von Stefanie Müller

 

Zur Zeit arbeite ich allein in der Gruppe, meine Gruppenkollegin fällt langfristig aus. Deshalb war die Umsetzung meiner letzten Praxisaufgabe schwierig. Das Projekt blieb in dem gegebenen Zeitrahmen auf der Strecke, aber ich habe mit den Kindern zusammen mein Bestes gegeben, bin in die Planung und teilweise in die Umsetzung gegangen. Und wir werden weiterhin dran bleiben.

In unserer Kita-Konzeption sind unter anderem das spielzeugreduzierte, naturbezogene und nachhaltige Arbeiten fest verankert. Wir haben ein sehr großes Außengelände mit vielen verschiedenen Bereichen wie Altholzhügel, Steinspielecke, Tastpfad, Hochbeete, Biotop, unterschiedlichste Bepflanzungen, Bienenhotel, Obstbäume, Nasch-Garten, Kletterbäume, Matsch-Ecken, Versteck-Ecken.
Unsere Kinder spielen mit Töpfen, Pfannen, Dingen aus dem Alltag und setzen sich kreativ und nachhaltig mit sich und ihrem Umfeld auseinander. Wir haben unter anderem auch an Klimaschutzprojekten teilgenommen und intensiv mit den Kindern dazu gearbeitet und es in den Alltag mit einfließen lassen. Unser Ziel liegt darin, den Kindern das Leben in Ihrer Umwelt bewusst zu machen, die (noch) vorhandenen Ressourcen wertzuschätzen, sensibel und achtsam zu sein.

…kurz gefasst…

Im Frühjahr 2021 der Corona-Pandemie startete die Autorin ein Umwelt-Projekt. Die Planung war schon weit gediehen, das Beobachtungskind Jens (5;2) und ein anderer Junge waren sehr engagiert und freuten sich auf die weitere Umsetzung. Dann erschwerten sich durch Lockdown und Notbetrieb die Arbeitsbedingungen und die Kollegin musste ihre Arbeit mit dem Beobachtungskind umstellen. (Das können Sie hier nachlesen:
Kita-Arbeit in Corona-Zeiten.)
Aber auch schon die Planung ist anregend und wertvoll.

Im Verlaufe eines früheren Projekts sind in unsere Kita vier Könige (Wasser, Strom, Natur und Gesundheit) eingezogen, die sich gemeinsam mit den Kindern um unsere Umwelt kümmerten.

Die Covit 19-Pandemie hat schon so einiges durcheinander gewirbelt und ein großes Umdenken und Umstrukturieren erfordert. Es gibt positive und negative Seiten, wie bei allem im Leben.
Ich habe aber festgestellt, dass diese oben genannten pädagogischen Ziele und konzeptionellen Schwerpunkte doch sehr auf der Strecke geblieben sind. Die Auswirkungen werden mir täglich bewusst, es gibt einfach Nachlässigkeiten, die uns jetzt schon mal durchgehen, angefangen von der Mülltrennung, bis hin zu Licht erfüllten, aber leeren Räumen und laufenden Wasserkränen. So hat es sich ergeben, dass wir kürzlich im Team feststellten, wie oft es doch wieder passiert, dass zum Beispiel das Licht in Räumen brennt, wo sich niemand aufhält.

Mein Beobachtungskind Jens (5;2 Jahre) und Fabian (6;2 Jahre), eines meiner Vorschulkinder, waren diesbezüglich sehr aufmerksam und interessiert. Sie hatten sogar ein Gespräch mit unserer Kitaleitung darüber und sie erzählte ihnen vom Stromkönig. Jens kannte ihn noch nicht, weil es vor seiner Zeit in unserer Kita war.

Er war sofort begeistert und Fabian erinnerte sich daran, welche Könige es gab und was sie alles mit den Kindern gemacht haben. Ich erwähnte den Wasserkönig, der unbedingt wieder mal kommen muss, um den Kindern zu erklären, dass man nicht immer das Wasser laufen lassen soll.

Die beiden Jungen entfachten vollen Tatendrang. Sie wollten beide Könige sofort in der Gruppe haben. Wir Drei besprachen, dass der Stromkönig und der Wasserkönig zu uns in die Gruppe ziehen können, um uns zu helfen, nicht so viel Wasser und Strom zu verschwenden.

Ziel:
Interesse wecken, sich mit dem Thema weiter auseinanderzusetzen und sich herausfordern zu lassen, sich mit den eigenen Fähigkeiten auseinanderzusetzen und mit Ideen, Lösungen und Wissen zum Thema einzubringen und sich mit neuem Wissen auseinanderzusetzen.

Leider stellten die Beiden fest, dass die Puppe Stromkönig schon ziemlich ramponiert war und der Wasserkönig abgetaucht/ verschwunden war. Sie überlegten, welche Materialien sie brauchen, um den Stromkönig wieder herzustellen und den Wasserkönig neu zu gestalten.

