von Klaudia Kruszynski

 

Zurzeit beschäftigen wir uns mit dem Thema Frühling. Dieses Jahr mussten wir besonders lange darauf warten, der Winter wollte einfach nicht gehen. In der Märzmitte war es endlich so weit, man konnte auf das wiederkehrende Leben hoffen.

So wollten wir den Kindern näher beibringen, wie sich die Pflanzen entwickeln. Mein Ziel war, dass die Kinder herausfinden konnten, welche Faktoren das Leben der Pflanzen beeinflussen.

Dieses Projekt war in gewisser Weise auch eine Fortsetzung des Projekts: Zeit.

Aus der Beobachtung der Schneeglöckchen, die auf dem Außengelände des Kindergartens wachsen, wussten die Kinder, dass manche Pflanzen sich aus einer Zwiebel entwickeln, die im Winter unter der Erde versteckt ist. Nun war es an der Zeit, die andere Art des Wachstums kennen zu lernen: Die Entwicklung einer Pflanze ausDann dem Samen.

… kurz gefasst …

Die Kinder lernen in diesem Projekt, wie man über längere Zeit genau und systematisch beobachten kann, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen.

Der kleine Sven (4;3) ist besonders interessiert und kann mit den älteren Kindern nicht nur mithalten, sondern geht besonders sorgfältig und ausdauernd vor.

Für diese Beobachtung wählte ich Bohnen und Erbsen, weil sie im Vergleich zu den anderen Samen recht groß und robust sind. Die Kinder können mit bloßem Auge alle Veränderungen sehen.

An einem Montag Ende März haben wir mit der Beobachtung angefangen. Es war nachmittags, in meiner Gruppe waren 10 Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren, darunter Sven, Mark, Lukas,die ich besonders stark in dieses Projekt einbeziehen wollte.

Alle Kinder setzten sich an den Tisch, sie waren sehr gespannt, was gleich passiert. Ich stellte auf den Tisch zwei Schälchen: eins mit Erbsen und das zweite mit Bohnen. Ich habe die Kinder gefragt, was es ist.

Erstaunt hat mich, dass sie keine rohen Bohnen kannten, sie dachten, es wären „Tic-Tacs“. „Wenn ihr sie nicht runterschluckt, dann dürft ihr probieren, ob es wirklich die Tic-Tacs sind“.

Zu ihrem Entsetzen erkannten sie, dass die „Dinge“ keine Bonbons sind, sie spuckten alles aus.

Dann habe ich gefragt, ob sie sich erinnern, was ich heute nach dem Feierabend kochen wollte. (Davon habe ich eine Stunde vorher beim Malen erzählt, als die Kinder berichteten, was sie zu Mittag gegessen haben.)

Aaron konnte sich erinnern: „Bohnensuppe“. Dann sagte ich, dass die länglichen Samen Bohnen sind, und diese habe ich nicht mitgekocht, weil ich etwas damit vorhabe. Und so haben die meisten Kinder zum ersten Mal ungekochte Bohnen gesehen. Mit den Erbsen war es viel einfacher, viele Kinder haben schon rohe Erbsen gesehen und einen Erbsen-Eintopf gegessen.

Alle Kinder untersuchten die Kerne: die Bohnen sind weiß und glatt, die Erbsen gelb-braun und „schrumpelig“. Beide Sorten sind fest und hart, man kann sie nicht zerbeißen.

Ich stellte noch andere Schälchen und Filmdöschen auf den Tisch. Dann brachte ich aus der Abstellkammer ein kleines Gewächshaus. Wir benötigten noch wasserfeste Stifte und Wasser.

Ich erklärte den Kindern, dass wir gemeinsam ein Experiment durchführen werden:

„Was passiert in den nächsten Tagen mit den Bohnen und Erbsen, wenn wir sie in unterschiedlichen Umgebungen lassen?“

Alle waren sehr motiviert mitzumachen, jedes Kind hatte etwas zu tun.

Für die Bohnen nahmen wir andere Schälchen als für die Erbsen, von jeder Sorte zwei Stück. Jeweils in eines goss Sven ein bisschen Wasser rein, die übrigen blieben trocken. Dann legten die Anderen je 2 bis 3 Samen rein.

Das gleiche machten wir mit den Filmdöschen, und die Großen beschrifteten die Deckel: mit B wie Bohnen und E wie Erbsen. Dazu machten sie ein Zeichen für Wasser auf jeweils einem Deckel von jeder Sorte.

Ich fragte die Kinder, ob sie sich vorstellen können, wie es den Bohnen und Erbsen in den Döschen geht, was „fühlen“ sie?

Zuerst haben mich die Kinder verwundert angeschaut, aber weil ich ernst geblieben bin, ließen sie sich auf das Spiel ein.

 

Frage: „Was würde die eine Bohne zu der anderen sagen?“

Antwort: „Es ist nass“.

Frage: „Kann diese Bohne die andere sehen?“

Antwort: „Nein!“

Frage: „Wieso?“

Antwort: „Weil es in der Dose dunkel ist!“

Frage: „Was fehlt dieser Bohne?“

Antwort: „Licht!“

Die Kinder waren sehr stolz auf ihre Entdeckung.

Gleich wussten sie auch, was den Erbsen fehlt.

Sie entdeckten auch, dass die Bohnen und Erbsen in den Döschen, die Wasser enthielten, nicht raschelten. So muss man den Deckel nicht abmachen, wenn man es wissen will, ob Wasser drin ist.

Die Samen in Schälchen haben Licht. Man kann sie sehen und braucht keine Beschriftung.

Zum Schluss stellten wir alle Behälter ins Gewächshaus hinein. Wir schlossen die Lüftungsklappen, damit es drinnen schön feucht bleibt. Auf der Fensterbank fanden wir eine geeignete Stelle, wo das Häuschen gut zu beobachten sein würde.

Am nächsten Tag erzählten die Kinder den anderen, was wir am Vortag gemacht hatten, sie sagten, dass in den Schalen keine Tic-Tacs sind, sondern Erbsen und Bohnen. Keiner darf sie anfassen, das Gewächshaus muss geschlossen bleiben.

Wie konnte man dieses Experiment
am besten dokumentieren?

Ich habe mich für Fotos und Beobachtungsblätter entschieden, weil die Kinder, die mitmachten, noch nicht schreiben konnten.

Zum Teil wurden die Beobachtungsblätter von den Kindern mit großer Akribie ausgefüllt. Dabei mussten sie genau beobachten und präzise und systematisch denken.

Ich habe beobachtet, dass Sven besonders viel Interesse an diesem Experiment zeigte. Er ist 4 Jahre und 3 Monate alt. Er hat ein sehr gutes Gedächtnis, einen recht großen Wortschatz und zeigt viel Aktivität beim Herausfinden verschiedener Sachen. Er interessiert sich dafür, was die „Großen“ tun, wählt Tischspiele, die für ältere Kinder bestimmt sind. Er kennt auch die genauen Spielregeln und achtet darauf, dass die Kinder sie befolgen. Auf der anderen Seite ist er sehr schüchtern und verbirgt eigene Gefühle (zum Beispiel eine Enttäuschung, weil es für ein Spiel schon zu spät ist, oder dass er traurig ist, weil er ein Spiel verloren hat). In solchen Fällen dreht er sich ganz schnell um und wendet sich einer neuen Tätigkeit zu. Erstaunlicherweise nimmt er jedes Angebot an, egal ob es ein Spiel ist oder etwas zum Basteln oder Malen. Wenn man ihn fragt, ob er Lust dazu hätte, scheint er wie aus einem „Leerlauf“ oder einer „Wartezeit“ raus zu kommen. Er bringt die bisherige Tätigkeit schnell zu Ende und wartet auf das versprochene Angebot. Er muss aber wissen, worum es dabei geht – auf Überraschungen lässt er sich nicht ein!

Er muss vorher mit dem Kopf begreifen, was bei den anderen Kindern nicht immer notwendig ist – sie begreifen durch das Tun. Dann ist er mit seiner ganzen Aufmerksamkeit dabei und kann sich sehr lange konzentrieren – man hat den Eindruck, er würde sich in der Aktivität „verlieren“ und Alles mit seinem ganzen Wesen erforschen.

Vermutlich deshalb beteiligte er sich an dem Experiment.

Ich habe mir einige Aufgaben überlegt, die er täglich dabei erfüllen konnte:

  • das Gewächshaus von der Fensterbank für die Beobachtung holen,
  • den Teller mit der entsprechenden Zahl für ein Bestandsfoto vorbereiten,
  • fotografieren,
  • einige Beobachtungsblätter ausfüllen
    bzw. den anderen Kindern erklären, wie man sie ausfüllen sollte,
  • Alles an den Aufbewahrungsort zurückbringen.

Sven erledigte seine Aufgaben sehr gewissenhaft. Als ich aber noch andere Kinder um die Mitarbeit bat, wollte er weglaufen und spielte ein Desinteresse vor.

Die Beobachtungsblätter müssen von dem Ausfüllenden unterschrieben werden. Sven sagte, er weiß nicht, wie sein Name „geht“. Beim ersten Mal habe ich seine Hand geführt, dann aber schlug ich vor, dass er dies alleine machen kann. Wenn er möchte, könnte ich ihm seinen Vornamen auf einen Zettel schreiben, damit er ihn abschreiben kann. Dieser Vorschlag hat ihm sehr gefallen, jedes Mal holte er sich den Zettel aus seinem Fach. Stolz zeigte er ihn auch seiner Mutter: „So schreibt man >Sven<“.

Ich habe gemerkt, dass er noch kein Gefühl für die Richtung beim Schreiben hat, die Buchstaben werden auf die Seite oder auf den Kopf gedreht. Dies zeigt, dass er noch wenig Interesse für die Technik des Schreibens hat.

Weil er aber schon viel Interesse für die Buchstaben zeigte, holte ich an einem Nachmittag einen Satz mit Moosgummi-Buchstaben. Marius, der 6 Jahre alt ist, suchte sich aus diesem Satz alle Buchstaben heraus, die seinen Vornamen bilden. Sven war überwältigt von der Menge und versuchte vergeblich, „seine“ Buchstaben zu finden.

Ich habe ihm dabei geholfen, und gemeinsam legten wir das Wort: SVEN auf den Tisch. Sven betrachtete es und fragte, ob er die Buchstaben behalten darf. Das ging nicht, aber ausleihen konnte ich sie ihm. Ich packte sie in eine kleine Blechdose und sagte, dass er sie zurück bringen soll, wenn er gelernt hat seinen Namen richtig zu legen oder auch, ihn zu schreiben. Sehr stolz zeigte er die Dose seiner Mutter, als sie ihn abholte.

 

Nicht zu vergessen: Sven ist erst 4;3 Jahre alt!

Die anderen Kinder haben sich, im Unterschied zu Sven, nur gelegentlich mit unserem Experiment beschäftigt. Sie zeigten kein Interesse an der systematischen Arbeit. Erst als sichtbare Veränderungen aufgetreten sind, wollten sie mitmachen. Es gab aber immer „Beobachter“, die lieber aus dem sicheren Abstand das Geschehen beim Dokumentieren betrachtet haben.

Hier ein paar Beobachtungsblätter vom 2., 4. und 8. Tag. An diesen Tagen war der kleine Sven (4;3) dran, die Beobachtungen zu notieren.

 

 

 

Bemerkung: Die Bohnen und die Erbsen sind im Wasser dicker geworden, im Trocknen sind sie klein geblieben. Das Beobachten wurde nach zwei Wochen durch die Osterferien unterbrochen.

 

 

 

Bemerkung: Eine Bohne mit Wasser und ohne Licht ist auseinander gefallen, alle Bohnen und Erbsen haben je zwei „Schwänzchen“.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bemerkung: Sven glaubt, dass aus den „Schwänzchen“ Pflanzen wachsen.

 

 

 

 

Nach den Ferien fanden wir unsere Bohnen und Erbsen ausgetrocknet, verschimmelt oder verfault. Aus den „Schwänzchen“, (so nannten die Kinder die Keime), haben sich entgegen den „Prognosen“ keine Pflanzen und Wurzeln entwickelt.

Die Kinder haben erkannt, warum:

Manche Kerne sind ausgetrocknet, weil sie kein Wasser bekamen. Die anderen hatten zu viel Wasser.

Warum die, die Erde und Licht hatten, verschimmelt sind, wussten sie nicht. Vielleicht, weil es keine frische Luft im Gewächshaus gab, habe ich gesagt.

Alle waren sehr enttäuscht, dass wir keine großen Pflanzen bekommen.

Dann habe ich erwähnt, dass ich noch einige Bohnen und Erbsen habe, und wir könnten es vielleicht noch mal versuchen.

„Wie können wir es machen, dass wir große Pflanzen bekommen, was ist gut für die Samen?“

„Erde“. „Wasser“. „Luft“.

„Und was noch? Was ist aus den Samen geworden, die in den Dosen waren?“

„Sie sind schlecht geworden und haben gestunken!“

„Wieso? Was fehlte diesen Bohnen und Erbsen?“

Die Kinder haben verschiedene Antworten gegeben, aber nur Mark wusste es genau: „Licht!“

Dann füllten wir einen großen Blumentopf mit Erde. Ich öffnete die Dose mit Erbsen und Bohnen, und die Kinder verteilten alle auf der Oberfläche.

Ich habe sie gefragt, ob sie wüssten, wie groß die Pflanzen werden. Die Kinder zeigten mit ihren Armen die Höhe und Breite.

„Richtig“ – habe ich gesagt. „Meint ihr, dass alle in diesem Topf genug Platz haben werden?“

Wortlos sammelten sie einige Bohnen und Erbsen wieder ein und legten sie zurück in die Dose.

Sven fragte, ob er das Wasser holen darf, weil die Samen es doch brauchen.

Als er mit der Gießkanne zurück kam, fragte ich, ob es gut ist, die Samen oben drauf liegen zu lassen. Alle meinten, dass es nicht gut wäre, weil sie in der Sonne liegen oder die Vögel sie wegfressen könnten. Wir beschlossen, die Samen mit Erde zu bedecken. Danach durfte Sven endlich gießen.

Jeden Tag fotografierten die Kinder den Topf.

Das Experiment läuft noch. Das Wetter ist noch nicht so gut, deshalb dauert es, bis die Pflanzen kommen.

Aber die Kinder waren neugierig und gruben manche Samen aus. Sie bemerkten, dass die Bohnen und Erbsen schon dicker geworden sind, genauso wie vorher, im Gewächshaus. Danach haben sie die Samen vorsichtig mit der Erde wieder bedeckt.

Ein paar Tage später brachte Marius zwei Gerste-Körner mit, die er bei seiner Oma gefunden hat. Er steckte sie in die Erde in unserem Bohnen-Erbsen-Topf. Nach 3 bis 4 Tagen haben sich schon grüne Keime entwickelt, aber die Bohnen und die Erbsen waren nur dicker geworden. Ich habe die Kinder gefragt, ob sie wüssten, wieso das Getreide schon wächst. Da sagte Sven, dass beim Bauern das Getreide auf dem Feld auch grün ist und schon größer.

„Wieso ist das Getreide schon so groß und die Bohnen und Erbsen noch nicht?“

Die Antwort war nicht leicht zu finden, aber Mark sagte, dass das Getreide nicht so lange braucht, bis es wächst. Das stimmt. Und die Bohnen und Erbsen brauchen eben länger.

Dann habe ich den Kindern erzählt, dass manche Pflanzen schon sehr früh keimen, auch wenn es draußen noch kalt ist. So ist es mit Getreide, deswegen sind schon viele Felder grün.

„Wie sieht es im Gemüsegarten aus, wächst da schon Gemüse?“

„Nein, die Beete sind noch schwarz, es sind nur Blumen im Garten“.

Dann sagte ich, dass viele Pflanzen auf die Wärme warten. Die Bohnen und Erbsen brauchen viel Wärme am Tag, aber sie warten mit dem Wachstum, bis auch die Nächte wärmer werden.

Gerade an diesen Tagen konnten die Kinder beobachten, dass es nachts Frost gegeben hat – der Rasen war morgens weiß.

Dann haben wir uns gemeinsam überlegt, was die Pflanzen brauchen, um zu wachsen:

Wasser, Licht, Luft, Erde und Wärme.

Es dauerte noch einige Tage, bis die Kinder in unserem Topf eine bedeutende Veränderung beobachten konnten. Zuerst bekamen die Kerne die „Schwänzchen“ – ich erklärte, dass sie richtig „Keime“ heißen. Dann hat sich die Farbe der Bohnen verändert, sie wurden grün. Eine Bohne ist in zwei Teile zerfallen. Ich fragte Sven, ob sich daraus eine Pflanze entwickeln würde. Erst meinte er: Ja, aber als ich ihn an den Versuch mit dem Gewächshaus erinnert habe, wo schon das gleiche passierte, sagte er, die Bohne wird schlecht und kaputt gehen.

Das Wetter wurde besser und die Pflanzen größer. Die „Schwänzchen“ waren dicker geworden und bald wuchsen daraus Wurzeln und Stängel. An den Stängeln hingen dicke Blätter. Sven erkannte, dass es die Hälften von der Bohne sind. Später entwickelten sich die richtigen Blätter.

Es hat 25 Tage gedauert, bis man eine bedeutende Veränderung sehen konnte. Bei den Erbsen war es immer noch nicht so weit, die brauchten noch länger.

Sven war bemüht, den Pflanzen immer genug Wasser zu geben, manchmal sah der Blumentopf wie ein Aquarium aus. Da musste ich wieder auf die bisherige Erfahrungen zurückgreifen: „Was passierte mit den Samen, die zu viel Wasser hatten?“

„Sie sind schimmelig geworden.“

„Meinst du, dass du heute gießen musst?“

„Ja!“

„Ich glaube, sie haben genug Wasser.“

„Nein!“

„Fühl bitte die Erde, sie ist feucht.“

„Nein, sie ist trocken!“

Und dann kam mir eine Idee: „Hol ein Tempo-Taschentuch.“

Sven hat es aber nicht verstanden, wieso er ein Taschentuch holen sollte, gleich kam er wieder ohne das Taschentuch.

„Wo ist das Tuch?“

„Im Eimer, ich habe die Nase schon geputzt!“

Einer von den Sechsjährigen, der das Geschehen beobachtet hatte, brachte ein Tempo mit.

Sven wollte sich entfernen, aber ich habe ihn zurückgerufen, weil ich ihm erklären wollte, was ich mit dem Tuch vorhatte.

Er sollte es auf die Erde im Topf legen und mit einem Finger draufdrücken.

Als er das gemacht hatte, fragte ich was mit dem Tuch passierte. Die anderen Kinder riefen, es ist nass geworden. Sven wollte es nicht wahr haben, auch nicht, dass die Bohnen jetzt kein Wasser brauchten.

Am nächsten Tag hat er selbst eine Tuchprobe gemacht, ebenso in den anderen Pflanzenkästen, die auf der Terrasse stehen.

Auch andere Kinder prüften seitdem die Erdfeuchtigkeit.

Entgegen meinen Erwartungen haben sich Lukas und Mark an diesem Projekt sehr wenig beteiligt. Lukas zeigte kein Interesse daran, beschäftigte sich meistens am Maltisch. Mark kam nur dazu, wenn er gerade nichts zu tun hatte. In Gesprächen im Stuhlkreis gab er die richtigen Impulse – er wusste, was die Pflanzen brauchen, konnte von bisherigen Veränderungen berichten.

Mirko und Abdullah (beide 6 Jahre alt) konkurrierten mit Sven um das Recht, die Zahlen raussuchen zu dürfen, zu gießen und zu fotografieren. (Sven verstand diese Aufgaben als seine eigene.)

Ich habe diese Beteiligung zugelassen und freute mich darüber. Bei den Aufgaben durften alle drei sich abwechseln und ergänzen.

Diese Beobachtung dauerte mehrere Tage. Täglich wurde ein Foto gemacht, um die Veränderungen festzuhalten. Dadurch, dass lange (im biologischen Sinne) nichts geschah, bekam die Aufgabe: „Die nächste Zahl fürs Foto zu legen“ eine besondere Bedeutung. Wir überschritten die 10, dann die 20 und 30.

Die Kinder waren herausgefordert, täglich die nächstgrößere Zahl herauszufinden. Was war gestern für eine Zahl, was ist heute, welche kommt am Wochenende?). Gleichzeitig mussten sie die Zahl richtig legen (einundzwanzig als 21 und nicht 12).

Hierbei war Sven genauso gut wie seine um zwei Jahre älteren Kollegen.

Bald möchte ich die Fotos, die die Kinder gemacht haben, in den Kindergarten bringen. Darauf kann man verfolgen, wie sich die Pflanzen entwickelt haben.

Mein Ziel ist dabei, dass die Kinder noch einen Faktor entdecken. Die Pflanzen brauchen für ihre Entwicklung nicht nur: Erde, Sonne, Wasser, Luft und Wärme.

Sie brauchen auch Zeit!

Verschiedene Pflanzen brauchen unterschiedliche Zeiten, bis sie sich aus einem Samen entwickeln. Ich habe entdeckt, dass Jemand eine Haselnuss in unseren Versuchsblumentopf gesteckt hat. Ob die Kinder schätzen können, wie lange es dauert, bis daraus ein Haselstrauch wird?

Wie lange brauchen die anderen Pflanzen im Garten, wie lange die Bäume im Wald?

Wie lange leben die Menschen?

Wie viele „Bohnenleben“ dauert das Menschenleben?

Wie viele Menschenleben dauert das „Baumleben“?

Das sind sehr interessante Fragen. Ich bin richtig gespannt, auf welche Ideen sie kommen. Besonders interessiert mich, was Jan dazu sagt. Aber auch Mirko und Abdullah, die Sven bei seiner „Arbeit“ unterstützt haben. Und was meint Sven?

Das Thema „Zeit“ braucht auch Zeit, damit die Kinder es begreifen können.

 

Siehe von Klaudia Kruszynski auch den Beitrag Spielerische Mathematik. Im Abschnitt „Potenz“ begreifen Kinder am Wachstum von Bohnen den mathematischen Begriff der Potenz.

 

Beobachtungsbogen blanco (pdf)
(Zum Ausdrucken des Bogens klicken Sie bitte, nachdem Sie die pdf-Datei geöffnet haben, auf das Druckersymbol oben links.)

Datum der Veröffentlichung: April 2012
Copyright © Klaudia Kruszynski, siehe Impressum.