht als Sehnsucht nach mehr Freiheit, Leichtigkeit und Selbstbestimmung verstanden werden kann.

Beim Großvater (dargestellt von Bruno Ganz) findet er das Verständnis für seine Nöte. Er erlebt dort die ruhige und warme Zuneigung, die ihm schließlich die emotionale Basis gibt, seinen eigenen Weg zu suchen und zu finden.

Seinen großen und erstaunlich „erwachsenen“ Drang zu einem selbstbestimmten Leben erfüllt sich Vitus auf abenteuerliche Weise – und zeigt sich auch hierbei sehr begabt und erfolgreich.

Ein tolles Plädoyer für eine intensive, liebevolle kognitive und emotionale Begleitung in der Begabungsförderung – und die Botschaft, dass hoch begabte Kinder oft sehr viel reifer ihre Dinge regeln können, als gemeinhin vermutet wird.

Datum der Veröffentlichung: Mai 2012

Lied: Der Büffel (Hannes Wader)

Text, Musik und Interpret: Hannes Wader.
Aus dem Album: Nie mehr zurück (1991).
Mercury CD

Das Lied ist autobiografisch zu verstehen. Wader sieht sich als Kind, das künstlerische Kraft und Sehnsucht besitzt, aber weder von den Eltern noch vom Lehrer verstanden oder gar unterstützt wird. Er hat aus Ton die Figur eines Büffels geformt, hat sehr ernsthaft daran gearbeitet, ist aufgeregt vom Schaffensprozess und stolz auf sein Werk. Als er es seinem Lehrer zeigen will, kommt er zu spät zur Schule, ist unterwegs gestürzt – dabei ist die Figur entzwei gegangen und hat sich verformt. Das Kind ist krank vor Angst und wird wieder verhöhnt…

Wader war in der Schule Außenseiter und verarbeitet seine Kindheitserfahrungen in sehr eindringlichen Texten und Melodien. Der Refrain besteht auf der Sehnsucht nach Schönheit und der Gier nach Leben, die ihm trotz alledem geblieben sind. Es heißt darin:

„So ist mir als Kraft gegeben, was oft nur als Schwäche gilt“.

Datum der Veröffentlichung: Mai 2012

Spielfilm: Mein Mann Picasso

USA 1996.
Regie: James Ivory. Hauptdarsteller: Natascha McElhone, Anthony Hopkins.

Die junge Malerin Françoise Gilot verliebt sich in den 40 Jahre älteren, bereits weltberühmten Picasso. Sie leben zehn Jahre lang zusammen, haben zwei gemeinsame Kinder: Claude und Paloma.

Hauptthema des Films ist Picassos Herrschsucht gegenüber den Menschen in seiner Umgebung, sein ungeheurer Egozentrismus, mit dem er die Liebe und Bewunderung dieser Menschen rücksichtslos ausnutzt.

Françoise Gilot ist die einzige von Picassos Frauen, die stark genug ist, ihn zu verlassen, als sie das Leben an seiner Seite nicht mehr ertragen will.

Anthony Hopkins spielt den in seinen Stimmungen unberechenbaren Picasso genial. Picasso schont weder sich selbst noch seine Umwelt, wenn er in einer Schaffensphase ist. Dann ist er unzugänglich, weil er malt oder Skulpturen formt. Ist die Phase vorbei, verfällt er in depressive Zustände – und ist ebenfalls unzugänglich.

Er ist sich seines Erfolgs und seiner Berühmtheit sehr wohl bewusst, zweifelt aber immer wieder zutiefst daran, weiterhin Großes schaffen zu können. Er genießt das Leben und seine Begabung und leidet gleichzeitig daran.

Der Film trägt nicht so sehr zum Verständnis von Picassos Persönlichkeit, seiner Höchstbegabung und seiner ungeheuren Kreativität bei, sondern führt eher die schwierige Situation der Menschen in seiner Umgebung vor Augen.

