Kommentar: Hoch begabte Kinder in Waldorfschulen?

von Hanna Vock
Januar 2013

 

Oft werde ich von Eltern und auch von Kolleginnen gefragt, welche Grundschulform ich für hoch begabte Kinder empfehlen könnte. Manchmal kann ich eine Schule ganz konkret empfehlen, weil ich sie kenne und einschätzen kann, wie dort gearbeitet wird.

Meistens ist das aber nicht der Fall – und dann geht es den Eltern um die Schulform. Meine Antwort geht dahin, dass ich die Schulform für zweitrangig halte. Es ist wichtiger, vor Ort heraus zu finden,

  • wie die Schulleitung zu Hochbegabung eingestellt ist,
  • welche Erfahrungen es an der Schule mit der Förderung hoch begabter Kinder gibt,
  • und vor allem, wie die aufnehmende Lehrerin sich dazu stellt, ein (vermutlich) hoch begabtes Kind in ihrer Klasse zu unterrichten.

Dies alles kann man nur in offenen Gesprächen erfahren, zu denen ich dringend vor der Einschulung rate.

Nur von einer Schulform rate ich grundsätzlich ab: von der Waldorfschule.

Mag sie für manche Kinder eine geeignete Schulform sein, wenn die Eltern sich mit den ideologischen, unwissenschaftlichen und damit auch unpädagogischen Grundlagen der Waldorfschulpädagogik arrangieren können.

Für hoch begabte Kinder ist diese Schulform schädlich, da sie zum Beispiel abstraktes Denken von Kindern unter 7 Jahren ablehnt und nicht selten, wie mir des öfteren berichtet wurde, zu verhindern sucht. Es wurde in diesen Fällen den Kindern gesagt, dass sie davon krank werden könnten, und auch die Eltern wurden in diesem Sinne verunsichert.

Grade hoch begabte Kinder haben aber das Bedürfnis und das Potenzial, schon sehr früh logisch, systematisch und abstrakt zu denken, was nicht nur zu akzeptieren, sondern auch positiv zu bestätigen und zu fördern ist.

 

Bitte lesen Sie zur Waldorfschule den informativen Artikel
aus der Süddeutschen Zeitung vom 28. 1. 2013.

 

Datum der Veröffentlichung: Januar 2013
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum

Experten-Interview für eine Facharbeit

Fragen: Alina Röpsch
Antworten: Hanna Vock

 

1. Erzählen Sie mir etwas von Ihrem beruflichen Werdegang. Was haben Sie gelernt?

Nach dem Abitur habe ich Erziehungswissenschaft und Soziologie an der Uni Göttingen studiert, mit dem Master-Abschluss in beiden Fächern. Es folgte Fortbildungsarbeit für Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen bei verschiedenen Trägern. Später wollte ich praktische Erfahrungen in der Kindergartenarbeit sammeln und habe das auch über 10 Jahre lang getan. Berufsbegleitend habe ich die Ausbildung zur Staatlich anerkannten Erzieherin absolviert. Ab 2001 bin ich wieder freiberuflich in die Fortbildung eingestiegen, ab dann mit dem ausschließlichen Schwerpunkt „Hoch begabte Kinder im Kindergarten“.
Seit Jahrzehnten befasse ich mich mit diesem Thema und habe sehr viele (getestet oder vermutet) hoch begabte Kinder, ihre Eltern und Erzieherinnen getroffen, mit ihnen gearbeitet und von ihnen gelernt.
2003 habe ich das IHVO (Institut zur Förderung hoch begabter Vorschulkinder) gegründet. Seit 2015, mit Erreichen des Rentenalters, arbeite ich nicht mehr fortbildend, sondern nur noch beratend und an der Weiterentwicklung des Online-Handbuchs.

2. Was verstehen Sie unter dem Begriff „Hochbegabung“?

Unter kognitiver Hochbegabung verstehe ich die Fähigkeit eines Menschen, sehr leicht schnell zu lernen (bei interessierenden Inhalten), und früh über vieles effizient nachzudenken. Diese Fähigkeiten zeigen sich bei Kindern früh und sind auch im Kita-Alter schon gut zu beobachten. Hochbegabung kann breit angelegt sein, oder sie äußert sich hauptsächlich in einem Entwicklungsbereich und/oder ist mit besonderen Talenten verbunden.
(Siehe auch: Begriffsbestimmung Hochbegabung.)

3. Sie haben schon mit hoch begabten Kindern gearbeitet. Wie äußerte sich diese Begabung bei den Kindern?

Im Online-Handbuch habe ich mit großer Unterstützung von inzwischen 70 Kita-Erzieherinnen viele Beispiele vorgestellt, die zeigen, wie unterschiedlich die Begabung aussehen kann. Oft ist eine frühe und/oder sehr rasche Sprachentwicklung zu beobachten, die früh zu erstaunlichen Ergebnissen führt – aber das ist nicht immer so. Bei Kindern mit weniger sprachlichem Talent oder mit einer anderen Muttersprache und (noch) wenig Beherrschung der deutschen Sprache muss man genauer hinsehen und sich stärker auf die im Spiel sichtbaren Denkleistungen konzentrieren. (Näheres dazu in: Hochbegabung ist kein Luxusproblem, Abschnitt 3.)

4. Was meinen Sie zu der Aussage: Kindergartenkinder kann man nicht als hoch begabt definieren, sondern als Kind mit „kognitivem Entwicklungsvorsprung“?

Da Entwicklung nicht vom Himmel fällt, muss etwas passiert sein, damit der beobachtbare Entwicklungsvorsprung zustande gekommen ist. Dabei spielt sicher eine gute familiäre Förderung eine Rolle. Aber ein sehr großer Entwicklungsvorsprung ist durch besonders gute Förderung allein nicht zu erklären. Das ist das Problem ehrgeiziger Eltern, die ihr Kind gerne früh auf die Karriere-Schiene schieben wollen: Wenn ihr Kind gar nicht besonders begabt ist, können ihre ambitionierten Bemühungen auch nicht in dem gewünschten Ausmaß fruchten und werden zur Belastung des Kindes. Tatsächlich hoch begabte Kinder dagegen fordern ihre Eltern oft bis zu deren Belastungsgrenze, weil sie beständig Fragen stellen und nach „geistigem Futter“ verlangen.

Für Hochbegabung braucht es genetische und physiologische Grundlagen. Ich bin der Meinung, dass Pädagogen mit entsprechender (Zusatz-) Ausbildung und Erfahrung durchaus in der Lage sind, weit überdurchschnittliche Begabungen bei jungen Kindern zu erkennen. Dabei kann es nicht das Ziel sein, Hochbegabung (definiert als IQ ab 130 aufwärts) zu bescheinigen. Es geht vielmehr darum, den besonderen Wissensdurst und die besonderen kognitive Bedürfnisse zu erkennen und zu beantworten, mit dem Ziel, dass sich das Kind wohl fühlen und adäquat entwickeln kann.
Entgegen früherer Ansichten weiß man heute aber auch, dass Kinder ab etwa 4 Jahren von kundigen Psychologen schon auf die Höhe ihrer Intelligenz getestet werden können, mit stabilen Ergebnissen, die bei späteren Tests beim älteren Kind dann ähnlich ausfallen.
(Siehe auch:
Feststellen von Hochbegabung
und Normalverteilung der Intelligenz  

5. Sind Sie der Meinung: Erzieher und Erzieherinnen brauchen unbedingt eine Weiterbildung in diesem Bereich, um die hoch begabten Kinder auch professionell fördern zu können?

Eine einschlägige praxisnahe, gründliche Weiterbildung mit vielen erklärenden Beispielen und Praxisaufgaben, die in der eigenen Kita bearbeitet werden müssen, bringt einen großen Vorteil.
Wichtig ist aber auch eine positive Einstellung der Erzieherin zu sehr klugen Kindern. Und wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt, sind kommt es noch entscheidend auf die geistige Beweglichkeit und Kreativität der Erzieherin an, die ihr ermöglichen, Ideen zur Förderung des Kindes zu entwickeln und eine angemessene Kommunikation zu Kind und Eltern aufzubauen.
Manche Erzieherinnen sind so intelligent und pädagogisch begabt, dass sie von selber „dahinter kommen“. Aber darauf sollte sich ein Bildungssystem nicht verlassen, deshalb bin ich sehr für gründliche Weiterbildung…

6. Wie denken Sie über eine vorzeitige Einschulung der Vorschulkinder?

Es gibt aus meiner Sicht nur sehr wenige Gründe, ein sehr begabtes Kind nicht frühzeitig einzuschulen – aber es gibt viele gute Gründe dafür. Hoch begabte Kinder haben sich den Lernstoff der ersten oder sogar der ersten beiden Grundschulklassen oft schon „nebenbei“ erarbeitet. Dieses rasante Lerntempo kann und soll man auch nicht stoppen, denn es gibt meines Erachtens ein Grundrecht zum Lernen auch bei kleinen Kindern. Die Schulen haben sich darauf einzustellen, dass der kognitive Entwicklungsstand hoch begabter Kinder sehr weit vom Durchschnitt abweichen kann. Das Kind muss auch in der Schule weiterlernen können, es muss entsprechende Aufgaben und Herausforderungen bekommen.
Die oft geäußerten Gegenargumente (fehlende körperliche oder soziale oder emotionale Reife) halten bei den meisten hoch begabten Kindern einer genaueren Betrachtung nicht stand.
(Siehe: Hoch begabte Kinder zwischen Kita und Grundschule.)
Sicherlich muss der beste Zeitpunkt für jedes hoch begabte Kind individuell gefunden werden; aber bei hoch begabten Kindern, die ohne triftigen Grund spät (also zum gesetzlichen Zeitpunkt) eingeschult werden, kann es zu einem dramatischen Motivationsverlust kommen.

7. Müssen überhaupt schon Kindergartenkinder so früh von einem Psychologen in IQ-Tests unter die Lupe genommen werden?

Nein. Im allgemeinen ist das nicht nötig.
Für eine frühe Testung sollte es immer einen klaren Grund geben. Ein solcher Grund könnte zum Beispiel sein, dass sich die Eltern nicht einig sind. Die Mutter sieht Anlass zum Handeln, der Vater nicht. Oder beide Eltern sehen nichts, die Kita aber schon; dann kann man den Eltern empfehlen, die Behauptungen der Kita durch einen Test überprüfen zu lassen. (Siehe: Wenn die Eltern wenig fördern.)

Dasselbe gilt, wenn den Eltern nicht geglaubt wird, dass ihr Kind aufgrund seiner Begabung besondere Spiel- und Lernbedürfnisse hat. (Siehe: Besondere Spiel- und Lernbedürfnisse oder das frühe Gefühl, anders zu sein.) Dann kann ein klares Testergebnis für den Kindergarten hilfreich sein.
Interessant ist, dass die allermeisten hoch begabten Kinder die Testsituation genießen – wenn die testende Person ihre Sache gut macht.

Bei Schulkindern kann eine Testung bei der Identitätsfindung helfen.
Aber wirklich notwendig ist eine Testung nicht, wenn die Umgebung des Kindes allein durch sorgfältige Beobachtung und eine dichte Kommunikation gute Anhaltspunkte für die kognitiven, emotionalen und sozialen Bedürfnisse des Kindes findet und sie hinreichend berücksichtigt.
(Zur Testung siehe auch: Kapitel 2.2 in diesem Handbuch.)

8. Finden Sie solche bekannten „Checklisten“ für Erzieher und Erzieherinnen hilfreich bei der Erkennung von Hochbegabung?

Jein. Die meisten Checklisten, die ich gefunden habe, finde ich ungeeignet, weil sie einzelne Fähigkeiten oder Eigenarten willkürlich auflisten und/oder die Items sehr schwer einzuschätzen sind.
Gute Checklisten können erste Anhaltspunkte geben, sind aber niemals ausreichend für die Entscheidung, ob eine Hochbegabung vorliegt oder nicht vorliegt .
Ich habe versucht, eine brauchbare Checkliste zu entwickeln, die zu einer ersten Beschreibung des Kindes auch für Gespräche mit Eltern und für die Diskussion im Kita-Team hilfreich sein kann.
(Siehe: Welchen Wert haben Checklisten?
Dort wird auch verwiesen auf meine Checkliste mit vielen Beispielen: Hinweise auf eine mögliche intellektuelle Hochbegabung

9. Von 2005 – 2014 sind in Deutschland 17 Integrative Schwerpunktkindergärten für Hochbegabtenförderung (IHVO-Zertifikat) entstanden. Können auch hoch begabte Kinder in einer „normalen“ Kindertagesstätte ausreichend gefördert werden?

Da die meisten Kitas „normale“ sind, möchte ich das gerne bejahen. Es braucht dazu aber einige Voraussetzungen, die ich teilweise schon bei Frage 5 angedeutet habe. Weiter ist meiner Meinung nach wichtig, dass in der Gruppe mindestens zwei Erziehungsfachkräfte arbeiten und genügend Ausweichraum für ungestörtes Spielen und Lernen in Kleingruppen vorhanden ist.

10. Sie sprechen auf Ihrer Homepage etwas von Projekten und Kleingruppenarbeit. Ist das ein Teil der Begabtenförderung für eine Kindertagesstätte? Gibt es noch weitere Förderungen?

Ja, das sind die Methoden, mit denen man hoch begabte Kinder am besten ansprechen und in die Gruppe integrieren kann. Beispiele dazu finden sich zuhauf im Online-Handbuch im 4. Kapitel.
Ganz wichtig ist aber auch eine angemessene Kommunikation zwischen den Erzieherinnen und dem Kind. Das betrifft die Form der Sprache, sie muss dem Sprachstand des Kindes angepasst sein, sonst wird das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zeigen (können), was in ihm steckt und sich nicht verstanden fühlen.
Aber es betrifft natürlich auch die Inhalte. Interessiere ich mich für die Gedanken des Kindes, nehme ich mir die Zeit (habe ich die Zeit), ihm konzentriert zuzuhören und auf vom Kind geäußerte gute Ideen einzugehen, sie immer mal wieder aufzugreifen?
(Siehe: Kommunikation im Kindergarten.)

11. Wie können hoch begabte Kinder kognitiv gefördert und unterstützt werden? Meinen Sie, dass Erzieherinnen das im Alltag auch leisten können?

Im Prinzip ja. Allerdings spielen die Arbeitsbedingungen in der Kita dabei eine wesentliche Rolle. (Siehe: Rahmenbedingungen verbessern! )

Aber auch bei den unterschiedlichsten Bedingungen ist es Erzieherinnen oder auch ganzen Teams während unserer zweijährigen Weiterbildungen gelungen, ihre Arbeit so umzustellen und neu zu erfinden, dass hoch begabte Kinder gut gefördert werden konnten und dies der gesamten Kindergartengruppe zugute kam. Die meisten der Erzieherinnen berichteten, dass dieser Prozess zwar zunächst Zeit und Kraft gekostet hat, dass die alltägliche Arbeit aber im Endeffekt interessanter und befriedigender wurde.

12. Haben Sie den Eindruck, anhand ihres Erfahrungs- und Recherchierungsschatzes, dass die Hochbegabung weitervererbt werden kann? Und kommt es auch vor, dass es mehrere hoch begabte Kinder in einer Familie gibt?

Ja, das kommt gar nicht so selten vor. Ich glaube, tendenziell am besten sind die Familien dran, in denen alle mehr oder weniger hoch begabt sind. Sie haben die Chance, sich gegenseitig gut zu verstehen und zu unterstützen. Wenn Geschwister sehr unterschiedlich hoch begabt sind, kann es schwieriger werden, ebenso wenn nicht hoch begabte Eltern ein hoch begabtes Kind groß ziehen oder wenn hoch begabte Eltern ein eher durchschnittlich begabtes Kind bekommen. Geduld und Engagement zur Überwindung von Verständnisproblemen werden dann in stärkerem Maße gebraucht.

13. Warum ist die Entscheidungsfreiheit (im Gruppengeschehen) bei hoch begabten Kindern wichtig für ihre weitere Entwicklung?

Vieles im alltäglichen Gruppengeschehen ist für hoch begabte Kinder langweilig, manchmal auch verstörend, meistens weil sie längst „darüber hinaus“ sind. Zum Beispiel sind Rollenspiele oft zu schlicht oder stereotyp, oder der Morgenkreis besteht im Singen „alberner“ Lieder; oder zum dritten Mal im dritten Frühling Marienkäfer zu basteln, wird als seltsame Idee empfunden.
Das Kind sollte dann erfahren, dass es sich – ohne negative Reaktionen hinnehmen zu müssen – frei für andere, selbstgewählte Tätigkeiten entscheiden kann. Und dass dafür ausreichend Möglichkeiten vorhanden sind (also auch entsprechendes Spielmaterial) und das Kind auch dabei die nötige Unterstützung erhält.

14. Sollte man auffällige Verhaltensweisen, ständiges in den Vordergrund stellen oder sogar Stören der Gruppenarbeit, eher ignorieren oder zurechtweisen?

Das kommt sehr auf die Situation und den Einzelfall an. Ist das Kind verständlicherweise dauerfrustriert, kann sein Verhalten eine klar logische Folge sein. Es dann zusätzlich auch noch ständig zurechtzuweisen, würde ich als Gemeinheit empfinden.
(Siehe: Dauerfrustration wegen Unterforderung und Unverständnis.)

Wenn ein Kind zum Beispiel den Morgenkreis nicht mitmachen muss und stattdessen seinen eigenen Lerninteressen folgen kann, wird es die anderen Kinder auch nicht stören, zumindest könnte man es sich dann energisch verbeten.
(Siehe die Beispiele 2a und 2b in: Passgenaue kognitive Förderung.)

Den Geltungsdrang der Kinder, die dazu neigen, sich in den Vordergrund zu drängen, kann man auch so auffassen, dass sie ihren Platz in der Gruppe (als Experten für dies oder das) noch nicht gefunden haben. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, nicht genervt zu reagieren, sondern es als ein (zugegebenermaßen nerviges) Signal des Kindes zu verstehen. Ich habe dann versucht den Spieß umzudrehen und das Kind aufgefordert, zu einem Thema länger zu sprechen, und dafür Zeit und Platz geschaffen.

15. Vertreten Sie die Meinung, dass Fortbildungsmaßnahmen zu diesem Thema, nicht ausreichend abgedeckt werden und somit oft Hilfestellung für Bedürftige auf der Strecke zu bleiben scheint?

Ja, unbedingt. Jede Erzieherin sollte schon in ihrer Ausbildung einiges über das Thema Hochbegabung erfahren und sich bei verstärktem Interesse in Fortbildungen weiter darein vertiefen können. Das würde sie zu einer kompetenten Ansprechpartnerin für das hoch begabte Kind und auch für seine Eltern machen. Wichtig ist das, weil sowohl die Kinder als auch die Eltern sehr oft verunsichert sind und sich nicht verstanden und allein gelassen fühlen.
Dazu will ich aber noch bemerken, dass der Löwenanteil der passgenauen Förderung – auch bei sehr guter Unterstützung durch die Kita – oft bei den Eltern bleibt. Denn die Kita kann immer nur zeitweilig Impulse setzen und durch eine gute Kommunikation das Wohlbefinden des Kindes sichern, das Kind braucht aber beständig „Futter“ und ein interessiertes Gegenüber.

16. Integration ist ein wichtiger Faktor. Wie kann eine positive Integration zusammenfassend für hoch begabte Kindergartenkinder stattfinden?

Zunächst einmal muss anerkannt werden, dass die Integration Hochbegabter ebenfalls eine anspruchsvolle Aufgabe ist so wie die Integration von Kindern mit Handicap oder mit geringer Intelligenz.
Ich bin dafür, behinderte Kinder nicht vereinzelt über die verschiedensten Kitas zu verstreuen, sondern sie in integrativen Kitas zu betreuen und zu fördern, dort wo es ein passendes Equipment und spezialisierte Fachkräfte gibt und wo das Kind sich in seiner Abweichung nicht vereinzelt fühlen muss. In einer integrativen Kita können behinderte und nicht behinderte Kinder zusammen spielen und Unterschiede als selbstverständliche Normalität erleben – aber auch die fundierte besondere Unterstützung der behinderten Kinder kann dort geleistet werden.
Im Prinzip genauso sehe ich die Situation für hoch begabte Kinder. Gemischte Gruppen mit mehreren hoch begabten Kindern und mindestens einer spezialisierten Fachkraft finde ich ideal.
(Siehe: Schwerpunktkindergärten für Hochbegabtenförderung.)
Und ich weiß von vielen Eltern, dass sie für so eine Kita auch einen weiteren Weg in Kauf nehmen, weil sie erfahren, dass ihr Kind morgens meistens entspannt und ausgeglichen in die Kita geht und nachmittags genauso entspannt, ausgeglichen und mit wertvollen neuen Eindrücken und Erlebnissen nach Hause kommt.

 

Datum der Veröffentllichung: Januar 2021
Copyright © Hanna Vock