von Hanna Vock

 

Um die besonderen Spiel- und Lernbedürfnisse hoch begabter Kinder genauer erfassen zu können, ist gezielte Beobachtung nötig. Wir unterscheiden drei Arten der Beobachtung.

Jede hat ihre besonderen Vorzüge, und es ist auch von den konkreten Arbeitsbedingungen in der Kita abhängig, wie und in welchem Umfang Einzelbeobachtungen möglich sind. Oft sind leider über längere Zeiträume kaum Einzelbeobachtungen möglich, trotzdem sollte für alle Kinder, insbesondere aber für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf (zu denen die hoch begabten Kinder zu zählen sind) jede Möglichkeit genutzt werden.

Gerade die gezielte Beobachtung möglicherweise oder erwiesenermaßen hoch begabter Kinder ergibt wertvolle Impulse für die praktische Arbeit. Diese Erfahrung berichten auch Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer immer wieder.

1. Die distanzierte Beobachtung

Eine Situation oder das Verhalten eines einzelnen Kindes werden beobachtet, ohne dass die beobachtende Person aktiv in das Geschehen eingreift oder daran beteiligt ist. Sie verhält sich möglichst unauffällig und neutral.

Allgemeiner Vorzug dieser Methode: Die beobachteten Kinder werden in ihrem Spielgeschehen und ihren Interaktionen von der Erzieherin kaum beeinflusst. Für hoch begabte Kinder gilt dies nur sehr eingeschränkt: Sie merken fast immer, wenn sie beobachtet werden, und reagieren dann manchmal mit Irritation, Verstummen und Rückzug oder auch mit direkten Fragen, was die Distanz dann natürlich aufhebt.

Nachteil der Methode: Die vermeintlich untätige Erzieherin wird meist sehr bald von Kindern angesprochen und abgelenkt.

Voraussetzung: Eine weitere Kollegin muss sich derweil um alles Gruppengeschehen kümmern.

2. Die teilnehmende Beobachtung

Die Beobachtende nimmt am Spielgeschehen oder anderen Aktivitäten teil, aber ohne bewusst zu steuern.

Vorzug: Die Methode erscheint (auch den Kindern) natürlicher in das Gruppengeschehen eingebunden. Die Erzieherin ist näher dran am Geschehen und kann auch alle lautsprachlichen Äußerungen genau erfassen.

3. Die provozierende Beobachtung

Die beobachtende Person initiiert und steuert Situationen, um bestimmte Reaktionen des Kindes erfassen zu können. Dieses können zum Beispiel auch gezielte Fragen sein.

Vorzug: Diese Methode erlaubt es, mit dem beobachteten Kind in einen intensiven Dialog einzutreten.

Sie ist die Methode der Wahl, um das Potenzial hoch begabter Kinder auszuloten, das fast immer zunächst mal kleiner eingeschätzt wird, als es tatsächlich ist.

Mit der provozierenden Methode kann sich die Erzieherin gezielt auf die Interessen und den Entwicklungsstand des Kindes einstellen und angemessene Herausforderungen stellen. Sie kann gezielte Angebote machen und die Reaktion des Kindes wahrnehmen.

Da sich angemessene Herausforderungen für vereinzelte hoch begabte Kinder im Kindergartenalltag höchst selten von allein ergeben, ist diese Methode für die Beobachtung hoch begabter Kinder sehr wertvoll.

Siehe auch: Beispiele für provozierende Beobachtungen .

Dokumentation der Beobachtung

Sie kann erfolgen

  • während der Beobachtung
  • nach der Beobachtung aus der Erinnerung

und zwar

  • durch Notizen in freier, dem Beobachtungsziel angepasster Form
  • durch systematische Notizen an Hand von Beobachtungsbögen oder -leitfäden

Auswertung der Beobachtung

Die Beobachtung und ihre Dokumentation ist Grundlage für Entwicklungsberichte, Team- und Elterngespräche sowie für Gespräche mit Lehrkräften einer Schule und kann insbesondere Impulse für die eigene praktische Arbeit geben.

Am Ende sollte sich eine größere Klarheit über das Potenzial des Kindes, seine derzeitigen Lernprozesse und damit verbundenen Gefühle, seine Fragen und Gedanken sowie über seinen Förder- und Interaktionsbedarf ergeben.

Der größte Wert der Beobachtung liegt darin, dass darauf aufbauend passgenauere Anregungen und eine besser angemessene Kommunikation mit dem Kind entstehen.

Siehe auch:

Erkennen durch Beobachten

Hinweise auf eine mögliche intellektuelle Hochbegabung

Beispiele für provozierende Beobachtungen

Begriffsbestimmung Hochbegabung

 

Datum der Veröffentlichung 22.9.09
Copyright © Hanna Vock 2006, siehe Impressum.

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