Datum der Veröffentlichung: April 2012

Spielfilm: Billy Elliot – I Will Dance

Großbritannien 2000.
Regie: Stephen Daldry. Hauptdarsteller: Jamie Bell

Beschreibung / Kommentar:

Ein Junge entdeckt seine Begabung, die er nur leben kann, weil seine Lehrerin ihn entdeckt, die Entwicklung seiner Fähigkeiten gezielt fördert und ihn emotional unterstützt.

Im nordenglischen Durham müssen sich eine Box- und eine Ballettgruppe die örtliche Turnhalle teilen. Dadurch entdeckt der elfjährige Billy eine neue Welt: den Tanz.

Die Ballettlehrerin erkennt die große Begabung von Billy und unterstützt ihn. Billy kämpft sich mit leidenschaftlicher Wut und großer Beharrlichkeit gegen alle Vorurteile hindurch. Schließlich überzeugt er auch seinen Vater, der als Bergmann gerade seinen beruflichen Niedergang erlebt, und schwer ertragen kann, dass sein Sohn lieber tanzt als boxt.

Datum der Veröffentlichung: März 2012

Roman: Das Blut des Adlers (Liselotte Welskopf-Henrich)

(1. Auflage 1967). Das Blut des Adlers, 5 Bände.
Halle und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag. Spätere Ausgaben erschienen bei Beltz & Gelberg, Weinheim.
Gebraucht zu kaufen z.B. bei amazon.

Band 1: Nacht über der Prärie.
Band 2: Licht über weißen Felsen
Band 3: Stein mit Hörnern
Band 4: Der siebenstufige Berg
Band 5: Das helle Gesicht

Beschreibung / Kommentar:

Spannender Abenteuerroman vom Lebenskampf der Dakota-Indianer in einer US-amerikanischen Reservation in den 1960er Jahren. Geschrieben für Erwachsene und Jugendliche. Sehr detailreich und einfühlsam werden die Erfahrungen und Gedanken der hoch begabten Haupthelden geschildert. Dies sind: ein junger kämpferischer Mann, der sich zum Häuptling seines Volkes entwickelt, eine junge Malerin und ein 12-jähriger, hochsensibler Junge.

Von derselben Autorin stammt der Romanzyklus „Die Söhne der großen Bärin“, der in demselben Gebiet um die Black Hills etwa 100 Jahre früher spielt, als die Dakota ihre letzten bewaffneten Freiheitskämpfe führten. Auch hier ist der Hauptheld ein Hochbegabter – und besonders der 1. Band „Harka“ schildert die Entwicklung eines hoch begabten Kindes..

Datum der Veröffentlichung: März 2012

TV-Spielfilm: Schiller

Deutschland 2005
Regie: Martin Weinhart. Hauptdarsteller: Matthias Schweighöfer

Der Film zeigt Begabtenförderung unter den Bedingungen des Feudalismus. Der Fürst sucht sich in seinem Fürstentum die intelligentesten Jungen zusammen und steckt sie per Befehl in eine Elite-Militärakademie in Stuttgart, die offenbar gleichzeitig eine Eliteschule für eine breite Bildung war. Der junge Schiller, dem der militärische Drill und die geforderte Ordnung zuwider sind, wird dort zum Militärarzt ausgebildet.

Sein geniales Frühwerk „Die Räuber“ schreibt er noch als Zögling dieser Anstalt. Die Flucht (Desertation) im Jahr 1782 im Alter von 22 Jahren geht nur einigermaßen glimpflich für ihn aus („nur“ zwei Wochen Kerker), weil „Die Räuber“ bereits mit großem Erfolg im Theater aufgeführt werden.

Das intensive Spiel des Schauspielers Matthias Schweighöfer führt uns das unablässige, gewaltsame Ausbrechen von Schillers Schaffensdrang im Alter von 20 bis 22 Jahren vor Augen. Schiller hat einen Freund und eine Freundin, die zeitweise in seiner Nähe sind, und in kleinem Umfang hat er auch Förderer, die ihn am Leben halten und sein Genie erahnen.

