von Sonja Marquardt

 

Von meinen Kolleginnen habe ich erfahren, dass mein Beobachtungskind (im IHVO-Zertifikatskurs) Sarah gerne ein neues Projekt mit mir machen möchte.

Das vorherige Projekt hieß:
Die Schmetterlings-AG.

Später durchgeführte Projekte mit Sarah: Wörter-AG und Zeitungs-AG.

Durch einen Gruppenwechsel konnte ich Sarah nur wenig sehen. In diesen kurzen Momenten beobachtete ich, dass sie alleine spielt oder Auseinandersetzungen mit anderen Kindern und auch mit den Erwachsenen hat. Um den aktuellen Stand von Sarah in der Gruppe und ihr Befinden besser beurteilen zu können, werde ich eine Gruppenerzieherin mit einbeziehen, auch habe ich vor, noch einmal mit Sarah den Kinder-Fragebogen zur Kommunikation zu bearbeiten.

Weil momentan ein Engpass in unserem Kindergarten herrscht, ist es sehr schwierig, die nötige Zeit für das Projekt zu finden.
So haben wir zunächst nur zwei Termine ausfindig machen können, den 09. und 10. Dezember. Ich habe dann voraussichtlich Zeit von 10.30 Uhr bis 11.30. Uhr.

Aktuelle Situation des Kindes

Mir wurde berichtet, dass Sarah zurzeit nur zu Anne guten Kontakt hat. Mit den anderen Kindern hat sie nur wenig Kontakt. Sie will dann oft ihre Interessen und Ideen durchsetzen; gelingt das nicht, entsteht ein Konflikt (oft verbal, selten körperlich) oder sie spielt alleine.

Ähnlich ist auch die Bindung zu Anne. Sarah sucht zwar oft den Kontakt. Wenn Anne aber nicht Sarahs Ideen folgt oder anderer Meinung ist, wird sie von Sarah verlassen. Weiter wird mir beschrieben, dass Sarah oft ungerecht zu Anne ist. Anne ist sehr freundlich und hilfsbereit ihr gegenüber, aber andersherum ist dieses selten der Fall. Zum Beispiel hält Anne Sarah oft einen Platz im Kreis frei, aber wenn Anne mal Sarah darum bittet, macht Sarah es nicht und sagt es Anne auch direkt.
Es wird auch beobachtet, dass sich Sarah neuerdings noch stärker von der Gruppe distanziert. Es wird berichtet, dass sie sich oft zurückzieht, manchmal mit Anne zusammen, aber manchmal auch alleine. Sie spielt dann alleine im Wald in einem Versteck – und wenn wir „binnen“ sind, gern am Computer.
(Siehe unser Kita-Konzept: Buten und Binnen; buten=draußen, binnen=drinnen.)

Sarah ist nun 5 Jahre alt, macht weiterhin gerne bei Arbeitsgemeinschaften mit, die eher für Schulkinder ausgearbeitet wurden. Sie zeigt auch stark ihren eigenen Willen und will, sowohl in Kreissituationen als auch in Angeboten, ihre Ideen durchsetzen. Wenn ihr etwas nicht gefällt, es sie nicht interessiert oder ihr unangenehm ist, reagiert sie weiterhin mit Verweigerung.

Seit der Schmetterlings-AG hat sich die Freundschaft zwischen Anne und Sarah zwar gefestigt, ist aber nicht gleichberechtigt.

Anmerkung der Kursleitung:
Hast du eine Idee, warum sich das gute Sozialverhalten, das Sarah schließlich in Schmetterlings-AG zeigte, sich nicht gehalten hat?

 

…kurz gefasst…

Eine Kindergarten-Arbeitsgruppe aus fünf Mädchen geht der Frage nach, wie denn die Berge entstanden sind. Aufgeworfen wurde diese kluge Frage von der fünfjährigen Sarah; sie übernimmt auch eine wichtige Rolle in der AG, was ihr sehr gefällt.

Die Kinder erarbeiten sich viel Wissen und machen unter Anleitung der Autorin wichtige Erfahrungen in der geistigen Zusammenarbeit. Dies hat wiederum positive Auswirkungen auf Sarahs soziale Kompetenzen.

Sarah hat im Sommer mit ihren Eltern das Klimahaus besucht. Sie hatte schon während der Themen-Findungsphase der Schmetterlings-AG vorgeschlagen, das Klimahaus vom Kindergarten aus zu besuchen. Das konnte aber von mir leider nicht realisiert werden.

Sie erzählt oft davon und hat meinen Kolleginnen auch schon berichtet, dass sie mit mir ein Klimahaus-Projekt machen möchte. Sie zeigt weiterhin starkes Interesse an der Natur und aktuell auch an Märchen.

Kinder-Fragebogen zur Kommunikation

Als ich mit Sarah noch einmal den Kinder-Fragebogen zur Kommunikation durchging, stellte ich fest, dass seit dem letzten Mal (vor einem halben Jahr) viele Punkte gleich geblieben waren. So berichtet Sarah weiterhin, sie fühle, dass die Anderen ihr nicht gerne zuhören und sie auch nicht verstehen.
Gefreut hat mich, dass sie denkt, die anderen Kinder mögen sie  und sie mag auch die Kinder. Ich möchte mit dem neuen Projekt daran anküpfen und sie wieder in eine Führungsrolle bringen, so dass die Kinder ihr zuhören und sie auch verstehen.

