aus der L2 von Drenseck, mit dem Kommentar von Arno

Spannend fand ich auch, dass hochbegabte Mädchen eher Interesse bei „männlichen“ Domänen, wie Planeten, Politik, Technik, Mathematik etc. zeigen, die Berufswahl dahingehend dann aber eher schwach ausfällt, und dass Jungen mit einer Hochbegabung eher weniger jungen-typisches Spielzeug wählen. Dies scheint im ersten Moment paradox, wenn ich jedoch über einzelne Kinder in der Einrichtung nachdenke, trifft dieses tatsächlich häufiger zu.

Kommentar:
Daran ist nicht das Geringste paradox. Das Gegenteil ist der Fall. Das übergeordnete psychologische Ziel aller Persönlichkeitsentfaltung bzw. -reifung ist die Überwindung der Geteiltheit: Individuation. Das heißt ganz wörtlich die Aufhebung des Geteiltseins in weiblich/männlich, extrovertiert/introvertiert und so weiter. Es geht eben genau darum, diese widersprüchlichen Anteile (psychologisch gesprochen: des Animus (männlicher Geist) und der Anima (weiblicher Geist)) zu integrieren, also zu einer ungeteilten (in-dividuus) Ganzheit heranzubilden, sodass eine vollendete Persönlichkeit (wenn es so etwas gibt) ihre gegensätzlichen Anlagen/Anteile miteinander zu vereinbaren und auszuleben weiß. Dann kann auch ein „starker“ Mann mal Schwäche zeigen und weinen oder fürsorglich sein und so weiter, genauso wie die eher gefühlsbetonte Frau auch mal hart und konsequent oder durchsetzungsfähig und zielgerichtet sein kann.
Es ist nun bei näherer Betrachtung kein bisschen überraschend, dass ein Mensch mit höherer Intelligenz diesem Ziel schneller und früher nahe kommen kann bzw. sehr viel früher erkennt, dass diese in uns angelegten Widersprüchlichkeiten eben gar keine Widersprüche sind, sondern verschiedene Gangarten, die für verschiedene Lebenssituationen geeignet sind. Es ist doch beim besten Willen nicht einzusehen, warum ein Mädchen nicht auch mal forsch sein können sollte und ein Junge kein Interesse an Rollenspielen haben kann. Solche Einschränkungen werden von intelligenteren Menschen eben viel früher hinterfragt, als höchst fragwürdig und einengend erkannt und schließlich überwunden.