Aber die Leute, die letztlich über die Macht und die Mittel verfügen, ihm ein Leben als freier Dichter zu gönnen und damit seinem Schaffensdrang einen Lebensunterhalt zu geben, versagen (es ihm).

Die Beschränktheit der Mäzene, der Neid und die Missgunst der nicht so Genialen und eine schwere Malaria-Erkrankung, auf die er aus finanzieller Not und innerem Schaffensdrang keine Rücksicht nehmen kann,  lassen ihn in diesen frühen Jahren leiden, vernichten ihn fast. Ähnlich wie der junge Mozart, zerbricht er unter dem Zeitdruck, unter dem er produzieren soll.

Deutlich wird im Film auch, dass die kreativen Schaffensperioden „wild“ sind – das ordentliche Leben, die menschlichen Beziehungen zu den Nächsten und andere elementare Grundbedürfnisse sind ausgeblendet durch die ungeheure Konzentration auf das zu erschaffende Werk.

Im späteren Leben, das im Film nicht behandelt wird, muss Schiller noch viele finanziell arme und unsichere Jahre überstehen. Im Alter von 30 Jahren wird er zum Professor ernannt, ohne dafür ein Gehalt zu bekommen. Trotzdem wird seine finanzielle Lage allmählich besser, er heiratet und wird Vater. Aber zu dieser Zeit ist seine Gesundheit bereits ruiniert; vermutlich ist es Tuberkulose, die ihn quält. Als er mit 45 Jahren stirbt, ergibt die Autopsie, dass ein Lungenflügel völlig zerstört ist und dass auch andere innere Organe schwer erkrankt waren.

Man kann vermuten, dass nicht nur die bittere Armut der frühen Jahre, sondern auch die Zerrissenheit zwischen Anstrengungen zum Broterwerb und dem Drang zum kreativen Schaffen seine Gesundheit untergraben haben.

Erst spät, für die letzten zehn Jahre seines Lebens, findet er in Goethe einen kongenialen Freund, mit dem er sich literarisch, philosophisch und naturwissenschaftlich auf gleicher Ebene austauschen kann.

 

Datum der Veröffentlichung: März 2012
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum

Ben, 3;10 Jahre

von Alexa Kreitlow

 

Ben besuchte unseren Kindergarten seit 6 Wochen, als ich mit ihm den Interessen-Fragebogen für den Kindergarten durchführte. Ich hatte in die Gruppe hinein gefragt, wer Lust hätte, mir Fragen zu beantworten, und Ben hatte sich sofort gemeldet.

Einige seiner Antworten gebe ich hier wieder:

 

Frage 1) Hast du ein Lieblingsspielzeug? Womit spielst du am liebsten?

„Ja, mit dem Wärmepack. Da drückt man drauf und es wird warm, nicht kalt wie ein Kühlpack.“

Frage 4) Worüber hast du gestern oder heute nachgedacht?

„Habe über den Kindersitz vom Kindergarten nachgedacht. Wir haben den Sitz im Auto und da steht Kita drauf. Ich habe gedacht, wie es wäre, wenn der ganze Kindergarten im Auto ist.“

Frage 5) Hast du eine ganz besondere gute Freundin oder einen ganz besonderen guten Freund?

„Der …, der hat früher in H. gewohnt. Jetzt aber nicht mehr. Man muss mit der Straßenbahn fahren und an der Haltestelle Maria aussteigen. Ich besuche den manchmal.“

Frage 6) Gibt es etwas, wovor du Angst hast?

„Ja, vor einem großen dicken Bär. Sonst habe ich keine Angst.“

Frage 7) Was sammelst du besonders gerne? Besitzt du eine Sammlung oder eine „Schatzkiste“?

„Ich sammle Muscheln, Nüsse und die besten Kekse von Deutschland. Ich habe eine Schatzkiste und eine Spardose.“

Frage 8 ) Was kannst du besonders gut?

„Zu Hause mein Kinderzimmer saugen und den Flur. Und Sandburgen bauen kann ich gut. Mehr nicht.“

Frage 9) Was möchtest du lernen?