Um noch mehr über Sarah zu erfahren, bin ich mit ihr auch den Interessen-Fragebogen durchgegangen. Dabei bestätigte sie, dass sie Anne sehr gerne mag und sich als ihre Freundin betrachtet.

Sarah hat hier berichtet, dass sie ein Tagebuch bekommen hat, aber noch nicht schreiben kann. Sie erklärt mir, dass sie es sich gerade versucht abzugucken, wie man schreibt. Dieser Punkt wäre auch ein Projekt wert.

(Das passierte dann auch. Siehe: Wörter-AG.)
Auf die Frage, worauf sie stolz ist, antwortet sie: „auf meine Schwester“. Bei den Fragen, was sie gerne mag und was nicht, hat sie fast alle Punkte unter demjenigen Smiley angekreuzt, der bedeutet: Das mache ich gern. Also macht sie fast alles gern und fügt hinzu, dass sie Backen und Kochen nicht zu lernen braucht, da sie es schon kann.

Ich denke, die intensive Zeit, die Sarah und ich mit den Fragebögen verbracht haben, war sehr förderlich für mein kommendes Projekt. Wir haben unser Vertrauensverhältnis noch vertieft.

Anmerkung der Kursleitung:
Du gehst sehr gründlich an das neue Projekt heran, indem Du Dich erneut über Sarahs Interessen vergewisserst. 

Themenfindung

Ich habe mich mit Sarah im Wald im Bauwagen verabredet. Wir setzen uns gemütlich zusammen und ich berichte ihr, dass ich gerne noch ein Projekt mit ihr machen möchte. Sie soll sich aber überlegen, was sie dabei gerne lernen möchte.

Daraufhin berichtet Sarah mir erst einmal ausführlich von ihrem Besuch im Klimahaus. Da ich es auch besichtigt habe, können wir uns gut austauschen.
Sie berichtet weiter, dass ihr am besten der „Gletscher in der Schweiz“ gefallen hat. Überhaupt mag sie die Schweiz wegen der Berge, erklärt sie mir. Ich versuche, das Gespräch wieder zur Themenfindung zu lenken und erinnere sie an ihren Wunsch, schreiben zu lernen.
Darauf reagiert sie mit Achselzucken und meint, da wäre sie sich nicht sicher, ob sie das nun möchte. Ich frage sie, ob sie sich noch etwas anderes vorstellen kann, was sie noch wissen/ lernen möchte.

Sie überlegt und fragt mich: “Wie sind eigentlich die Berge auf die Welt gekommen?“ Ich gebe zurück, dass das eine sehr gute Frage ist, und frage sie, ob sie sich vorstellen kann, das in ihrer AG herauszufinden. Sie findet die Idee gut. Nun machen wir also ein Berg-Projekt.

Planung

Dazu habe ich mich mit Sarah wieder einmal verabredet, mich mit ihr zurückgezogen und sie an unsere Berg-AG erinnert. Bevor wir damit anfangen können, müssen wir noch viel dafür planen.

Als erstes frage ich sie, ob sie sich schon Gedanken gemacht hat, welche Kinder an dieser AG teilnehmen sollen. Sie nennt mir gleich Anne. Ich finde, das ist eine gute Idee, da ich so auch die Bindung zwischen Anne und Sarah weiter fördern kann.

Danach will mir Sarah zunächst kein weiteres Kind nennen und fragt mich, welches Kind ich auswählen möchte. Bevor ich aber darauf reagieren kann, sagt sie, sie wolle auch gerne Janette dabei haben, die schon am letzten Projekt teilgenommen hat. Durch ihre soziale Art und ihre weite kognitive Entwicklung gibt Janette eine gute AG-Partnerin ab.
Dann sagt Sarah, dass sie auch gerne Marie dabei haben möchte, die ebenfalls bei der Schmetterlings-AG dabei war. Dass Sarah Kinder aus dem letzten Projekt nennt, zeigt mir, dass sie noch eine Bindung zu den Kindern hat, auch wird es ihr Sicherheit geben.
Und Sarah hat schon erfahren, dass ein Projekt mit diesen Kindern gut funktionieren kann. Diese Kinder haben sich für sie bereits „bewährt“.

Ich frage Sarah, ob ich mir auch ein Kind aussuchen kann. Sie stimmt zu und ich wähle Sofie. (Sofie war mein erstes Beobachtungskind im Zertifikatskurs.) Da sie aber unregelmäßig zum Kindergarten kam, habe ich mich im weiteren Verlauf für Sarah als Beobachtungskind entschieden. Ich denke, Sofie wird durch ihre starken kognitiven Fähigkeiten und ihre Neugier gut in die Gruppe passen.

Siehe: Sofie 4;4 Jahre alt (Beispiele für Erstbeobachtungen).

Die AG-Mitglieder

Ich freue mich, dass Sarah von sich aus Anne, Marie und Janette gewählt hat.  Mir ist es auch wichtig, dass Sofie mit dabei ist. Ich hoffe Sofie und Sarah können voneinander profitieren und sich vielleicht auch näher kommen. Beide verfügen über ähnliche Interessen und starke kognitive Fähigkeiten.
Ich werde die Kinder nicht mehr ausführlich beschreiben, da ich dieses schon im Beitrag „Schmetterlings-AG“ getan habe.
Ich werde nur Neuigkeiten oder Besonderheiten erwähnen.

