von Hanna Vock

 

Der Kindergarten ist ein guter Ort zum Lernen…

… und für die Förderung hoch begabter Kinder.

Die Ursachen dafür sind:

1. Die Strukturen des Kindergartens sind (im Vergleich zur Schule) günstig. Der Kindergarten – und hier insbesondere der Ganztagskindergarten – bietet unzerteilte Zeiträume, die für Projekte jeder Dauer und Intensität genutzt werden können. Es gibt keine Pausenklingel, keine Fächergrenzen, Kinder und Erzieherin können ein Thema oder einen Gegenstand von allen Seiten praktisch und theoretisch beleuchten.

2. Die Kinder haben Freiräume in Form des Freispiels. Sie können sich ihre Tätigkeit, ihr Material und ihre Spielgefährten in großen zusammenhängenden Zeiträumen frei aussuchen und ihre eigenen Ziele verfolgen.

3. Die engagierte Erzieherin begreift sich als Beobachterin und Unterstützerin von Lernprozessen der Kinder, gibt aber durch thematische Angebote Anregungen in die Gruppe. Der Kindergarten ist offen für vielfältiges Spiel- und Arbeitsmaterial.

4. Die Erzieherin kann immer wieder, auch spontan, mit einer nach Fähigkeiten und Bedürfnissen zusammengestellten Kleingruppe konzentriert arbeiten. Sie muss dabei nicht die ganze Gruppe im Auge haben, da sie an vielen Tagen eine zweite pädagogische Fachkraft in der Gruppe hat.

5. Das Herausgehen aus dem Kindergarten, hinein in die weitere Umgebung zum Zwecke des erkundenden Lernens ist im Kindergarten vergleichsweise einfach und spontan zu verwirklichen.

6. Die Eltern sind im Kindergarten häufig anwesend; Gespräche “zwischen Tür und Angel”, bei denen Erzieherin und Eltern ihre Eindrücke und Ideen austauschen können, sind im Prinzip täglich möglich.

Der Kindergarten hat hiermit Möglichkeiten, um die Pädagogen in vielen Schulen erst mühsam ringen müssen.

Weiter ist bedeutsam, dass die Kindergartenpädagogik (Elementarpädagogik) in Deutschland grundsätzlich postuliert, an den Bedürfnissen und also auch an den Lernbedürfnissen der Kinder anzusetzen.

Ganzheitliches Lernen, Lernen in Lebenszusammenhängen, Wahrnehmen des einzelnen Kindes in der Gruppe sind von daher für engagierte Erzieherinnen selbstverständlich.

Merkmale eines angemessenen Spiel- und Lernumfeldes im Kindergarten

Damit diese guten strukturellen Voraussetzungen des Kindergartens in eine effektive Hochbegabtenförderung umgesetzt werden können, müssen weitere Bedingungen erfüllt sein:

  • Forschendes Lernen muss eine wichtige Rolle spielen.
  • An Stelle von Altersnormen muss der Entwicklungsstand des einzelnen Kindes über das kognitive Niveau der Angebote an das Kind entscheiden.
  • Intellektuelle Fähigkeiten und Tätigkeiten der Kinder müssen wertgeschätzt und unterstützt werden.
  • Kinder dürfen nicht mit der Begründung der Defizitaufarbeitung zu Tätigkeiten gedrängt werden, für die sie keine innere Bereitschaft spüren.
  • Geistige Tätigkeit ist als Aktivität zu werten. Ein beobachtendes und nachdenkendes Kind soll nicht zu anderen Tätigkeiten (“Spiel doch mal was!”) gedrängt werden.
  • Es muss aktiv nach Spielpartnern Ausschau gehalten werden, die sich auf einem ähnlichen intellektuellen Niveau austauschen können.
  • Im Rahmen der Kleingruppenarbeit muss es möglich sein, nicht nur, aber doch immer wieder auch Kleingruppen mit ähnlich begabten Kindern zu bilden.
  • Es ist die Bildung integrativer Gruppen mit mehreren hoch begabten Kindern in Angriff zu nehmen.
  • Erzieherinnen müssen über spezifisches Wissen zum Thema Hochbegabung verfügen und Möglichkeiten zum fachlichen Austausch darüber erhalten, damit sie auch gegenüber den hoch begabten Kindern den Bildungsauftrag des Kindergartens erfüllen können.
  • Die Zusammenarbeit mit den aufnehmenden Grundschulen muss von beiden Seiten qualifiziert werden, um den Übergang hoch begabter Kinder in die Schule fördernd und für die Familien stressarm zu gestalten.
  • Die Standards zur Ausgestaltung von Kindergärten (Personalbesetzung, Gruppengrößen, Raumangebot, Größe des Außengeländes, materielle Ausstattung) dürfen nicht verschlechtert, sondern sollten weiter verbessert werden, da sonst die Aufgabe der Hochbegabtenförderung nicht zufrieden stellend geleistet werden kann.

Siehe auch:
Was können wir im Kindergarten tun?

Drei Ebenen der Hochbegabtenförderung

Rahmenbedingungen verbessern!

Integrative Schwerpunktkindergärten

VG Wort Zählmarke