„Mit einem echten Kipplaster fahren und mit der Motorsäge richtig umgehen.“

Frage 10) Was tust du denn am allerliebsten im Kindergarten – und warum?

„Draußen auf dem Schiff spielen – (bei warum guckt er mich an, nach dem Motto blöde Frage) na, weil das eben Spaß macht.“

Frage 11) Was ist im Kindergarten noch schwierig für dich?

„Nix ist schwierig!“

Frage 12) Was gefällt dir im Kindergarten gar nicht?

„Nix ist blöd!“

Frage 14) Gibt es etwas, das dich häufig im Kindergarten stört?  Worüber ärgerst du dich immer wieder?

„Nix stört mich und ich ärgere mich auch nicht.“

Frage 15) Nenne mir ein Spielzeug, das du zuhause hast und das dir ganz besonders wichtig ist – ein Spielzeug, das nie in den Müll geworfen werden darf.

„Meine Werkzeuge, mein Beil und die echte Säge aus Eisen und mein Lineal und mein Rechner.“

Frage 16) Kannst du sagen, warum es dir wichtig ist?

„Wenn die Werkzeuge oder der Rechner von Mama und Papa mal kaputt gehen, kann ich ihnen meine Sachen ausleihen.“

Frage 19) Was siehst du dir gerne im Fernsehen oder auf DVD an?

„Ich sehe nicht soviel Fernsehen, manchmal Sandmännchen. Ich gucke immer die CDs von Bob der Baumeister.“

Frage 20) Was findest du daran besonders gut?

„Die Bilder finde ich gut, habe ich doch eben schon gesagt.“

Frage 21) Was möchtest du hier im Kindergarten als nächstes gerne lernen?

„Mit den Werkzeugen umzugehen, damit ich alleine in die Werkstatt gehen kann. Diesen Brief machen.“

Frage 22) Was hast du schon einmal gemacht, worauf du richtig stolz bist?

„Gestern bin ich mit dem Fahrrad den ganzen Berg hochgefahren, ohne zu schieben. Das war toll.“

Frage 23) Welchen Beruf findest du toll?

„Keinen, oder vielleicht Baggerfahrer.“

Frage 24) Welchen Beruf findest du nicht schön?

„Weiß nicht.“ (Seine Konzentration lässt nach)

Frage 25) Mit wem kannst du am besten reden?

„Mit keinem!“ (Nach Nachfragen) „Mit Mama und Papi.“

Frage 26) Stell dir vor, du triffst einen Menschen, der alles über die Welt und das Leben weiß, sogar noch viel mehr als deine Eltern. Was würdest du diesen Menschen fragen wollen?

Nach langem Überlegen: „Wie Fahrräder gebaut werden.“

Frage 27) Ben macht selber die Kreuze, jetzt hat er wieder richtig Lust, weiter zu machen.

 

 

 

 
          
Ben ist ganz begeistert darüber, wie viele Sachen er gut findet. Zählt sofort nach, findet nur 3 Sachen blöd und 5 Sachen sind ihm egal.

Es hat ihm Spaß gemacht, die Fragen zu beantworten.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Datum der Veröffentlichung: März 2012
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum.

Unser Dorf im Wald

von Dorit Nörmann

 

Unsere Konzeption sieht vor, dass von unseren zwei Kindergartengruppen immer eine buten (draußen) und eine binnen (drinnen) ist. Das bedeutet zum einen, dass die eine Gruppe für einen Monat im Haus doppelt so viel Platz hat; zum andern bedeutet es, dass die andere Gruppe derweil bis mittags draußen im Wald ist. In jedem Monat gibt es zwei Begegnungstage, dann treffen sich beide Gruppen drinnen im Haus, danach kommt der Wechsel. Für uns hat sich dieses Konzept gut bewährt, es verbindet die Vorteile eines „normalen“ Kindergartens mit den Vorteilen eines Waldkindergartens.

