von Heike Brandt

 

Im voran gegangenen Projekt der Zahlendetektive (siehe Projekt Zahlendetektive ) entdeckte ein Mädchen die Zahlen auf einem Lineal. Dies gab den Impuls für die Fortführung des Projektes in Richtung Messungen. Es sollte also jetzt um verschiedene Möglichkeiten des Messens gehen. Der Inhalt soll von den Kindern mitgestaltet werden, wodurch eine genaue Vorplanung nicht möglich ist.

Bei der Gründung der Zahlendetektive war Carls Integration (alle Namen wurden verändert) in die Kleingruppe war ein Ziel; er war damals 4;2 Jahre alt. Die Integration war bisher ein fortlaufender Prozess, der durch intensive Beobachtung und Impulsgebung gekennzeichnet war. Jetzt soll Carls Einbindung in die Kleingruppe weiterhin einen Schwerpunkt bilden. Er ist inzwischen 4 Jahre und 8 Monate alt.

…kurz gefasst…

Eine bereits gefestigte und miteinander erfahrene Kleingruppe, die sich intensiv mit Zahlen befasst hatte, wendet sich jetzt neuen Möglichkeiten zu: dem Messen von Längen, Temperaturen und Zeit.

Gleichzeitig wird verfolgt, ob und wie sich ein vierjähriger Junge in die Gruppe integriert.

Einstieg ins Projekt

Fabian (4;11) unterhielt sich während des Mittagessens mit mir über die Olympiade. So kamen wir auf das Turmspringen zu sprechen. Fabian erzählte, dass sein Vater vom 10m-Turm gesprungen sei. Er schloss die Frage an: „Wie groß sind denn 10 Meter?“

Ich schlug ihm vor, diese Frage im Kreis der Zahlendetektive zu stellen. Er war begeistert.

Messung von 10 Metern

Fabian brachte seine Frage mit meiner Unterstützung in den Kreis der Detektive ein, die erwartungsvoll zusammengekommen waren.

Nachdem die Teilnehmer ihre unterschiedlichen Vorstellungen von 10 Metern dargestellt hatten, gab ich den Impuls des Messens in die Runde. Die von den Kindern genannten Hilfsmittel, wie „Messband“ und „Messstab“ wurden danach im Kindergarten gesucht und gefunden. Mit unserem Zollstock konnte nur ein Meter abgemessen werden. Die Detektive brachten dann von zu Hause noch andere Messgeräte mit.

Nun wollten die Kinder die Strecke von 10 Metern mit einem 20 m-Maßband abmessen.

Schnell war festgestellt, dass der Turnraum für diese Messung zu klein war. Daraufhin kamen die Kinder auf die Idee, die Messung vom unteren Flur über das Treppenhaus bis einige Meter hinauf in den oberen Flur durchzuführen.

Nachdem ich den Verlauf des Maßbandes betrachtet hatte, brachte ich die Frage ein, ob Fabians Vater um die Ecke gesprungen sei. Danach stellte ich die Frage, ob die Kinder Lust hätten einen 10m-Turm zu bauen.

Bau eines 10m-Turmes

Ja, sie hatten. Nun folgte die Baumaterialüberlegung. Die Detektive machten drei Vorschläge: Legosteine, Pappe und Holz. Diese ließ ich ohne Bewertung stehen. Da nur Pappe in ausreichender Menge im Kindergarten vorhanden war, begannen wir mit diesem Material. Auch die Befürworter von Holz und Legosteinen schlossen sich an.

Die Kinder verglichen die Maßeinheiten auf dem Zollstock und dem Maßband und überlegten, wie man mit einem Meter-Zollstock 10 Meter abmessen könne und kamen zu einer richtigen Lösung.

Beim Bau des Turmes aus Kartons wurden Einzelteile gemessen, aufeinander gesetzt und erneut vermessen.

Schätzungen, wie hoch der Turm im Vergleich zum Gruppenraum oder zur Gebäudehöhe war, wurden ausgetauscht. Gemeinsam wurden Einzelteile mit Kordel befestigt und verklebt. Es wurden Ideen entwickelt, wie der Turm durch eine Tür begehbar werden könnte.

 

 

Als der Turm fast die Gruppenraumdecke erreichte, überlegten die Detektive, wo der Turm weitergebaut werden könnte. Sie maßen die Breite der Tür zum Außengelände und erkannten, dass der Turm durch die Tür liegend heraus getragen werden konnte.

 

 

 

 

 

 

Zum Schutz vor Regen wurde der Turm über Nacht in der Pyramide (einem großen Schuppen auf unserem Außengelände) gelagert; deshalb konnten die Kartons nicht alle verbunden werden, sondern es wurden drei große Teilstücke erstellt. Diese wurden vermessen, damit durch Addition dann die Turmgröße ermittelt werden konnte.

Die Kinder verbanden die ersten beiden liegenden Teilstücke miteinander und versuchten sie aufzustellen. Das endete mit einem Zusammenbruch des Turms, und es wurde neu überlegt. Wir entschlossen uns, die Teile im Stand aufeinander zu setzen und dann erst zu verbinden. Doch auch mit der neuen Strategie konnten nur zwei Teilstücke aufeinander gestellt werden.

 

 

 

 

 

Die Größe des stehenden Turmes wurde anhand des noch am Boden liegenden Teilstückes von 2,80 m (10 m – 2,80 m = 7,20 m) errechnet, da keine Möglichkeit bestand, den stehenden Turm auszumessen. Zum Abschluss wurde der Turm nochmals auf dem Boden zusammengesetzt und vermessen.

Turmbau im Freispiel

Einige Detektive bauten, durch den Bau des Pappkarton-Turmes angeregt, verstärkt Türme mit Holzbausteinen auf dem Bauteppich, die jedoch statisch bedingt umfielen. Durch einen breiten Turmfuß und das Bauen gegen die Wand, wurde ein Turm von 1,90 m gemeinsam erstellt. Er wurde durch Absperrungen und ein Verbotsschild „Eintritt verboten“ einige Tage vor Zerstörung geschützt.

Besichtigung eines 10 m-Sprungturmes

Der Vorschlag, einen aufrecht stehenden 10 m-Turm zu besichtigen, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Gemeinsame Überlegungen und Taten folgten, um ein Schwimmbad zu ermitteln, welches über einen 10 m-Turm verfügt. Der Turm der „Schwimmoper“ in Wuppertal schien für unser Projekt geeignet.

Da der Sprungturm nun aber wegen Baufälligkeit nicht mehr betreten werden durfte, war eine Messung nicht möglich. Nach dem erstaunten Betrachten des Turms, stellten die Detektive noch Fragen an die Bademeister und bekamen bereitwillig Antworten sowie eine Demonstration der Beckentiefe.