Anne (5;2)
Die Beziehung zwischen Anne und Sarah hat sich seit der Schmetterlings-AG stark gefestigt. Sie verbringen viel Zeit miteinander. An Angeboten des Kindergartens nehmen sie fast ausschließlich gemeinsam teil.
Anne hat aktuell durch ihre Zweisprachigkeit einen besonderen Beliebtheitsstatus erreicht, viele möchten mit ihr spielen. Sie selbst lässt aber kaum andere Spielpartner außer Sarah zu. Anne ist durchschnittlich entwickelt und zeigt Freude am Lernen. Sie ist weiterhin sehr hilfsbereit und freundlich. Sie macht einen fröhlichen Eindruck und macht aktiv im Kindergarten mit. Sie tanzt zurzeit gerne, auch kann sie lange und konzentriert am Basteltisch arbeiten und kreative Werke entstehen lassen. Sie ist aber im Vergleich zum letzten Mal viel ruhiger und manchmal auch zurückgezogener.

Janette (6;0)
Janette ist weiterhin an vielen AGs interessiert und beteiligt sich gerne. Sie berichtet immer noch von der Schmetterlings-AG und fragt öfters nach einer neuen AG mit mir. Sie ist sehr motiviert.
Janette gehört nun zu der Schulkindergruppe, das heißt, sie wird im Sommer eingeschult. Sie nimmt an allen Aktionen dieser Gruppe sehr motiviert teil.
Janette ist allgemein überdurchschnittlich weit entwickelt. In verschiedenen Beobachtungshilfen zeigt sich weiterhin deutlich, dass sie kognitiv sehr weit entwickelt ist. Sie sucht sich selbst Herausforderungen, wie Buchstaben lernen und nähen. Sie macht immer noch aktiv in Kreisen mit, gestaltet sie zum Teil auch, ist sehr am Lernen interessiert und nimmt an vielen Arbeitsgemeinschaften teil. Sie ist sehr selbstbewusst, kann ihre eigene Meinung äußern und vertreten. Sie verwirklicht viele eigene Ideen, ist in der Gruppe sehr beliebt. Sie hat auch immer noch eine starke Beziehung zur Natur.

Marie (6;2)
Marie gehört nun auch zur Schulkindergruppe. Sie nimmt aktiv an Angeboten für diese Gruppe teil und genießt es, kognitiv herausgefordert zu werden. Der kognitive Bereich ist bei ihr sehr ausgeprägt.
Marie ist weiterhin sehr ruhig, aber nicht schüchtern. Aktuell ist sie manchmal sehr niedergeschlagen und weint oft. Ihre Mutter ist nun stärker im Berufsleben gefordert und hat momentan weniger Zeit für sie, dieses verarbeitet Marie aktuell. Ihr Sozialverhalten ist weiterhin sehr gut ausgeprägt. Sie kann viele Auseinandersetzungen schlichten und hält sich an Regeln, sie sorgt angemessen dafür, dass andere Kinder auch die Regeln beachten. Sie ist hilfsbereit und freundlich. Marie zeigt momentan im Bereich der Bewegung Auffälligkeiten. Bei längerer Belastung (Spaziergang, ein Ausdauersportspiel usw.) ist sie sehr unmotiviert und fällt und stolpert oft. Dieses wird gezielt beobachtet. Sie ist sprachlich sehr begabt und kann sich auch grammatikalisch korrekt ausdrücken.

Sofie (5;1)
Sofie soll dieses Jahr vorzeitig eingeschult werden. Für sie ist dieses klar; sie gehört auch offiziell zur Schulkindergruppe und nimmt an deren Aktionen teil. Sofies kognitive Fähigkeiten sind sehr weit entwickelt.
Sie lernt die Buchstaben, merkt sich schnell Liedertexte und Gedichte, kann sich sprachlich gut ausdrücken und zeigt eine große Neugier im Bereich der Zahlen. In den anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Fein- und Grobmotorik, ist sie altersgemäß entwickelt.
Sie hat eine starke Bindung zu einem Jungen (6;4). Diese Freundschaft besteht seit dem ersten Kindergartentag. Man sieht beide fast nur zusammen. Auch außerhalb des Kindergartens verbringen die Kinder viel Zeit miteinander. Sofie ist ein sehr ruhiges, freundliches und hilfsbereites Kind.

Gruppenzusammensetzung

Ich denke, diese Gruppe wird gut harmonieren. Die Kinder verfügen über ähnliche Interessen. Bis auf Sofie haben die Kinder auch schon im Schmetterlingsprojekt gut zusammengearbeitet.
Ich kann mir vorstellen, dass es für Sarah auch von Vorteil ist, dass alle anderen AG-Mitglieder über ein sehr gutes Sozialverhalten verfügen. Sie sind sehr hilfsbereit, verzeihen auch mal und sind angemessen freundlich. Gut ist auch, dass sich Janette, Marie und Sofie trotz ihrer Freundlichkeit durchsetzen können. Wenn es nötig sein wird, sind sie in der Lage, sich gegen Sarah zu behaupten.