… kurz gefasst …

Der vierjährige Sven mag Pläne. Als in seiner Gruppe sein Wohnort als Plan nachgebaut wird, zeigt er, was in ihm steckt, und bringt sich immer stärker ins Gruppengeschehen ein. Alle Kinder der Gruppe lernen viel über Grundrisse und Pläne – und das zum Teil im Wald.

Seit 2011 sind wir auch „Integrativer Schwerpunktkindergarten für Hochbegabtenförderung“ und „Konsultationskindertagesstätte in Niedersachsen“. Unsere Kinder erleben viel Natur,  allseitige Unterstützung und viel kognitive Förderung.

Das Projekt, das ich jetzt beschreibe, war unser bisher längstes Projekt. Zuerst beschäftigten wir uns fast ein halbes Jahr lang mit der weiten Welt. Denn es war Fußballweltmeisterschaft in Südafrika. Meine Gruppe fing also mit Südafrika an, dann ging es über Japan, Indien – wir entdeckten immer neue Länder, mit denen wir uns beschäftigen wollten – und über Dänemark (von hier hatte ein Kind eine Flagge aus dem Ferienhaus mitgebracht) nach Deutschland.

Aus unserer Kindergarten-Zeitung:

Wir haben uns mit den Sprachen, dem Essen, den Gewohnheiten der Länder befasst. Globus und Landkarten wurden zu Hilfe genommen, um die Länder zu verorten und zu sehen, wie weit sie von uns entfernt sind.

 

 

 

 

Für die Schriftzeichen haben wir das Bilderbuch „Marcel und die Schriftzeichen“ genutzt, das ich sehr empfehlen kann. (Siehe: Bilderbücher, Sachbücher und Geschichten.)

Es hatte sich so ergeben, dass zu der Zeit fast die Hälfte unserer drei- bis sechsjährigen Kinder im letzten Jahr vor der Einschulung war. Sie hatten viele eigene Ideen: Sie wollten Schriftzeichen malen, Essstäbchen schnitzen. An der Wand hingen Porträts von internationalen Künstlern.

Morgens bringe ich immer meine Zeitung mit, die dann ausgewertet wird, alles wird ausgeschnitten, auch das war sehr ergiebig, denn in der Zeitung waren jeweils die Flaggen der Nationen abgedruckt, die am Vortage ein Spiel hatten.

Dies war das Hauptinteresse von Sven (4;6). Er sorgte über die gesamte Zeitspanne der Weltmeisterschaft dafür, dass immer alle Flaggen da waren, dass damit alles seine Richtigkeit hatte.

Seit Sven 3 war, ist er bei uns. Über ein Jahr lang hat er kaum gesprochen – und wenn, dann nur mit den Erzieherinnen, auch nur wenn er wollte, oft hat er auf Fragen nicht reagiert, hat beim Stuhlkreis stumm dabei gesessen und nicht mitgemacht. Wenn es ihm doch mal passiert ist, dass er was gesagt hat, hat er es sofort gemerkt und ist sofort wieder verstummt. Er fühlte sich offensichtlich nicht unwohl, aber er war wenig aktiv.

In diesem Projekt ist er „aufgetaut“, hat die Flaggenfrage von sich aus zu seiner „Chefsache“ erklärt. Zuerst fanden die ältesten Kinder das seltsam und wunderten sich, dass er etwas beitrug. Als die ältesten Kinder dann in der Schule waren, kam ein neuer Junge in die Gruppe, der ein halbes Jahr jünger ist und mit dem Sven auf einer Wellenlänge ist. Und so „taute er weiter auf“.

Irgendwann sagte eins von den Kindern: „In Wietzen haben wir auch eine Flagge“, die natürlich schnellstmöglich beschafft wurde. Wietzen heißt unsere Gemeinde.

Auf dem Ortsplan war die Kirche nur als kleines Kreuz eingezeichnet.

„Komisch, dass man die Kirche (aus dem Wappen) auf dem Plan nicht sehen kann“, sagte ein Kind.

Die Kinder wollten einen Plan, auf dem man die Kirche richtig sehen kann. Wir brauchten also einen viel größeren Plan und darauf kleine richtige Häuser. Das kleinste, was zur Verfügung stand, waren unsere Holzbausteine.