Fragen der Detektive:

„Welche verschiedenen Sprunghöhen hat der Turm?“

„Warum werden Sprungbretter hochgestellt?“

„Warum ist das Wasser im Sprungbecken so tief?“

Reflektion

Während der programmfreien Zeit in unserer Kita (Anfang Juni bis Mitte August) beschäftigten sich einige Detektive weiterhin mit Zahlen. Fabian behielt sein Interesse für das Rechnen bei und wandte dies zum Beispiel bei der Auszählung des Ligretto-Spiels an und forderte außerdem den Praktikanten des Öfteren auf, mit ihm zu rechnen. Auch seine Eltern konnten davon bTimhten, dass er zu Hause rechnen wollte. Bei Jean (4;1) war dies auch der Fall. Er ging freudig darauf ein, wenn seine Schwester mit ihm rechnete. Begeistert erzählte er mir, welche Zahlen er jetzt schon alleine schreiben könne.

Der Wiedereinstieg in ein weiteres Projekt der Zahlendetektive wurde von Allen mit Freude aufgenommen.

Früh zeichnete sich ab, dass Fabian nach dem Ausstieg der Schulkinder die Führung der Gruppe übernahm. Seine Ideen, wie zum Beispiel die Einplanung und den Einbau einer Turmtür mit Eingriffsloch, wurden begeistert aufgenommen.

Ich begleitete das Projekt, indem ich Impulse gab, wenn die Detektive Anregungen brauchten. Ich ließ sie ansonsten weitgehend selbstständig ausprobieren, etwa beim Transport des Turmes durch die Türe. Aus diesem Grunde nahm der Turmbau auch einen großen Zeitraum in Anspruch. Dabei zeigte sich, dass zum Beispiel Jean und Astrid (5;1) ausdauernd bei der Sache waren, während andere Detektive zunehmend das Interesse am Turmbau verloren und sich anders beschäftigten.

Durch das ständige Messen der Turmgröße übten sich die Kinder im Umgang mit Maßband und Zollstock. Sie begannen Höhen abzuschätzen, wie zum Beispiel: „Der Turm wird höher als der Kindergarten“ oder „Der Kindergarten ist drei Meter hoch“. Während des Messens fiel auf, dass vor allem Astrid und Fabian die Maße sicher ablesen konnten.

 

Und was ist mit dem kleinen Carl?

Ein wichtiger gruppendynamischer Wendepunkt zeichnete sich ab, als einige Kinder nach der Turmbauaktion Türme auf dem Bauteppich mit Holzbausteinen nachbauten. Zuerst fielen diese mangels ausreichender Statik um, was zu Beginn Spaß machte. Zunehmend rief dieser Zustand auch Ärger hervor, bis Georg die gute Idee hatte, den Sockel des Turms zu verstärken und den Turm gegen die Wand zu bauen. Die Kinder bauten nach Anfragen bei Georg nun an seinem Turm weiter und freuten sich gemeinsam über die wachsende Höhe. Georg, der große Schwierigkeiten hatte Zahlen zu benennen und zu schreiben, bekam so große Anerkennung von allen Beteiligten.

Zum Schutz des Turmes sollte ein Schild mit der Aufschrift „Eintritt verboten“ angefertigt werden. Die Erbauer fragten mich, und ich verwies sie an Carl, der die Buchstaben schon gut schreiben konnte.

 

 

 

 

 

 

Mit meiner Hilfe schrieb Carl das Verbotsschild und wurde so in die Gemeinschaft aufgenommen.

 

Auch sein Interesse am Projekt wurde dadurch neu geweckt. Er wiederholte seine geschriebenen Worte oft mündlich und sprang mit einem Lachen um den Turm herum und wollte sogar neben ihm fotografiert werden. Fotografiert werden mag er sonst nicht gern.

Carl rief: „Ich bin der Meister des Turms.“

Fabian entgegnete: „Du hast ja gar nicht mitgebaut.“

Daraufhin zeigte ich den Detektiven auf, dass nur durch die Fähigkeiten von allen Detektiven der Turm gebaut und abgesichert wurde. Fabian antwortete: „Ja gut.“ und Georg rief daraufhin: „Wir sind alle die Meister des Turms.“ Dieser Sprechgesang wurde von Carl aufgenommen.

Der Ansatz, die Fähigkeiten der einzelnen Kinder aufzuzeigen, kam bei den verschiedenen Aktionen immer wieder zum Einsatz, zum Beispiel auch beim Heraussuchen und Schreiben der Telefonnummern des Schwimmbads.

An weiteren Sicherungsaktionen, wie der Absperrung und der Messung des Turms, beteiligte sich Carl und blieb 30 Minuten bis zum Ende der Aktion im Kleingruppengeschehen. Zuvor konnte ich sein Interesse für das Projekt immer nur für kurze Zeit wach halten. Früher zog er sich aus der Gruppe heraus und distanzierte sich, wie zum Beispiel beim Bau des großen Karton-Turmes und beim Ausflug in die Schwimmhalle.

Einrichtung eines Messbüros

Ein Schuhhaus führte in unserer Kita Fußmessungen durch; anschließend gab ich die Anregung in die Gruppe der Zahlendetektive, ein Messbüro einzurichten.

Gemeinsam wurden Ideen entwickelt, wie und was man bei Kindern messen könnte: Kopfumfang, Hand- und Fußgröße, Körpergröße und Gewicht. Jeder Detektiv übernahm eine Messung.

Die gemessenen Daten wurden in einen selbst gebastelten Ausweis eingetragen, der mit einem Foto des Detektivs versehen war.

Zuerst wurden die Messungen unter den Detektiven durchgeführt, danach wurden Eltern, Erzieherinnen und Kinder aus verschiedenen Gruppen vermessen.

Bei der Errichtung des Messbüros hob ich wiederum die Fähigkeiten aller Beteiligten hervor: Schreiben von Wörtern und Zahlen, Ablesen von Maßen, Ausdauer und Verlässlichkeit, Ideengeber. Ich war darauf bedacht, dass jeder seine Ideen einbringen konnte und diese anerkannt wurden. Mir war auch wichtig, dass jedes Kind eine Messung durchführen konnte.

Für diese Aktion brachten die Detektive nochmals Messgeräte von zu Hause mit. Georg, der von mir als Ideengeber tituliert wurde, sagte stolz: „Ich bringe Ideen mit, ich bringe Schlaukopf mit.“

Am Anfang waren alle Detektive mit Hochspannung damit beschäftigt, sich selbst zu vermessen. Im Laufe der Zeit vermischten sich die Einzelaktionen und waren geprägt von gegenseitiger Unterstützung und Neugier. Die Messungen beschränkten sich nicht nur auf die Kinder der eigenen Gruppe, sondern dehnten sich auch auf Erzieherinnen, Eltern und Kinder anderer Gruppen aus. Während dieser Aktion waren alle fünf Detektive (Carl, Fabian, Astrid, Georg und Jean) in den Gruppenprozess involviert.

Reflektion

Dass das Projekt der Zahlendetektive einen so positiven sozialen Abschluss gefunden hat, hätte ich über längere Zeit nicht gedacht. Bis zur Aktion des Turmbaus auf dem Bauteppich überlegte ich immer wieder, wie ich Carl, der sich selbst ständig aus der Gruppe ausschloss, in diese integrieren könnte. Er zeigte zwar Interesse an Aktionen, wenn ich ihn danach fragte, zog sich jedoch nach wenigen Minuten von jeder Aktion zurück und verließ die Gruppe.

Wenn ich ihm bei Aktionen meine ganze Aufmerksamkeit widmete, konnte ich ihn für einige Zeit bei der Aktion halten. Dies war jedoch nicht immer möglich und ist für ein Gruppenprojekt unangemessen.

Das Projekt hat mich selbst gefordert, wie zum Beispiel beim Turmbau. Besondere Freude empfand ich, als Georg und Carl die Anerkennung der Gruppe erfuhren.

In diesem über fünf Wochen dauernden Projekt fühlte ich mich jedoch sehr zerrissen. Auf der einen Seite standen die Bedürfnisse der Zahlendetektive und auf der anderen Seite die der anderen Kinder meiner Gruppe. Besonders schwierig war dies, weil seit dem Sommer sieben neue, junge Kinder ins Gruppenleben integriert werden mussten.

In solchen Situationen träume ich von einer generell besseren Personalsituation in den deutschen Kitas.

Carls Entwicklung

Carl beherrscht inzwischen das Schreiben von Wörtern, wenn diese buchstabiert werden oder wenn man sie ihm langsam vorliest, zum Beispiel T – TU – TUR – TURM. Seine Fähigkeit, gedruckte Kleinbuchstaben in Großbuchstaben zu übertragen, ist aus meiner Sicht bemerkenswert. Als Carl die Telefonnummern und das Stichwort Freibad aus dem Telefonbuch herausschrieb, fiel mir diese Fähigkeit auf. Sein Interesse an Buchstaben ist allgegenwärtig. Er legte zum Beispiel nach dem Mittagessen mit Zahnstochern Wörter, indem er Buchstaben auf einzelnen Tellern legte und diese dann zusammen schob. Mein Vorlesen bereitete ihm große Freude. Er selbst las jedoch nicht.

Gute Einfälle und den Einsatz seiner Fähigkeit lobte ich bewusst deutlich, um ihm zu zeigen, dass diese wertvoll sind und er sie nicht zu verstecken braucht. Gute Überlegungen meinerseits lobte er ebenfalls mit den Worten: „Gute Idee, Heike.“ Dabei tauschten wir ein Lächeln aus.

Seit ich die Detektive auf Carls Fähigkeiten aufmerksam gemacht hatte und diese von der Kleingruppe angenommen wurden, änderte sich Carls Verhalten grundlegend. Er suchte Kontakt zur Gruppe und fragte zum Beispiel im Messbüro:

„Wer will sich messen lassen?“

Er bezog andere Kinder in sein Spiel im Messbüro ein.

Nachdem ich ihm im Projektverlauf mehrmals die Anregung gegeben hatte, seine Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen (ob er zum Beispiel Georg beim Notieren der Messdaten helfen könne, da dieser dabei Schwierigkeiten habe), sah er danach selbst, wo er sich ins Gruppengeschehen einbringen konnte. Bereitwillig und mit Eifer und Stolz führte er Dienste für die Gruppe aus und deckte zum Beispiel den Mittagstisch.

Seine neue Freude drückte er unter anderem aus, indem er mich an einem Morgen mit einer herzlichen Umarmung begrüßte.

Diese sichtbare Veränderung ist natürlich nicht allein dem Projekt der Zahlendetektive zuzuschreiben, sondern auch unser übrigen pädagogischen Alltagsarbeit, zum Beispiel mit Grenzsetzungen, die er manchmal herausfordert.

Fabian

Nachdem die Kinder, an denen sich Fabian im letzten Kindergartenjahr orientiert hatte, jetzt die Schule besuchten, führte er die Gruppe der Zahlendetektive an. Er duldete keine Konkurrenz. Vielleicht aus diesem Grunde lehnte er zunächst Carl mit seinen Fähigkeiten ab. Er wollte zum Beispiel nicht, dass Carl die Leiter für seine Messung trug und dass er sich als der Meister des Turms bezeichnete.

Die Fähigkeiten des leserlichen Schreibens von Buchstaben, die Carl beherrscht, trieb Fabian an, ebenfalls seine Schreibfähigkeit zu trainieren – und sogar noch mehr zu können.

„Ich kann Spiegelschrift und Schreibschrift.“

Seine Eltern bestätigten, dass Fabian zu Hause die Schreibschrift üben wollte.

Seine Fähigkeiten im Bereich der Zahlen sind meines Erachtens bemerkenswert. Er konnte bei den Messungen Zentimeter in Meter umrechnen. Auf meine Frage, wie man mit einem ein Meter langen Zollstock zehn Meter abmessen könne, antwortete er:

„Zehnmal messen.“

Daran anknüpfend, versuchte ich sein Interesse an Addition oder Subtraktion zu wecken, als wir zum Beispiel die Turmhöhe errechneten. Diese Herausforderung war jedoch noch zu hoch.

Zum Abschluss der Messungen der Körpergröße erzählte ich ihm, dass man auch anhand der Zahlen sehen könne, wer der Größte in der Gruppe sei, ohne auf die von ihm erstellte Messlatte zu sehen. Er war interessiert, und ich schrieb die Größen 116 cm und 103 cm auf. Fabian erkannte sofort die größere Zahl. Ich zeigte ihm das Symbol >, das ohne weitere Erklärung die Größenverhältnisse aufzeigt. Bei einem zweiten Beispiel (114 cm und 109 cm) ließ ich mir von ihm erklären, woran er die größere Zahl erkannt hatte. Er zeigte auf die Zehnerstelle und sagte:

„Weil hier eine Eins ist und bei der anderen Zahl eine Null.“

Vor der Nutzung des Symbols > zögerte er, und ich erklärte ihm anhand eines hungrigen Vogels, der immer den größeren Futternapf bevorzugt und dort den Schnabel aufreißt, nochmals den Einsatz des Zeichens. Daraufhin nickte Fabian, setzte das Symbol richtig ein und beschäftige sich danach anderweitig.

In der folgenden Zeit ergab sich eine Weiterentwicklung des Themas Messungen in einem neuen Projekt:

Temperaturen messen

Der Impuls zur Weiterführung des Projektes in Richtung Messung von Temperaturen wurde durch Fabian gelegt, der ein Thermometer in der Kita fand.

Fabian entdeckte das Thermometer beim Decken des Frühstückstisches im Kühlschrank und fragte mich, wozu es dort läge. Ich erklärte ihm, dass man anhand des Thermometers die Temperatur (Kälte/ Wärme) im Kühlschrank messen könne.

Kennen lernen verschiedener Thermometer

Den Zahlendetektiven erzählte ich von Fabians Entdeckung und stellte anschließend die Frage, wozu man ein Thermometer braucht. Die Detektive wussten, dass damit die Wärme und Kälte gemessen wird. Danach trugen wir unser Wissen über verschiedene Thermometer zusammen.

Die Kinder nannten folgende Arten und ihren Zweck:

– Fieberthermometer – um die Körpertemperatur zu messen und so zu

sehen, ob man krank ist.

– Außenthermometer – damit man nicht „falsch“ gekleidet rausgeht

und dann krank wird.

– Badethermometer – damit das Badewasser für das Baby die richtige

Temperatur hat „und das Baby nicht zu Eis erstarrt“.

– Kühlschrankthermometer – damit es im Kühl- oder Gefrierschrank

nicht zu warm ist oder Lebensmittel

einfrieren.

Umgang mit dem Körperthermometer

Die verschiedenen Thermometer (Außen-, Körper-, Bade- und Kühlschrankthermometer) wurden von den Detektiven verglichen (verschiedene Skalen, digital und mit Flüssigkeiten) und den Einsatzgebieten zugeordnet.

Gemeinsam wurden die Messstellen für die Nutzung des Körperthermometers zusammengetragen: Mund, Po, unter den Muskeln (Achsel).

Die Detektive maßen gegenseitig ihre Temperaturen im Mund und unter der Achsel und schrieben die Messwerte auf. Danach verglichen sie sie mit der Fiebertemperatur und stellten fest: „Keiner ist krank.“

Messen der Badewassertemperatur

Nach dem Betrachten des Badethermometers entschieden sich die Detektive dafür, die Wassertemperatur für Babys sowie ihre eigene Badetemperatur in einer gefüllten Waschschüssel durch das Mischen von heißem mit kaltem Wasser zu erreichen.

 

In einigen Fällen wurde die angezeigte Temperatur des Badethermometers mit der des hinzu genommenen Körperthermometers verglichen. Die Ergebnisse trugen die Detektive in eine von ihnen selbst angefertigte Skizze ein.

Kontrolle der Kühlschranktemperatur

Um die richtige Temperatur für den Kühlschrank zu erfahren, fragte Astrid bei unserer hauswirtschaftlichen Kraft (Expertin) nach. Von ihr erfuhr sie außerdem, dass das Küchenpersonal die Temperatur des Kühl- und Gefrierschrankes täglich kontrollieren muss.

 

Daraufhin legte Astrid für die Temperaturkontrolle des Gruppenkühlschranks eine Tabelle an. Bei der Zubereitung des Mittagessens half sie, die Temperaturen der gekochten Speisen mit Hilfe eines Fleischmessers zu ermitteln.

Nutzung des Außenthermometers

Um das hölzerne Außenthermometer vor Wettereinflüssen zu schützen, wurden zunächst Skizzen angefertigt, nach denen dann ein Schutzkasten gebaut wurde.

Die Detektive überlegten, dass sie anhand von Temperaturen aufzeigen wollten, welche Kleidung für die Wetterlage geeignet wäre, ohne dass die Erwachsenen etwas sagen müssten.

So wurden die Temperaturen vom wettergeschützten Außenthermometer abgelesen, die Wetterlage aufgemalt und durch eine Zeichnung die geeignete Kleidung dargestellt. Einige Detektive schrieben die Namen der Kleidungsstücke auch unter die Zeichnungen. Jeweils zwei Detektive unterstützten sich bei den täglichen Aufzeichnungen.

Den übrigen Kindern der Gruppe wurde das System ausführlich erklärt.

Reflektion

Das Projekt zeichnete sich durch Intensität in den Kleingruppen aus, in denen Ideen ausgetauscht und Beziehungen aufgebaut wurden.

So fand Tim, der Neuzugang aus der Katzengruppe, nach anfänglichem Desinteresse so sehr Spaß daran, sich an dem Projekt zu beteiligen, dass er andere Kinder motivierte („Komm Astrid, Kühlschrank messen.“) Sein Ehrgeiz, zum Beispiel beim Bau des Wetterschutzes für das Außenthermometer („Wenn wir weitermachen, dann staunen die anderen“) und der Ausspruch beim Erreichen der Badewassertemperatur („Wir sind die Bademeister“) zeigten, dass er sich der Gruppe zugehörig fühlte.

Im Projekt wurden verschiedene Fähigkeiten der Detektive angesprochen, vom Experimentieren, Skizzieren, Konstruieren, über das handwerkliche Geschick bis hin zum bildlichen und schriftlichen Dokumentieren. So fand jeder Detektiv sein Gebiet, wo er seine Fähigkeiten einsetzen konnte.

Georg zeigte sich als Konstrukteur, nach dessen Skizze der Wetterschutz für das Außenthermometer gebaut wurde. Seine Ideen beim Bau wurden von den anderen Detektiven in die Tat umgesetzt. Der Ausspruch beim Zusammenschrauben des Wetterschutzes

– „Mein Traum wird wahr. Ich hab davon geträumt“ –

zeigt meiner Meinung nach, wie wichtig ihm das Vorhaben war. Sein handwerkliches und physikalisches Denken zeigte sich auch, als die Detektive die Holzteile nach dem Zuschneiden mit Schmirgelpapier glatt schliffen und bemerkten, dass die Hände warm wurden. Sein Kommentar: „Das kommt durch die Reibung.“

Einige Zahlendetektive zeichneten sich durch Ausdauer und Verlässlichkeit aus. Tim und Klaus, die sich den Detektiven spontan anschlossen, schraubten und strichen an dem Wetterschutz weiter, während sich die anderen Kinder anderen Dingen zuwandten.

Klaus konnte mit großer Begeisterung Interessierten das Projekt und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse näher bringen.

Astrid, die bei dem Gespräch über die Bedeutung des Kühlschrankthermometers darauf hinwies, dass man geschmolzene Lebensmittel nicht mehr essen dürfe, übernahm gewissenhaft die Kontrolle des Gruppenkühlschranks.

Carl, der lange Zeit gefehlt hatte, schaute sichtlich enttäuscht beim Bau des Wetterschutzes zu und sagte: „Ich hab das nicht gebaut, weil ich krank war.“ Beim Austarieren der Wassertemperatur für das Babybadewasser behielt er das Thermometer genau im Auge und gab den anderen Detektiven Anweisungen, ob kaltes oder warmes Wasser zugeführt werden sollte. Seine Fähigkeit, Buchstaben zu schreiben, nahmen die Detektive in Anspruch. Dabei zeigte sich, dass er lieber Wörter schrieb, die ihm buchstabiert wurden, als dass er sie abschrieb.

Fabian führte die Zahlendetektive weiter an und wollte alles alleine durchführen. Die Konkurrenz zu Carl, die weiterhin besteht, zeigte sich zum Beispiel, als Fabian ein „W“ schreiben wollte. Ich machte ihm den Vorschlag, Carl um Hilfe zu bitten. Dieser schrieb es ihm in die Luft. Daraufhin sagte Fabian beim Schreiben des „W“: „Ich konnte das gar nicht sehen. Er hat das ganz schnell gemacht.“

Fabian konnte die Skala eines Thermometers lesen und wusste, dass große Zahlen eine größere Temperatur bedeuten („Ich mach das Wasser ganz heiß, bis 50.“). Er wusste, ob er kaltes oder heißes Wasser zum Erreichen der gewünschten Temperatur hinzufügen musste. Er errechnete mit mir zusammen, mit Hilfe unserer Finger, den Unterschied zwischen der Wassertemperatur für Babys (36 Grad) und der Wassertemperatur (42 Grad), die er erzeugt hatte. Er schaute interessiert zu, zählte mit und nickte zustimmend. Dieses System wandte er später, nach wiederholter Erklärung, beim Kartenspiel an.

Als Fabian mit dem digitalen Thermometer die Körpertemperatur bei einem Kind maß, fragte ich ihn, ob es schon gepiepst hätte. Ich hatte Schwierigkeiten das Geräusch zu hören. Daraufhin entgegnete er: „Das Piepen können wir Kleinen besser hören, weil wir näher dran sind.“

Fabian begann Wörter nicht nur mit Hilfe des Buchstabierens, sondern auch nach eigenem Gehör aufzuschreiben (zum Beispiel Regn, Regnpogn, B Papa.) Er war stolz darauf und erzählte meiner Kollegin, welche Wörter er allein geschrieben hatte.

Dass die Aktionen der Zahlendetektive für Fabian eine Herausforderung darstellten, erkannte ich an seiner Äußerung, an der er aber nicht festhielt: „Ich will kein Zahlendetektiv mehr sein. Es ist so anstrengend, ich schwitz dann immer so.“

Jean konnte Fabian beim Aufschreiben von Wörtern unterstützen, da er einzelne Laute der Wörter heraushörte (wenn auch nicht fehlerfrei) und diese dann weitergab. Jean hatte großes Interesse an Buchstaben und möchte nach Angaben der Mutter zu Hause Wörter buchstabiert bekommen. Zurzeit hat er noch große Schwierigkeiten, die Buchstaben zu schreiben.

Während des Projektes konnte ich beobachten, wie ernsthaft und gewissenhaft die Detektive bei der Sache waren. Zum Beispiel wurden Wassertemperaturen aufs Grad genau austariert und Ungenauigkeiten in Dokumentationen korrigiert.

Durch die Kleingruppen von zwei oder mehr Kindern, entstand ein intensiver Kontakt, der durch gemeinsames Forschen (Experimentieren mit Wasser) und gemeinsames Dokumentieren geprägt war. Die unterschiedlichen Fähigkeiten der Detektive wurden gegenseitig geschätzt und anerkannt und neue Erkenntnisse stolz an die Gruppe weitergegeben.

In der Phase des Experimentierens mit Wasser war ersichtlich, dass Fabian und Carl von Beginn an die Wassertemperatur nach Wunsch regulieren konnten. Georg und Tim dagegen erlangten diese Fähigkeit erst nach einigen Versuchen.

Im Laufe des Projekts konnte ich beobachten, dass sich einige Detektive aus Kleingruppenaktivitäten herauszogen und sich später wieder beteiligten.

Eine Aussage während des Projekts zeigte mir, dass ich mit meiner Zielsetzung, die Kinder zum selbstständigen Tun zu erziehen, auch das Bedürfnis der Kinder ansprach. Als ich mit den Kindern über den Nutzen des Außenthermometers sprach, sagte Georg:

„Dann müssen die Erwachsenen nicht mehr sagen, was wir anziehen müssen. Genauso wie bei der neuen Uhr – da müsst ihr auch nicht mehr sagen, wann wir aufräumen müssen.“

Jean stellte fest: „Ich darf nicht anziehen was ich will, Mama sagt was ich anziehen soll. Ich habe keinen Plan zu Hause“ (bezogen auf unsere bildliche Darstellung von Temperaturen und geeigneter Kleidung.)

Die Zahlendetektive messen die Zeit

Der Impuls zur Weiterarbeit der Zahlendetektive, jetzt zum Thema Zeit, wurde von Carl gelegt, der wütend war, als er nicht mehr genug Zeit für eine Beschäftigung hatte.

Carl bekam einen Wutanfall, als er merkte, dass er durch eine vorangegangene Beschäftigung nicht mehr genug Zeit hatte, um eine von ihm geplante Aktion durchzuführen. Ich schlug ihm vor, von diesem Erlebnis im Kreis der Zahlendetektive zu berichten.

Die Zahlendetektive gehen der Frage nach, wie wichtig es ist, die Uhrzeit ablesen zu können

Mit meiner Hilfe stellte Carl sein Erlebnis dar. Daraus ergab sich die Erkenntnis, dass es wichtig ist, die Uhrzeit ablesen zu können. Die Detektive trugen von sich aus Situationen zusammen, bei denen das Zuspätkommen negative Folgen hat:

  • Wenn man zu spät oder zu früh zum Geschäft kommt, kann man nichts mehr kaufen.
  • Wenn ein Bauarbeiter zu spät zur Arbeit kommt, dann ist er gefeuert. – Dann suchen die einen anderen.
  • Wenn der Bürgermeister zu spät kommt, dann ist er kein Bürgermeister mehr, dann wird ein anderer gewählt.
  • Wenn ich zu spät zu meiner Freundin komme, (die heißt Nicole) dann sagt die: „Ich mag `nen andern.“
  • Wenn ich zu spät nach Hause komme, dann sind meine Eltern sauer. Ich hatte es ja versprochen.
  • Wenn man zu spät zur Schule kommt, dann muss man ganz hinten sitzen.
  • Wenn man zu spät zur Schule kommt, kriegt man schlechte Noten.
  • Wenn man zu spät zur Party kommt, ist die Party aus.

Danach zählten die Detektive verschiedene Uhren auf, die sie kannten:

Taschenuhr, russische Uhr, Armbanduhr, Uhr mit und ohne Zeiger, Kettenuhr, Kompassuhr, Scherzuhr, Wanduhr, Stoppuhr, Uhrspiel und französische Uhr.

Nach der Aufzählung gab Fabian den Gedanken in die Runde, dass eine Uhr auch eingestellt werden muss:

„Vielleicht hat man noch Winterzeit und jetzt ist Sommerzeit und dann kommt man zu spät.“

Vergleichen von verschiedenen Uhren

Die Detektive brachten verschiedene Armbanduhren von zu Hause mit und verglichen sie. Sie erkannten Gemeinsamkeiten (Zeiger, Zahlen), aber auch Unterschiede im Design, in der Anzahl der Zeiger und in den Uhrwerksgeräuschen.

Eine von mir mitgebrachte alte Taschenuhr zog die Aufmerksamkeit auf sich. Georg: „Die habe ich im Fernsehen gesehen, in einem Film von der alten Zeit.“

Fabian entdeckte die römischen Zahlen auf dem Zifferblatt und sagte:

„Da sind nur Striche drauf.“

Ich erklärte, dass dies römische Zahlen sind und wir aber heutzutage arabische Zahlen schreiben. Fabian entgegnete: „Hatten die Römer die?“

Die Zahlendetektive zeigten großes Interesse an der Handhabung der Taschenuhr, zum Beispiel beim Einstellen der Uhrzeit, beim Aufziehen des Uhrwerks und beim Tragen der Uhr.

Ich erzählte, dass es früher die Taschenuhren gab. Diese wurden später von der Armbanduhr verdrängt. Gemeinsam überlegten wir, welche Vorteile die Armbanduhr gegenüber der Taschenuhr hat. Wir veranstalteten einen Wettkampf, um herauszufinden, bei welcher Uhr die Zeit am schnellsten ablesbar ist.

Wir stellten bei mehreren Uhren die gleiche Uhrzeit ein und warteten eine Viertelstunde. Die Detektive entdeckten, dass wieder alle Uhren die gleiche Uhrzeit anzeigten. Die Kinder kamen zu der Erkenntnis, dass wenn alle Uhren die gleiche Zeit anzeigten, alle Menschen Bescheid wüssten und so Verabredungen eingehalten werden könnten. Handgreifliche Auseinandersetzungen, aus zeitlichen Missverständnissen heraus, würden so vermieden.

Gemeinsam überlegten wir, dass durch das Herumspielen an der Krone der Uhr oder durch eine verbrauchte Batterie unterschiedliche Uhrzeiten angezeigt werden können. Jedoch durch die Kirchenglocken, den Anrufbeantworter und die Nachrichten könne man die richtige Uhrzeit erfahren, meinten die Detektive.

Zusammensetzen von Uhr-Bausätzen

Beim Stöbern in unserer Kita fand ich Bausätze für Uhren (von der Firma BELEDUC Lernspielwaren).

Die Detektive setzten die Uhren selbständig mit Hilfe der Bauanleitung, mit gegenseitiger Unterstützung und meinen gelegentlichen Anmerkungen zusammen.

Uhrzeiten ablesen lernen

Anhand der Uhr aus der Gruppe und den Bausatz-Uhren beschäftigen sich die Zahlendetektive mit der vollen und der halben Stunde. Die Kenntnisse einiger Kinder, die schon die Uhrzeit ablesen konnten, flossen in den Lernprozess mit ein. Besonderen Anreiz schaffte das Stellen von Einzelaufgaben, bei denen das Ergebnis der Gruppe vorgestellt wurde.

Uhrzeiten, zu denen bestimmte Aktionen im Tagesverlauf stattfinden

Gemeinsam überlegten die Detektive, welche Aktionen im Kindergarten-Tagesablauf von besonderer Bedeutung seien:

  • Start in der Bärengruppe,
  • Morgenkreis,
  • Frühstückstisch abräumen,
  • Schlusskreis
  • Nachmittagsturngruppe.

Diese Aktionen wurden den entsprechenden Uhrzeiten zugeordnet. Mit Hilfe von Lineal und Zirkel zeichneten die Detektive Uhren auf und malten und schrieben die jeweiligen Aktionen dazu.

Der gesamten Gruppe wurde das Plakat vorgestellt und der ableitbare Nutzen erklärt.

Wettlauf, bei dem gegen die Uhr gelaufen wurde

Aus dem Gedanken heraus, Tätigkeiten mit der Stoppuhr zu messen, entstand die Veranstaltung eines Wettlaufs. Hierbei wurde von den Detektiven von der Festlegung der Start- und Ziellinie, über die Organisation der Zeitmessung und das Festhalten der gelaufenen Zeiten (mit kleinen Impulsen meinerseits) alles selbstständig erarbeitet.

Beschäftigung mit römischen Zahlen

Einige Detektive zeigten großes Interesse an römischen Zahlen. Ich erklärte sie ihnen so, wie mein Lehrer mir das Lesen und Schreiben der römischen Zahlen beigebracht hatte. Besonders großen Spaß hatten die Kinder bei der Veranstaltung eines Quiz, bei dem arabische und römische Zahlen erfragt wurden.

Herstellen einer Kerzenuhr

Nach einer Anleitung aus dem Buch über die Zeit (Näheres zu dem Buch am Ende des Beitrags) bauten einige Detektive auf eigenen Wunsch Kerzenuhren, die in der Gesamtgruppe auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet wurden. Hierbei wurde diese Kerzenuhr mit Hilfe einer Stoppuhr geeicht.

Besuch des Uhrenmuseums in Wuppertal

Nachdem wir gemeinsam die Kosten für den Ausflug errechnet hatten, fuhren wir ins Uhrenmuseum (das die Firma Abeler betrieb). Durch die – auf die Detektive abgestimmte – Führung, erfuhren wir unter anderem Interessantes über die ägyptische Auslaufuhr, die Sanduhr und die Zahnraduhr. Einige ausgestellte Uhrentypen waren den Kindern durch Bücher schon bekannt und so ergab sich eine Gesprächsbasis unter Experten.

Konstruieren einer Feueruhr

Drei Detektive konstruierten nach einer leider ungenauen kurzen Beschreibung gemeinsam eine Feueruhr (aus dem oben schon angeführten „Buch von der Zeit“).

Dabei wurde überlegt, welche Materialien verwendet werden sollten und aus welcher Höhe die fallende Perle das lauteste Geräusch erzeugen würde. Außerdem wurde getestet, welcher Resonanzkörper am besten für den Versuch geeignet wäre. Der Funktionstest vor der gesamten Gruppe misslang, da das heiße Wachs den Wollfaden verklebte.

Nach dem Fehlversuch konstruierten Fabian und ich eine Feueruhr, die ein schweres Gewicht hatte. Außerdem verwendeten wir ein Kunststoffband, das sich nicht mit Wachs voll saugen konnte. Dieses Band führten wir über eine stehende Toilettenrolle, damit es nicht durch das heiße Wachs verklebte.

Diese Feueruhr wurde vor der gesamten Gruppe getestet und funktionierte .

Bau einer ägyptischen Auslaufuhr

Fabian baute nach einer Anleitung, die er von zu Hause mitgebracht hatte, eine ägyptische Auslaufuhr. Durch einige Anmerkungen wurde er von mir dabei unterstützt.

Bauanleitung:

In einen 10-Liter-Eimer wird an einer Stelle an der Innenseite des Eimers ein Stück Tesakrepp geklebt, und zwar vom Rand bis zum Boden. Hier soll später die Skala angezeichnet werden.

In die Seitenwand des Eimers wird ziemlich weit unten ein kleines Loch gepiekst, durch das Wasser auslaufen kann. Achtung, zuerst nur ein kleines Loch bohren, vergrößern kann man es immer noch, wenn nötig. Der Eimer wird auf einen kleinen Tisch gestellt. Daneben auf den Boden kommt ein gleich großer Eimer, in den das Wasser hinein fließen kann. Nun den oberen Eimer mit Wasser füllen und beobachten, wie schnell das Wasser ausfließt. Jeweils nach einer bestimmten, mit einer anderen Uhr gemessenen Zeitspanne einen Strich auf das Kreppband malen.

Wenn man den Eimer nun wieder neu füllt, kann man am Kreppband ablesen, wie viel Zeit vergangen ist.

Siehe auch: Projekt Zeit .

Reflektion

In der Anfangsphase des Projektes war eine uneingeschränkte Intensität und Begeisterungsfähigkeit zu spüren. Die Detektive fragten nach jeder Einheit nach, wann die nächste stattfinden würde.

Bei der Veranstaltung des Wettlaufes gegen die Stoppuhr fiel mir auf, dass die Interessen auseinander gingen. So entschloss ich mich, bei der weiteren Planung den Detektiven die Möglichkeit zu geben, sich für Aktionen je nach Interesse eintragen zu können (was sie mit Stolz taten). Ich erklärte, dass ich diese Entscheidungen ernst nahm und nur die Kinder, die sich eingetragen hatten, auch an den Aktionen teilnehmen würden.

Die Detektive überprüften durch Nachfragen meine Aussage auf ihre Gültigkeit. Wenn ich diese bestätigte, lächelten sie. Andererseits hatte dies auch Gültigkeit für die Kinder. Fabian, zum Beispiel, beobachtete nachdenklich die Tauglichkeitsprüfung der Kerzenuhr (bei der er nicht mitgewirkt hatte) und sagte zu mir:

„Ich habe mich ja nicht eingetragen.“

Der Vorteil dieses Systems war, dass auch nur die Detektive, die wirklich Interesse hatten, an der Einheit teilnahmen und nicht später aus Desinteresse die Gruppe verließen. Die Atmosphäre in diesen Teilgruppen war geprägt von großer Einsatzbereitschaft, Freude und Intensität.
Dies fiel mir bei der Aktion des Schreibens von römischen Zahlen besonders auf. Astrid, Jean, Fabian und Klaus hatten großen Spaß daran, das System der römischen Zahlen zu erkunden, und bejubelten meinen Vorschlag, ein Quiz zu veranstalten.

Dazu schrieb ich arabische und römische Zahlen auf, und die „Kandidaten“ sollten das Ergebnis in der jeweils anderen Schreibweise niederschreiben.

Obwohl die Kinder auch auf individuellen Einzelaufgaben bestanden, war keine Konkurrenz zu spüren. Sie waren stolz, wenn sie ihre Aufgabe gelöst hatten. Astrid sagte:

„Ich habe die Sieben gewusst, ohne (aufs Arbeitsblatt) zu gucken.“

Für die letzte Gemeinschaftsaufgabe schrieb ich die Zahl 13 auf, obwohl wir die römischen Zahlen nur bis zur 10 aufgeschrieben hatten. Astrid und Jean lösten gemeinsam diese Aufgabe, wobei Jean die Zahl erkannte, sie aber von Astrid in arabischen Ziffern aufschreiben ließ, weil er dies nach eigener Aussage noch nicht so gut konnte.

Während des Museumsbesuches erkannten die Detektive die römischen Zahlen wieder und erklärten stolz, dass sie diese kennen würden. Sie konnten sie jedoch noch nicht ohne Fehler lesen. Bei Astrid hinterließen die römischen Zahlen einen bleibenden Eindruck, so dass sie die sogar auf ihre Kerzenuhr schrieb.

Einen besonderen Stellenwert nahm aus meiner Sicht auch die Organisation des Wettlaufes gegen die Stoppuhr ein. Bis auf einige Denkanstöße ließ ich die Detektive selber walten. Schon das Festlegen der Ziellinie erforderte genaue Beobachtung, Überlegung sowie Überprüfung in der Praxis. Das Abstecken der Laufbahn und die Verständigung der beiden Zeitnehmer (zuerst verbal, dann durch Handzeichen) am Start und am Ziel, musste abgesprochen werden. Dabei merkte Carl, dass er als Zeitnehmer am Start gar nicht sehen konnte, wenn der Läufer am Ziel angelangt war. Danach wollte er nur noch am Ziel die richtige Zeit stoppen. Für das Festhalten der gelaufenen Zeiten war Klaus zuständig, der gewissenhaft und stolz die Daten niederschrieb. Fabian war derjenige, der den Lauf organisierte, über die Position der Ziellinie intensiv nachdachte, die Zeitmessung organisierte und die Datendokumentation überprüfte. Die anderen Detektive hatten nur kurze Zeit Interesse und hauptsächlich Spaß am Wettlauf.

Als es dann allerdings an die Auswertung der Daten ging, konnten die Detektive meinen Erklärungen nicht mehr folgen. Sie konnten es nicht nachvollziehen, dass Derjenige mit der kleinsten Zahl, gewonnen hatte.

Die Stoppuhr kam nun auch im übrigen Gruppengeschehen, zum Beispiel beim Sport zum Einsatz. Jedoch mein Gedanke, die Zeit von gewissen Tätigkeiten zu messen, um zu sehen, ob diese noch zeitlich durchzuführen sind, wurde von den Kindern nicht aufgegriffen.

Auch die Liedeinführung zum Thema Uhr stieß bei den Detektiven nicht auf Interesse und wurde von mir daraufhin fallengelassen.

Dagegen fiel besondere Aufmerksamkeit der Detektive auf den Uhrenbausatz. Mit großer Intensität waren sie dabei, ihre Uhren zusammen zu setzen. Georg entdeckte als Erster die Bauanleitung und sagte lächelnd:

„Wir brauchen nicht alleine bauen.“

Fabian fügte hinzu:

„Ich habe eine Hilfe… Ich sag dazu Anleitung.“

Jeder Detektiv wollte die Uhr zunächst alleine zusammensetzen und keine Hilfe in Anspruch nehmen. Während der Bauphase herrschte eine intensive Kommunikation, die später auch in praktische Hilfe überging. Konkurrenzverhalten war nicht zu beobachten, sogar beim Aufräumen halfen sich die Detektive einander. Carl, der als Erster seine Uhr zusammengebaut hatte (und sich oft bei anderen Aktionen zurückzog), half anderen Kindern, nachdem ich ihm den Vorschlag gemacht hatte.

Während des gesamten Projektes war die Gruppe homogen. Jedem wurde geholfen und die Zeit gelassen, die er brauchte. Auch als durch die Interessensberücksichtigung Kleingruppen entstanden, war kein Neid zu spüren. Das Interesse an den Ergebnissen der anderen konnte ich dagegen immer wieder beobachten.

Auch andere Kinder aus der Gruppe waren zeitweise zu Gast bei den Detektiven. Jenny zeigte beständiges Interesse und wurde einstimmig und freundlich aufgenommen.

Durch die verschiedenen Anforderungen, die das Projekt stellte – vom Experimentieren, Konstruieren, Organisieren, Dokumentieren in bildlicher und schriftlicher Form, handwerklichen Arbeiten bis hin zum kognitiven Umsetzen – wurden die verschiedenen Fähigkeiten aller Detektive angesprochen. Mir fiel auf, dass die Fähigkeiten der Detektive untereinander anerkannt und genutzt wurden.

Georg fiel durch sein schnelles Erfassen von Anleitungen auf, zum Beispiel für den Uhrenbausatz und für die Kerzenuhr. Seine Erklärungen waren geprägt vom fachlichen Überblick über die Zusammenhänge. Seine konstruktive Ader zeigte er auch beim selbstständigen Bau einer Sanduhr aus zwei Plastiküberraschungseiern oder beim Konstruieren eines Zirkels aus einem Lineal und einem Bleistift. Wie wichtig für Georg seine Ideen sind, zeigte sich meiner Meinung nach in seiner Aussage:

„Meine Erfindungen brauche ich nicht alle im Kopf zu behalten, ich schreibe sie in mein Tagebuch, und wenn ich groß bin, kann ich meine Erfindungen angucken.“

Tim, der mittlerweile als Detektiv vollständig integriert ist, verblüffte die anderen, als er beim Zusammenrechnen der Ausflugsauslagen das Ergebnis als Erster sagen konnte. Seine Methode, zuerst eine Teilsumme zu errechnen und diese dann mit der weiteren Zahl zu addieren (2 + 2 + 1 = 5 + 5 = 10), fand schnell Fabian als begeisterten Nachahmer.

Astrid, genauso wie Klaus, zeichneten sich durch große Hilfsbereitschaft und Geduld aus. Beide hatten Interesse an allen Aktionen der Zahlendetektive und dokumentierten diese gewissenhaft.

Astrid schrieb mit Jean zusammen in mühevoller Kleinarbeit (Buchstabe für Buchstabe) und mit großem Interesse die Aktionen im Tagesablauf auf das Plakat. Bei der Beschäftigung mit römischen Zahlen liefen Jean und Astrid zur Höchstform auf und verließen anschließend den Raum mit vor Aufregung roten Wangen.

Jean, der Jüngste der Gruppe, nahm ebenfalls an allen Aktionen teil. Seine jetzt immer häufiger werdenden Äußerungen waren geprägt von genauen Überlegungen.

Carl ging auch in diesem Projekt seine eigenen Wege und löste sich öfter von der Gruppe. Es war jedoch zu beobachten, wie er mit Interesse die Ergebnisse der Teilgruppen beobachtete und großen Wert darauf legte, ein Zahlendetektiv zu sein. Seine Fähigkeiten beim Zusammenbau der Uhrenbausätze verblüfften mich, genau wie seine Bereitschaft, sein Wissen an andere Detektive weiter zu geben. Die selbstgebaute Uhr begeisterte ihn so sehr, dass ich ihn dabei beobachten konnte, wie er mit anderen Detektiven im Freispiel die morgendliche Aufwachsituation etwa eine Dreiviertelstunde lang nachspielte. Erfreulich war auch, dass er seine Aufgabe als Zeitnehmer beim Wettlauf mit Ausdauer wahrnahm.

Jenny, die neu in die Gruppe aufgenommen wurde, war begeistert bei der Sache und zeigte besondere Ausdauer bei der Beobachtung der Kerzenuhr.

Fabian, der auch diesmal die Gruppe der Zahlendetektive durch seine Einfälle und Gedanken anführte, wurde durch die Organisation des Wettlaufes herausgefordert. Einer weiteren großen Herausforderung stellte er sich, als ich ihn als Einzigen überreden konnte, doch die Feueruhr mit mir gemeinsam zu überarbeiten.

Unsere Zusammenarbeit war geprägt vom Ideenaustausch, Spaß und gegenseitiger Anerkennung. Für die Wahl des richtigen Gewichtes an der Feueruhr entwickelte Fabian zum Beispiel von sich aus eine Waage, bei der er zwei unterschiedlich schwere Metallteile mit einer Schnur verband. Diese legte er über einen festliegenden Besenstiel und stellte so fest, welches Teil das Schwerere war. Als der zweite Versuch mit der Feueruhr erfolgreich beendet wurde, waren wir beide stolz. Kurz nach diesem Versuch brachte Fabian eine Kopie für den Bau einer Auslaufuhr aus einem Buch seiner Mutter mit. Nur mit wenigen Anmerkungen meinerseits baute er selbstständig die Uhr nach.

Das Projekt der Zahlendetektive hat auch mich begeistert.

Die Zusammenarbeit zeigte mir, wie begeistert und ernsthaft die Detektive bei der Sache waren. Teilweise dauerten Aktionen über eine Stunde. Es wurden Aspekte genannt, wie zum Beispiel die Gedanken zur Verspätung, die ich nicht erwartet hätte. Auch meine Fähigkeiten des Konstruierens wurden beim erneuten Bau der Feueruhr herausgefordert. Der erfolgreiche Abschluss erfüllte auch mich mit ein wenig Stolz.

Der Gedanke, den ich zuerst mit dem Projekt Zeit verbunden hatte, nämlich das Erlernen der Uhrzeiten, nahm relativ wenig Raum ein.

Den Detektiven reichte es wohl aus, die vollen und halben Stunden ablesen zu können. Es war für sie wichtiger, die römischen Zahlen kennen zu lernen, die Uhren zusammen zu bauen oder sich mit anderen Arten von Uhren zu beschäftigen.

 

Literatur:

Gisela Walter, Jutta Knipping:
Das Buch von der Zeit: Kinder erleben und lernen spielerisch alles über die Zeit. Ökotopia-Verlag.

Beschreibung siehe unter:

Bilderbücher, Sachbücher und Geschichten

 

 

Datum der Veröffentlichung: April 2011
Copyright © Hanna Vock 2011, siehe Impressum .