Ich freue mich auch, dass ich die Freundschaft zwischen Anne und Sarah weiter fördern kann. Allerdings bestimmt Sarah stark über Anne. Anne befolgt oft Sarahs Anweisungen, auch wenn sie damit eigentlich nicht einverstanden ist. Das werde ich während des Projektes gut im Auge behalten und eingreifen, wenn es nötig ist.

Allgemeine Ziele des Projektes

Bei einem ersten Treffen der Projektgruppe haben Sarah und ich den anderen Kindern berichtet, dass wir eine Berg-AG machen möchten. Gemeinsam überlegten wir dann, was wir so lernen, machen, erleben wollen. Zum Einstieg erzählte ich den Kindern, dass wir herausfinden wollen, wie Berge entstehen.

Dann ließ ich die Kinder überlegen, welche Fragen sie haben, und machte mir Notizen dazu. Dies sind die Fragen der Kinder:

1. Wie entstehen Berge? (Sarah und ich = Projektthema)
2. Wie ist das Klima dort? (Sarah)
3. Woher kommen Vulkane? (Sofie und Marie)
4. Wo gibt es Berge und wie heißt der größte Berg? (Janette und Marie)
5. Einen Berg basteln und malen! (Sarah, Marie und Anne)
6. Welche Tiere leben auf den Bergen? (Sofie)
7. Gibt es dort auch immer Schnee? (Sarah)
8. Wir wollen auch was Spannendes und Gefährliches über Berge lernen! (Janette)

Erste Überlegungen zur kognitiven Förderung:
1.
Die Kinder sollen verstehen lernen, wie Berge entstehen oder entstanden sind.
Mir ist es wichtig, dass die Kinder lernen, dass die Berge nicht immer da gewesen sind, sondern erst im Laufe sehr langer Zeit entstanden. In den letzten Jahrtausenden sind nur noch wenige Berge entstanden; wir müssen da doch eher in Zeiträumen von Jahrmillionen denken.

Ich will mit den Kindern die verschiedenen Arten verstehen lernen, auf die Berge entstanden sind. Sie sollen den Ur-Kontinent Pangäa kennenlernen, der durch die Strömungen des Ur-Ozeans auseinanderbrach. Sie sollen die Kontinentalplatten, also seine Bruchstücke, kennenlernen und deren Bewegungen verstehen, die Berge entstehen ließen.

2.
Die Kinder sollen ihr Wissen über Berge erweitern!
Die von den Kindern geäußerten Fragen (siehe oben) werde ich aufgreifen.

Wir werden beispielhaft herausfinden, wo es welche Berge gibt, wie sie heißen und wie hoch sie sind.

Natürlich werden wir uns den höchsten Berg der Erde, den Mount Everest, genauer ansehen. Ich kann mir vorstellen, auch den Himalaya im Allgemeinen genauer zu beleuchten.

Dem Wunsch nach etwas Spannendem und Gefährlichem werde ich mit dem Bergsteigen und seinen Gefahren entsprechen.

Ich kann mir auch vorstellen, dass wir uns mit dem Ötzi befassen. Denn ich habe im Vorfeld erfahren, dass der Ötzi für Janette ein Begriff ist und sie beschäftigt. (Ötzi wurde 1991 in den Ötztaler Alpen in Südtirol gefunden. Er ist die Gletschermumie eines Mannes, der vor rund 5.000 Jahren gelebt hat.)

Neben den kognitiven Zielen will ich auch weitere Bereiche fördern:
Ich will die Fantasie und Kreativität der Kinder fördern. (Dem oben geäußerten Wunsch der Kinder entsprechend einen Berg basteln und malen!)
Ich will mit den Kindern gestalterisch tätig werden. Bei der Schmetterlings-AG konnte ich beobachten, wie viel Freude es den Kindern gemacht hat.

Sarahs Selbstwertgefühl und ihr Selbstbewusstsein sollen stärker werden.
In Gesprächen mit den Erzieherinnen und durch eigene Beobachtungen habe ich erfahren, dass Sarah sich immer noch nicht wirklich wohl fühlt und bei den Kindern auch nicht beliebt ist.

Sarahs Gemeinschaftsgefühl soll durch das Projekt stärker werden.
Ich will erreichen, dass Sarah sich in ihrer Kindergartengruppe und auch in kleinen AG-Gruppen wohler fühlt. Sie hat das Gefühl, die anderen verstehen sie nicht – oder besser gesagt – wollen sie mit Absicht nicht verstehen.
Manchmal kapselt sich Sarah bewusst von einer Gruppe ab, weil sie sich dort ungemocht fühlt. Auch sagt sie, dass sie lieber alleine was macht. Ihr fällt es auch schwer, Rücksicht zu nehmen und an andere zu denken.

Wie will ich vorgehen?

– Eine angenehme Lernatmosphäre schaffen, Auflockerungen einbauen.
– Bereits vorhandenes Wissen sammeln / Wissensstand der einzelnen Kinder herausfinden.
– Die Kinder zur Hypothesenbildung auffordern.
– Sie zur genauen Bildbetrachtung auffordern.
– Darauf achten, dass die Kinder Zusammenhänge erkennen.
– An alle Kinder zusätzliches Wissen vermitteln.
– Wissen verdeutlichen/ veranschaulichen.
– Eigene Versuche/ Erfahrungen machen lassen.
– Merkfähigkeit fördern: Neues Wissen wiederholen und festigen.
– Sich mit dem Thema körperlich auseinandersetzen.
– Eigene Grenzen austesten.
– Jeden Projekttag gemeinsam reflektieren. Dabei Gleichberechtigung beachten: Jede hat die Möglichkeit sich zu äußern.

Erster Projekttag (am 9.12.)

Kognitive Ziele für Sarah an diesem Tag:

    • Sarah soll den Ur-Kontinent Pangäa und den Ur-Ozean kennenlernen.
    • Sarah soll den heutigen Stand der Kontinente und Ozeane kennenlernen (Betrachten der heutigen Welt).
    • Sie soll die Kontinentalverschiebung kennenlernen.
    • Sarah soll die Kontinentalverschiebung nachvollziehen können.

Weiteres Ziel:

    • Förderung des Gemeinschaftsgefühls und des Selbstwertgefühls von Sarah.

Verlauf:
10.30 Uhr
Wir treffen uns nach dem Frühstück und versammeln uns am Waldrand. Ich begrüße alle AG-Kinder und erkläre, dass wir nun mit der Berg-AG beginnen wollen, in der Sarah und ich die AG-Chefs sind. Ich bitte Sarah zu berichten, was wir herausfinden wollen. Das macht sie gut und fühlt sich in der Rolle sichtbar sehr wohl.

Wir suchen uns einen gemütlichen Platz in der Nähe und setzen uns zusammen. Ich leite das Fingerspiel „Oben auf dem Berge“ an. Dann tauschen wir in einem Gesprächskreis unser Wissen über Berge aus. Die Kinder sind von Anfang an sehr motiviert und zeigen, dass sie alle schon über Grundwissen zum Thema Berge verfügen.
Wie ich schon vermutet habe, teilt uns Janette viele Informationen über den Ötzi mit, zum Beispiel dass dieser in den Bergen gefunden wurde. Sarah fragt mich, ob ich den Mount Everest kenne. Sie berichtet, dass ihr Onkel diesen Berg mal bestiegen habe.

Im Gespräch nähern wir uns nun der Frage, wie die Berge entstanden sind. Ich berichte den Kindern, dass es alles vor sehr langer Zeit begonnen hat, und zeige den Kindern zwei großformatige Bilder von der Erde. Das eine zeigt die Erde in der heutigen Zeit und das andere zeigt den Ur-Kontinent Pangäa. Sie betrachten die Bilder sehr genau und finden etliche Unterschiede.
Dann erläutere ich den Kindern den Ur-Kontinent Pangäa und die Kontinentalverschiebung. Hier habe ich den Eindruck, dass es nicht alle Kinder verstehen.

Nach etwa 20 Minuten ist Bewegung angesagt! Wir gehen zu einem nahe gelegenen Berg in unserem Wald. Auf dem Hinweg kommen wir an ein paar kleinen steilen Abhängen vorbei, an denen es sich gut klettern lässt. Die Kinder probieren mit meiner Unterstützung auch einen schwierigen Anstieg und Abstieg aus. Sie helfen sich auch gegenseitig. Als Marie nicht weiter kommt, hilft ihr Janette.

Sarah hat das Klettern zum größten Teil alleine bewältigt und nicht auf ihre Gruppenmitglieder geachtet. Ich denke, sie hat sich die alleinige und schnelle Bewältigung der Kletteraufgabe zum Ziel gestellt. Ich vermute, sie sah es als „Gewinn-Spiel“. Ich habe sie, ohne dass die anderen Kinder es mitbekamen, darauf angesprochen. Ich habe ihr gesagt, dass sie ja sehr gut klettern kann und dass sie mit so einem Talent den anderen Kindern gut helfen kann. Ich habe ihr auch gesagt, dass sie und ich auf unsere Gruppe aufpassen müssen.

Oben auf dem Berg machen wir wieder einen Gesprächskreis. Ich frage die Kinder, ob sie sich an den Ur-Kontinent und an die Kontinentalverschiebung erinnern. Mit meinen Händen veranschauliche ich die Verschiebung mit Hilfe von Erde. Die Kinder probieren es auch.

Ich bin überrascht, wie schnell die Kinder es nun doch verstanden und verinnerlicht haben. Ich habe den Eindruck, gerade das Veranschaulichen mit den Händen hat dazu beigetragen.

Dann gebe ich jedem Kind eine Murmel und bitte es, sie einmal auf die höchste Stelle des Berges zu legen und zu sehen, was passiert. Sie probieren es mit großem Spaß aus. Wir machen verschiedene Experimente und testen verschiedene Stellen des Berges aus (Anstieg, mittlerer Teil des Berges, höchste Stelle).

Auf dem Rückweg klettern die Kinder wieder (10 Minuten lang) an den Abhängen. Sie klettern sehr langsam und unterhalten sich dabei über Bergsteiger und deren Unfälle.

Inzwischen ist fast eine Stunde an frischer Luft vergangen.
Zum Abschluss machen wir eine Gesprächsrunde und ich bitte Sarah, sie zu leiten. Mithilfe einer Gesprächs-Murmel kann jedes Kind sich zum ersten Projekttag äußern. Unsere kleine Reflexion war sehr angenehm. Sarah hat ihre „Leitungs-„Aufgaben ohne weitere Anweisung übernommen. Ich war eher im Hintergrund und durfte auch meine Meinung äußeren. Ich habe dabei die gesamte Gruppe für ihre gute Mitarbeit gelobt.

Danach spreche ich noch mit Sarah, erkundige mich nach ihrem  Befinden und plane mit ihr den 2. Projekttag. Sie bringt die Idee ein, eine Erde zu basteln. Ich will versuchen dieses mit ihr umzusetzen.

Reflexion
Die Ziele für den 1. Tag habe ich erreicht. Sarah hat den Ur-Kontinent Pangäa und auch den Ur-Ozean kennengelernt. Auch die heutigen Formen und Positionen der Kontinente hat sie lange und konzentriert betrachtet und das Wissen gut aufgenommen. Dies habe ich auch aus unserem Nachgespräch erfahren. Sie konnte viel Wissen wiedergeben.

Die Kontinentalverschiebung hat Sarah im Unterschied zu den anderen Kindern sehr schnell aufgenommen und verstanden. In ihrer Reflexionsrunde zeigt sie es, unterstützt von ihren Händen, den Anderen noch mal. Ich bin verwundert: Eine so gute Aufnahme des Wissens hatte ich nicht erwartet. So bin ich mit dem ersten Projekttag zufrieden.

Zweiter Projekttag (am 14.12.)

Kognitive Ziele für Sarah an diesem Tag:

    • Sarah lernt die verschiedenen Erdschichten und ihre Beschaffenheit kennen.
    • Sie soll verstehen, was die Kontinentalplatten sind.

Weitere Ziele:

    • Förderung des Gemeinschaftsgefühls
    • Förderung der Selbstständigkeit
    • Förderung der Feinmotorik
    • Förderung des Selbstwertgefühls von Sarah

Verlauf:
10.30 Uhr
Wir versammeln uns vor dem Bauwagen. Es ist frustrierend: Bis auf Marie und Sarah sind keine Gruppenmitglieder da, obwohl die Eltern informiert waren. Ich wollte mit den Kindern wegen des sehr schlechten Wetters den Bauwagen nutzen. Als ich aber zur Kindergartengruppe stoße, ist diese noch komplett im Wagen. Bis alle Kinder den Wagen verlassen haben, ist die Hälfte der vorhandenen Zeit schon vorüber.
Da ich nicht die Möglichkeit habe, das Treffen zeitnah nachzuholen, machen wir Drei das Beste aus der Sache. Ich würde sagen, wir haben intensiv gearbeitet.

Zunächst machen wir gemeinsam eine Wissensreflexion. Ich freue mich darüber, dass Beide mir von Pangäa erzählen. Sarah berichtet noch, dass sie mit ihrer Mutter darüber in Büchern nachgesehen habe. Sarah und Marie unterhalten sich sehr angeregt und auch freundschaftlich. So kann ich mich im Hintergrund halten.

Dann zeige ich den Kindern ein Plakat vom Ur-Kontinent Pangäa und wir wiederholen, was wir über die Kontinentalverschiebung erfahren haben.
10.45 Uhr
Ich verteile im Bauwagen verschiedene Magazine und Bücher und bitte die Kinder, sie nach Bergen zu durchsuchen.
Auch beim Durchschauen der Bücher und Magazine unterhalten wir uns. Die Kinder  finden ein paar Sachen alleine heraus, aber auch manche gemeinsam.

Wir finden auch Informationen über Vulkane und sprechen darüber. So sind Marie und Sarah auf einen Berg aufmerksam geworden, der sehr kahl ist. Wir können intensiv darauf eingehen, welche Pflanzen dort wachsen, und welches Klima dort herrscht.

Da die Stimmung so ausgeglichen und harmonisch ist, lasse ich das geplante Bewegungsspiel „Eisberg“ ausfallen. Wegen der knappen Zeit und der fehlenden Mitglieder wäre es auch nicht optimal. (Spielregel: Ein Kind ist der Fänger und tickt ein Kind an, welches zum Eisberg wird und sich nicht bewegen kann. Ein anderes Kind ist der Schmelzer und kann die Kinder wieder frei ticken.)

Inzwischen ist es 11.10 Uhr geworden.
Ich zeige den Kindern ein großes Bild, auf dem man die Erde erkennen kann, die bis zum Erdkern aufgeschnitten ist. Man kann den inneren Aufbau der Erde gut sehen. Ich erläutere den Kindern die Erdschichten und ihre unterschiedliche Konsistenz.

Danach gebe ich den Kindern Bastelmaterial und wir basteln unsere eigene Erde mit den verschiedenen Schichten auf der einen Seite und der Oberfläche auf der anderen Seite. Ich erläutere beim Basteln noch mal jede Erdschicht einzeln und mache die Kinder gezielt auf die Erdkruste aufmerksam.
Das Basteln findet bei Beiden großen Anklang. Beide können sich die Erdschichten auch gut merken.
11.25 Uhr
Gemeinsam machen wir eine Gesprächsrunde und ich bitte Sarah, sie zu leiten. Mithilfe einer Gesprächs-Murmel kann jedes Kind sich zum Projekttag äußern und seine gebastelte Erde zeigen. Ich erkundige mich auch noch mal nach den Erdschichten und ihrer Konsistenz bei den Kindern.

Reflexion

Ich würde sagen, wir haben intensiv gearbeitet.

Marie und Sarah haben sich ausgetauscht und viel gelacht. Ich habe den Beiden vorgeschlagen, ihre Erde und die Erdschichten doch das nächste Mal den anderen Kindern vorzustellen. Beide haben sich sehr gefreut und waren sichtlich stolz.

Im Abschlussgespräch mit Sarah hatte ich das Gefühl, dass es ihr eigentlich sehr gut getan hat, in so einer kleinen Runde zu spielen. Sie hat auch danach intensiv den Kontakt zu Marie gesucht. Auch ihr Sozialverhalten war sehr ausgeglichen. Meine erste große Enttäuschung konnte so doch noch zum Teil weichen. Ich habe mein kognitives Ziel für den Tag bei Sarah erreicht. Damit bin ich zufrieden.

Dritter Projekttag (am 16.12.)

Ziele für Sarah an diesem Tag:

    • Sarah soll die Bewegungen der Kontinentalplatten verstehen und nachvollziehen.
    • Sarah soll verstehen, dass dort, wo sich Kontinentalplatten bewegen, Gebirge entstehen können.
    • Sarah soll die drei Arten der Bergentstehung kennenlernen.
    • Sie soll diese Entstehung verstehen und nachvollziehen.

Die drei Arten der Entstehung:
1.) Die Erdkruste senkt sich an einigen Stellen ab, dort wo die Kontinentalplatten auseinanderdriften. Dabei wird sie an den angrenzenden Stellen nach oben gedrückt und ein Gebirge entsteht.
2.) Bewegen sich zwei Kontinentalplatten aneinander vorbei, können auch Gebirge entstehen. Die Platten reiben aneinander und verhaken sich manchmal, da sie an den Rändern nicht glatt sind. So können Kilometer hohe Berge entstehen.
3.) Es bewegen sich zwei Kontinentalplatten aufeinander zu. Es kann dabei passieren, dass sich eine ozeanische Platte unter eine kontinentale Platte schiebt. So türmen sich an der Grenze zwischen Ozean und Kontinent hohe Gebirge auf.

Wissenserweiterung zum Thema „Ötzi“

    • Sarah erfährt, wer der Ötzi war.
    • Sie erfährt, wie und wann der Ötzi gelebt hat.
    • Sarah soll verstehen, warum die Leiche so gut erhalten ist.
    • Sie lernt die aktuellen Themen der Wissenschaftler zum Leben von Ötzi kennen (Alter, Todesgrund usw.).

Weitere Ziele:

    • Förderung des Gemeinschaftsgefühls
    • Förderung der Fantasie und Kreativität
    • Förderung des Selbstwertgefühls von Sarah

Verlauf:
10.30 Uhr
Wir versammeln uns vor dem Bauwagen. Ich begrüße die AG-Gruppe und bitte Sarah und Marie, den anderen Kindern zu berichten, was wir beim letzten Treffen gemacht haben. Sie sollen gemeinsam die verschiedenen Erdschichten erläutern, sie können dazu ihre gebastelte Erde zur Hilfe nehmen. Sie bewältigen das gut.

10.40 Uhr
Wir setzen uns im Bauwagen um eine von mir vorbereitete Schicht Kissen. Ich erkläre den Kindern, dass sie sich vorstellen sollen, die Kissen wären die Kontinentalplatten. Nun schiebe ich zwei Kissen auseinander und dann wieder aufeinander zu. Dann zeige ich, dass dort, wo sich die Kontinentalplatten bewegen, Gebirge entstehen können und dieses auf drei verschiedene Arten möglich ist.

Diese drei Arten der Entstehung stelle ich mit Hilfe flacher Kissen bildlich dar.

Ich zeige den Kindern immer erst eine Art der Bergentstehung mithilfe der Kissen und bitte dann die Kinder selbst, dieses auszuprobieren. Jedes Kind spielt alle drei Entstehungsarten durch.

Ich bitte nun Janette, ein Bild vom Ötzi herumzuzeigen und zu berichten, was sie schon alles über ihn weiß.

Nun machen wir das Bewegungsspiel „Eisberg“.

11.05 Uhr
Anschließend komme ich dem Wunsch der Kinder nach, einmal den Ur-Kontinent Pangäa zu malen. Ich habe verschiedene Materialien bereitgestellt. Nebenbei vermittele noch einmal Wissen zum Thema „Auseinanderbrechen von Pangäa“. Auch die Kinder bringen ihr gewonnenes Wissen ein.
11.20 Uhr
Ich hole wieder die Kissen hervor und bitte die Kinder mir noch mal zu erklären, welche drei Entstehungsarten sie heute kennengelernt haben. Nun zeige ich den Kindern, dass man die drei Entstehungsarten auch mit den Händen darstellen kann. Wir probieren alle drei Arten aus.

Wir machen eine Gesprächsrunde und ich bitte Sarah, sie zu leiten. Jedes Kind kann sich zum Projekttag äußern. Ich erkundige mich noch mal nach dem Ötzi. Ich erkläre den Kindern, dass wir uns jetzt eine Weile nicht mehr treffen können, aber dass im nächsten Jahr ein letztes AG-Treffen stattfinden wird und zwar binnen (das heißt, nicht im Wald, sondern in den Kita-Räumen).