Sie gingen mit der Leitung, um Materialien zu besorgen und kamen kurz darauf zurück. Dann bastelten sie los, begleitet von mir.

Mein Ziel:
Die Wichtigkeit Ihres Vorhabens wird ernst genommen und ich unterstütze sie in der Entwicklung ihrer eigenen wichtigen Aufgabe, die sie maßgeblich nach ihren Vorstellungen selber gestalten.

Während wir die beiden Könige bastelten, nach Vorstellungen und Ideen der Kinder, sprachen wir darüber, was sie dann mit den Königen alles machen möchten. Inspiriert durch den Auftrag der Kita-Leitung, mit den Königen auf einen sorgsamen Umgang im Haus mit Strom und Wasser zu achten, sprudelten ihre Ideen:

    • Sie wollen im Morgenkreis allen Kindern von den Königen erzählen und erklären, welche Aufgabe die Könige haben.
    • Sie überlegen sich, wer welchen König übernimmt und wer welche Verantwortung trägt.
    • Sie überlegen, dass sie Teams bilden: Wasserkönig-Team und Stromkönig-Team.
    • In den Teams überlegen sie dann, was sie machen möchten.

Ich fragte nach, was sie denn in ihrem Team machen möchten, was Ihnen wichtig ist. Sie waren sich einig, dass alle wieder darauf achten sollen, gut mit Strom und Wasser umzugehen, in der ganzen Kita, damit nichts einfach verschwendet wird. Weiter überlegten sie, dass sie ein Buch machen wollen, wo drauf steht, wer wie oft nicht an das Wasser und den Strom gedacht hat.

Wir überlegten zusammen, dass es gut wäre, sich dafür noch mehr mit dem Thema Strom und Wasser auseinander zu setzen und mehr darüber zu erfahren, zum Beispiel über Bücher, um den anderen Kindern dann auch wieder ein anderes Bewusstsein zu vermitteln, wie wichtig ein nachhaltiger Umgang mit Strom und Wasser ist.

Ziel: Den Kindern wird das Selbstbewusstsein gestärkt, wenn sie wissen, welche Wichtigkeit Ihr Tun hat, welche Erfolge sie mit Ihrer Aufgabe/ ihrem Projekt für die Kita erreichen können, dass sie mit ihrem Einsatz etwas Großes bewirken können.
Sie übernehmen eine Verantwortung, an der sie mit ihren Fähigkeiten wachsen können und wo sie sich voll und ganz ausleben können, weil sie ihr eigenes Handeln planen und Entscheidungen treffen können und es sehr wertgeschätzt wird.

Umsetzung

Die beiden Jungs, die gleichzeitig gute Freunde sind, überlegten nun, wie sie sich organisieren und besprachen verschiedenen Strategien. Jeder brachte seine Ideen ein und sie wurden zu zweit diskutiert. Ich begleitete lediglich und unterstützte bei Bedarf.

Jens wollte unbedingt ein Team mit Fabian zusammen führen, weil sie schließlich Freunde sind. Er bewundert Fabian sehr. Fabian ist ein beliebter Spielpartner in der Gruppe und hat viele Freunde. Die Corona-Lockdown-Zeiten und die Tatsache, dass sie beide den ganzen Tag in der Kita sind, haben beide noch enger zusammen gebracht.

Fabian sprach sich aber für das Aufteilen auf zwei Teams aus, um in beiden Teams mitmachen und etwas bewirken zu können.
Jens fiel die Entscheidung sichtlich schwer, er war hin und her gerissen und teilte mit, dass er nicht weiß, wie er sich entscheiden soll.

Ich schaltete mich mit ein paar Fragen ein:

    • Was ist Euch denn wichtig? Antwort beide: Wir wollen mit beiden Königen etwas machen.
    • Was glaubt Ihr, wie das am besten für Euch geht? Antwort beide: Wir machen zwei Teams.
    • Und wie wollt Ihr Beiden das machen? Antwort Fabian: Jeder nimmt ein Team, dann ist jeder der Chef. Antwort Jens: Ich will ja auch Chef sein, aber ich möchte ein Team mit Fabian sein, er ist ja mein Freund.
    • Würde sich denn etwas an Eurer Freundschaft ändern, wenn ihr nicht in einem Team seid? Antwort Fabian: Nö, wir arbeiten doch trotzdem zusammen und können beide Chef sein und Freunde bleiben, wir sind ja nicht gegeneinander.

Jens: Fabian, wenn Du mein Freund bleibst und wir keine Gegner sind, dann kann ja auch jeder ein Teamchef sein.

Ziel: Ich wollte die Beiden über den weiteren Verlauf nicht beeinflussen. Ich wollte sie unterstützen, ihr Vorgehen selber zu durchdenken , zu kooperieren und eigenverantwortlich zu handeln und zu entscheiden und eine Lösung zu finden, die für beide akzeptabel ist.

Jens und Fabian sprachen sich dann weiter ab und haben folgende Entscheidungen getroffen:

Jens hat sich für das Team des Wasserkönigs entschieden.
Fabian hat sich für das Team des Stromkönigs entschieden.

Beide beschlossen auch, sich gegenseitig zu helfen.

Ziel: Beide Jungs haben eigenverantwortlich handeln können, um eine wichtige Aufgabe übernehmen zu können. Sie können sich mit ihren Fähigkeiten, Ideen und möglichen Vorgehensweisen und mit der anspruchsvollen Hauptverantwortung für ihr Team einbringen und die Ideen aus dem Team mit einbeziehen.

Sie haben die Möglichkeit, ihre Rolle klar zu definieren, als eine Art Teamleiter, an dem sich die anderen orientieren können, sowie auch von ihren Fähigkeiten zu profitieren.

Mein Gedanke dabei ist, so dem hoch begabten Kind einen Weg zu zeigen, aus der Haltung „Ich bin anders, ich bin falsch“ herauszuhelfen, weil es hier eine andere Rolle einnimmt.

Im Morgenkreis wählen wir interessierte Kinder für die beiden Teams aus, die gern bei den beiden kleinen Projekten mitmachen möchten.

Ich habe die Jungs gefragt, was Ihnen wichtig ist zum Thema „Strom und Wasser“.

Aus ihren Überlegungen und Gedankengängen dazu habe ich gemeinsam mit den Jungs Fragen überlegt, die wir wichtig finden in den Teams zu bearbeiten:

Strom:
1. Woher kommt der Strom?

2. Wo ist überall Strom drin?

3. Wie funktioniert Strom?

4. Wo kann ich Strom sparen/ was kann ich anders machen?

mögliche Aktionen:
1. Recherchieren mit Hilfe von Büchern und anderen Medien, 
Collagen erstellen.

2. Stromtickets basteln und Elektromaterialien, z.B. Lichtschalter und elektrische Geräte, kennzeichnen.

3. Stromkreisläufe verstehen und selber legen (Stromkästen).

4. Tabellen/ Schaubilder/ Collagen erarbeiten.

Wasser:
1. Wie wichtig ist Wasser?

2. Wo verbrauchen wir überall Wasser?

3. Darf ich jedes Wasser trinken/ benutzen?

4. Woher kommt das Wasser aus unserer Leitung?

mögliche Aktionen:
1. Recherchieren mit Hilfe von Büchern und anderen Medien, 
Collagen erstellen.

2. Sammlung / Brainstorming mit Schaubildern, Aktionen zur Wassergewinnung.

3. Befassen mit Süß- und Salzwasserquellen.

4. Wasseraufbereitung und Kläranlagen.

Möglicher Abschluss:
Eine Ausstellung in der Kita zu unserem Projekt, um unser nachhaltiges Thema möglichst verbreitet zu transportieren, unser Umfeld zu sensibilisieren und ein neues Bewusstsein zu schaffen.

Ziel: Ein Angebot für die Kinder, vielfältig ihre Fähigkeiten und Talente einzubringen, voneinander zu lernen und zu profitieren, Wissen mit einzubringen und neues Wissen dazu zu gewinnen. Sie lernen miteinander zu kooperieren und jeden mit seinen ganz persönlichen Fähigkeiten wert zu schätzen.

Durch die Transparenz einer Ausstellung erhält das Projekt, die Arbeit der Kinder, einen wichtigen Stellenwert. Den Kindern wird deutlich, was sie in ihrer Gemeinschaft durch das Zutun ihrer einzelnen Fähigkeiten erreicht haben.

Eine gute Möglichkeit, sowohl für das hoch begabte Kind, als auch für alle anderen, in der ganz persönlichen Entwicklung mit solchen Erfahrungswerten zu wachsen.

Die Ideen zu möglichen Aktionen habe ich anhand der überlegten Fragen mit den beiden Team-Chefs zusammengetragen. Ob und wie wir was umsetzen, oder wie sich was anders / weiter entwickelt, wird sich dann im weiteren Verlauf mit den beiden Teams zeigen.

In die weitere Umsetzung konnte ich bisher aufgrund meiner o.g. Situation nicht gehen. Ich freue mich und bin sehr gespannt, wie unser „Königsprojekt“ weiter läuft und auch, welche Erfahrungen und Prozesse sich bei den Kindern entwickeln, vor allem bei meinem Beobachtungskind Jens.

Nachtrag:
Die weitere Verfolgung des Projekts fiel dann für den Rest meiner IHVO-Kurszeit leider den Corona-Einschränkungen zum Opfer, da Jens eines der wenigen Kinder war, die überhaupt in die Kita kamen. 

Und so musste auch Jens´ weitere Förderung anders aussehen.
Wie es weiter ging, lesen Sie hier:
Kita-Arbeit in Corona-Zeiten

 

Datum der Veröffentlichung: Juni 2021
Copyright © Stefanie Müller