Also klebten wir auf dem Boden des Gruppenraums (wir waren gerade binnen) aus Papierblättern einen riesigen Papierbogen zusammen. Darauf setzen wir eine aus Holzbausteinen gebaute Kirche.

„Wer wohnt in der Nähe der Kirche?“ Zwei Kinder konnten ihr Haus kirchnah auf den Plan setzen. Dann wurden die Bäckerei und die Schule aufgebaut und an die richtige Stelle gesetzt.

Nun fingen wir an, die Straßen einzuzeichnen. „In welche Richtung fährst du denn, wenn du nach Hause fährst.“ So mussten auch die Nachbardörfer angebaut werden. Schließlich war das Zuhause jedes Kindes auf dem Plan – und der Plan nahm den ganzen Gruppenraum ein!

Fragen, die sich anschlossen und mit Hilfe des Plans beantwortet werden konnten: „Wer hat es denn am weitesten von wem zu wem?“ – „Wo muss ich lang fahren, wenn ich zu … will?“

Solche Fragen beschäftigten uns einen ganzen Stuhlkreis lang. Die Kinder übten auch den „Draufblick“ von oben auf die Kirche und erkannten, dass man von oben nicht erkennen kann, wie die Kirche aussieht, wenn man sie von der Straße aus betrachtet.

Anschließend malten wir die Umrisse der Häuser auf den Plan (um jedes Haus herum), dann konnten die Häuser abgeräumt werden.

Als wir dann buten waren, fanden wir einen Ytong-Stein, der fast aussah wie eine Kirche. (Ytong-Steine zur Bearbeitung haben wir im Wald immer vorrätig.) Zuerst begannen einzelne Kinder, ihr Haus zu raspeln – die Größen der Häuser waren natürlich nicht aufeinander abgestimmt: Wir haben noch eine Garage – nächster Stein.

Die nächste Frage, die sich stellte: Wie stellen wir auf dem Waldboden die Straßen dar? Zunächst versuchten wir, die Straßenverläufe mit Stöcken in den Boden einzuritzen, aber das Ergebnis befriedigte uns nicht. Schließlich kamen wir darauf, Sägespäne zu benutzen. Wir fanden sie im Wald, wo nach einem Sturm mehrere Bäume gefällt worden waren.

Der Plan wurde ständig erweitert. Wenn ein neues Kind kam, wurde es auch aufgefordert und es wurde ihm geholfen, sein Haus herzustellen und ins Dorf einzufügen.

Sven hat sich sehr intensiv mit dem Plan befasst; er war es, der daran gedacht hat, dass auch neue Kinder ihr Haus dazu taten. Ihm fiel auch auf, dass wir keine Ortsschilder hatten.

Ein Mädchen, das schon schreiben konnte, hat die Ortsnamen auf gelbes Papier geschrieben und darauf geachtet, dass die Schilder auch richtig mit Stöcken aufgestellt wurden.

Sven bewegte sich auch gern in dem Plan und ging Strecken ab, um festzustellen, wie er gehen muss, um bestimmte Kinder zu besuchen. Er gab den anderen Kindern auch Anweisungen, wo ihr Haus hingehört.


Bei den kleinen Kindern half Sven – selber erst 4 Jahre alt – und organisierte den richtigen Platz. Er ist immer noch ein sehr ruhiges Kind – aber wenn er etwas sagt, hat das Sinn und Verstand.

Irgendwann im Herbst, als alles fertig war und das Buchenlaub auf den Boden fiel, kam irgendein Kind auf die Idee, den Platz sauber zu harken. Dabei gerieten alle Häuser auf einen Haufen. Aber sehr bald fingen Sven und einige andere Kinder an, das Dorf wieder aufzubauen. Jetzt steht es seit zwei Jahren, wird immer wieder ausgebessert und, wenn neue Kinder kommen, erweitert.

Datum der Veröffentlichung: März 2012
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum.