Theaterspiel „Rotkäppchen“

Text und Zeichnung von Hanna Vock

 

Im Unterschied zu „Die Prinzessin, die allen zu schlau war“ und „Hänsel und Gretel“ ist das Theaterspiel „Rotkäppchen“ viel kürzer und einfacher und deshalb für den Einstieg ins Märchenspiel im Kindergarten geeignet.

Kinder können hierbei erste Theaterspiel-Erfahrungen machen. Besonders begabte Kinder werden das Szenario schnell überblicken und umsetzen können.

Personen und Requisiten

Die Personen:
Das Rotkäppchen
Die Mutter
Der Wolf
Die Großmutter
Der Jäger

Da nur fünf Rollen zu vergeben sind, ist das Stück auch für Kleingruppenarbeit gut zu gebrauchen.

Die Requisiten:

Szene 1:
Irgendetwas, das das Haus von Rotkäppchens Familie darstellt.
Ein Korb mit Wein und Kuchen.
Ein Vorhang. Das kann eine große Decke oder ein Laken sein, das von Kindern oder Erwachsenen gehalten wird.

Szene 2:
Ein Busch.
Blumen, z.B. künstliche Blumen, die in Blumentöpfen stecken.

Szene 3:
Haus der Großmutter.
Bett der Großmutter.
Brille und Haube.

Szene 4:

Szene 5:
Ein Versteck für Rotkäppchen und die Großmutter, so lange sie noch im Bauch des Wolfes sind.
Eine große Schere.
Ein schwerer Stein (Kissen).
Etwas, das den Brunnen darstellt..

Das „Drehbuch“ mit Rollen-Texten und Regieanweisungen

Um den Kindern die Abfolge der fünf Szenen zu verdeutlichen, können Sie das folgende Bild nutzen:

Bild zum Ausdrucken

Szene 1

Rotkäppchen spielt vor dem Haus. Die Mutter kommt heraus.

Mutter: Rotkäppchen!
Rotkäppchen: Ja, Mutter?
Mutter: Großmutter ist krank. Bring ihr Wein und Kuchen.
Rotkäppchen: Ja, das mach ich.

Die Mutter gibt ihr den Korb.

Mutter: Sei vorsichtig im Wald, geh nicht vom Wege ab und hüte dich vor dem bösen Wolf!

Rotkäppchen geht los, sie winken sich zu.
Vorhang.

Szene 2

Rotkäppchen geht durch den Wald. Hinter einem Busch taucht der Wolf auf.

Wolf: Hallo Rotkäppchen, was machst du hier im Wald?
Rotkäppchen: Ich geh zur Großmutter und bringe ihr Kuchen und Wein.
Wolf: Das ist aber lieb von dir. -Wo wohnt denn deine Großmutter?
Rotkäppchen: Ganz tief im Wald, bei den drei Tannen.
Wolf: Nimm ihr doch einen schönen Blumenstrauß mit!
Rotkäppchen: Ich darf nicht vom Weg abgehen.
Wolf: Aber guck, wie schön die Blumen sind! Deine Großmutter wird sich darüber freuen.

Rotkäppchen springt zur Blumenwiese und pflückt Blumen.
Der Wolf verschwindet wieder hinter dem Busch.
Vorhang.

Szene 3

Haus der Großmutter, der Wolf schleicht darauf zu.

Wolf: Jetzt fress ich die Großmutter!

Der Wolf klopft an.

Großmutter: Wer ist denn da?
Wolf (mit verstellter Stimme): Rotkäppchen.
Großmutter: O schön, komm rein.

Der Wolf springt zum Bett und frisst die Großmutter.
Sie verschwindet im Versteck.
Er setzt sich die Brille und die Haube der Großmutter auf
und legt sich in ihr Bett.
Vorhang.

Szene 4

Rotkäppchen kommt mit Korb und Blumenstrauß zum Haus der
Großmutter und klopft an.

Wolf: Herein!

Rotkäppchen geht zum Bett.

Rotkäppchen: Großmutter, warum hast du so große Augen?
Wolf: Damit ich dich besser sehen kann!

Rotkäppchen: Großmutter, warum hast du so große Ohren?
Wolf: Damit ich dich besser hören kann!

Rotkäppchen: Großmutter, warum hast du so große Hände?
Wolf: Damit ich dich besser packen kann!

Rotkäppchen: Großmutter, warum hast du so einen großen Mund?
Wolf: Damit ich dich besser fressen kann!

Der Wolf stürzt sich auf das Rotkäppchen.
Rotkäppchen verschwindet im Versteck.
Vorhang.

Szene 5

Der Wolf liegt mit Haube und Brille der Großmutter im Bett
und schläft und schnarcht laut.
Rotkäppchen und die Großmutter liegen im Versteck.
Der Jäger kommt zum Haus.

Jäger: Nanu, wer schnarcht da? – Die Großmutter schnarcht doch nie so laut!

Er geht in das Haus hinein und erblickt den Wolf.

Jäger: Aha, der Wolf! Der hat bestimmt die Großmutter gefressen. Ich will sie befreien.

Er nimmt die Schere und schneidet dem Wolf den Bauch auf.

Das Rotkäppchen springt heraus, die Großmutter kommt hinterher. Sie
umarmen sich.

Der Jäger stopft dem Wolf einen dicken Stein (ein Kissen) in den Bauch
und näht ihn wieder zu.

Der Wolf wird wach.

 

Wolf: O wie bin ich durstig. Ich will am Brunnen trinken.

Er schleicht zum Brunnen und fällt hinein.

Rotkäppchen, die Großmutter und der Jäger fassen sich an den Händen und rufen (oder singen):

Der Wolf ist tot, der Wolf ist tot, er kann uns nicht mehr fressen.

Die Mutter kommt dazu. Verbeugung und Vorhang.

 

Siehe auch:
Theaterspiel „Hänsel und Gretel“
Theaterfassung: „Märchen von der Prinzessin, die fast allen zu schlau war“

 

Inhaltliche Vertiefung

Fragen und Antworten für kluge kleine Kinder:

Wie alt ist das Märchen? (Mehrere hundert Jahre.)

Hast du auch eine Oma?
Weißt du, wo sie wohnt?
Könntest du sie alleine besuchen und ihr Kuchen bringen?
Wenn Nein, warum nicht?

Bist du schon einmal allein irgendwohin gegangen?
Wenn Ja, wovor haben dich deine Eltern gewarnt? (Vor Autos? Vor fremden Menschen?)

Was hältst du von einem roten Käppchen? Hast du auch eins? Würdest du eins aufsetzen?
Rotkäppchen setzte ihr Käppchen jeden Tag auf, weil sie es so schön fand. Hast du auch ein Lieblingskleidungsstück?

Warst du schon mal im Wald? Würdest du dich allein in den Wald trauen?

Warum schickt die Mutter Rotkäppchen in den Wald, wenn doch da der Wolf herumschleicht? (Die Großmutter brauchte Hilfe, die Mutter hatte viel Arbeit und keine Zeit, zur Großmutter zu gehen, sie hat es Rotkäppchen zugetraut, vorsichtig zu sein und ihre Warnung zu beachten.)

Solche Fragen könnte man in ein Quiz-Spiel einbauen oder sie einfach nutzen, um mit den Kindern in vertiefende Gespräche zu kommen.

Und hier noch ein paar alte Briefmarken der Deutschen Bundespost. Diese Bildchen könnten genutzt werden, um die Kinder das Märchen nacherzählen zu lassen.

Datum der Veröffentlichung: April 2017
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum.

 

Haben es hoch begabte Mädchen schwer?

aus der L2 von Drenseck, mit dem Kommentar von Arno

Spannend fand ich auch, dass hochbegabte Mädchen eher Interesse bei „männlichen“ Domänen, wie Planeten, Politik, Technik, Mathematik etc. zeigen, die Berufswahl dahingehend dann aber eher schwach ausfällt, und dass Jungen mit einer Hochbegabung eher weniger jungen-typisches Spielzeug wählen. Dies scheint im ersten Moment paradox, wenn ich jedoch über einzelne Kinder in der Einrichtung nachdenke, trifft dieses tatsächlich häufiger zu.

Kommentar:
Daran ist nicht das Geringste paradox. Das Gegenteil ist der Fall. Das übergeordnete psychologische Ziel aller Persönlichkeitsentfaltung bzw. -reifung ist die Überwindung der Geteiltheit: Individuation. Das heißt ganz wörtlich die Aufhebung des Geteiltseins in weiblich/männlich, extrovertiert/introvertiert und so weiter. Es geht eben genau darum, diese widersprüchlichen Anteile (psychologisch gesprochen: des Animus (männlicher Geist) und der Anima (weiblicher Geist)) zu integrieren, also zu einer ungeteilten (in-dividuus) Ganzheit heranzubilden, sodass eine vollendete Persönlichkeit (wenn es so etwas gibt) ihre gegensätzlichen Anlagen/Anteile miteinander zu vereinbaren und auszuleben weiß. Dann kann auch ein „starker“ Mann mal Schwäche zeigen und weinen oder fürsorglich sein und so weiter, genauso wie die eher gefühlsbetonte Frau auch mal hart und konsequent oder durchsetzungsfähig und zielgerichtet sein kann.
Es ist nun bei näherer Betrachtung kein bisschen überraschend, dass ein Mensch mit höherer Intelligenz diesem Ziel schneller und früher nahe kommen kann bzw. sehr viel früher erkennt, dass diese in uns angelegten Widersprüchlichkeiten eben gar keine Widersprüche sind, sondern verschiedene Gangarten, die für verschiedene Lebenssituationen geeignet sind. Es ist doch beim besten Willen nicht einzusehen, warum ein Mädchen nicht auch mal forsch sein können sollte und ein Junge kein Interesse an Rollenspielen haben kann. Solche Einschränkungen werden von intelligenteren Menschen eben viel früher hinterfragt, als höchst fragwürdig und einengend erkannt und schließlich überwunden.