In der Reflexionsrunde kommt noch mal ganz intensiv der Ötzi zur Sprache. Die Kinder scheint dieses Thema sehr zu faszinieren.
Im Einzelgespräch berichtet Sarah mir noch mal von ihrem Onkel, der den Mount Everest bestiegen hat. Sie fragt, ob wir nicht mal diesen Berg malen könnten. Wir beschließen, dieses für den letzten Projekttag aufzuheben.

Reflexion

Leider war Anne auch diesmal nicht dabei. Ich habe bereits am Anfang geschrieben, dass ich die Freundschaft zwischen Anne und Sarah fördern möchte. Das kann ich nun nicht mehr intensiv ins Projekt verankern. Ich kann zwar am letzten Projekttag noch mal verstärkt darauf achten, aber mehr ist so nicht möglich. Der nächste Projekttag wird auch erst Mitte oder Ende Januar sein.
Die restlichen Kinder waren sehr motiviert und fröhlich. Sarah und Marie konnten ihr Wissen über die Erdschichten an die anderen gut weitergeben. Ich habe sie selbstverständlich unterstützt.

Ich habe das Gefühl, dass Sarah die Erdschichten lieber alleine vorgestellt hätte. Ich finde es aber gut, dass sie sich auch mal die Chefrolle teilen musste. Ich habe mich sehr darüber gefreut, wie viel Wissen Sarah und Marie behalten haben. Ich wurde wieder mal überrascht.
Vor der Wissensvermittlung der Entstehung der Berge hatte ich einigermaßen Angst. Ich bin froh, dass alles gut geklappt hat. Janette hat sich mehr im Hintergrund gehalten und zugesehen. Dieses war für mich in Ordnung, da ich wusste, dass sie etwas krank war. Die anderen AG-Mitgliedern hat es nicht weiter gestört, außer Sarah. Ich habe mich mit ihr dann leise unterhalten und ihr die Situation erklärt. Sarah hat dann nichts mehr zu der Zurückhaltung von Janette gesagt. Ich kann mir vorstellen, dass Sarah es nur schwer aushalten konnte, dass Janette sich abseits hielt. Ich konnte in den Projekttagen besonders beobachten, wie stark Sarah auf Regeln und Abläufe geachtet und bestanden hat.

Als der Ötzi an der Reihe war, hat Janette mitgemacht und ihn gut vorgestellt. Die gesamte Gruppe war sehr still und neugierig.
Das Spiel hat den Kindern Spaß gemacht. Dabei konnte ich mich ganz aus meiner Führungsrolle rausnehmen und einfach teilnehmen.

Beim Malen des Ur-Kontinents war ich erstaunt, wie präzise Sarah versucht hat, das Bild so zu malen, dass ihr Pangäa dem Original ähnelte. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass sie sich unter Druck gesetzt gefühlt hat oder mit ihrem Ergebnis nicht zufrieden ist.

Vierter Projekttag (am 18.01.)

Ziele für Sarah an diesem Tag:

    • Sarah soll erfahren, dass in den Bergen oft extreme Temperatur-Unterschiede herrschen. (Je höher ein Berg, desto stärker ist dieser Unterschied.)
    • Sie soll erfahren, dass dort länger Schnee liegt. (In einer Höhe von 2500 Meter kann bis zu 10 Monaten im Jahr Schnee liegen.)
    • Sie soll erfahren, dass die Sonne im Gebirge stärker brennt.
    • Sarah soll erfahren, dass der Wind im Gebirge stärker bläst.
    • Förderung der Wissenserweiterung zum Thema „Himalaya“.
    • Sarah lernt den Himalaya kennen.
    • Sarah soll den höchsten Berg, den Mount Everest, intensiver kennenlernen.
    • Sie erfährt, wer Reinhold Messner ist und dass er der erste Mensch war, der alle Achttausender im Himalaya erklommen hat (sogar ohne zusätzlichen Sauerstoff).
      …und sich sechs Zehen abfror, was ihn nicht von weiteren Touren abgehalten hat…

Verlauf:
8.30 Uhr
Sarah stellt ihrer Kindergartengruppe selbstbewusst die Berg-AG und das Thema vor.

9.00 Uhr
Gemeinsam gehen wir in das Obergeschoss des Hauses und setzen uns auf dem Teppich um einen (von mir mit Kissen vorbereiteten) Berg herum. Sarah und Ich begrüßen die AG-Gruppe.
Ich frage Sarah, woran sie sich in Bezug auf das Projekt noch erinnert. Nach und nach beziehe ich dann die gesamte AG mit ein und es ergibt sich eine recht komplette Wiederholung der Projekttage. Zur Unterstützung habe ich Materialien aus den vergangenen Projekttagen um den Berg herumgelegt, die Kinder nutzen sie. Alle AG-Mitglieder kommen zu Wort.

Die besondere Aufmerksamkeit lenke ich auf die drei Zeichnungen der Erdplattenverschiebung und bitte die Kinder, es mir nochmal zu erklären. Wir stellen die drei verschiedenen Verschiebungen mit unseren Händen nach.
9.10 Uhr
Jetzt wenden wir uns dem Himalaya zu. Ich stelle Fragen, zum Beispiel: Wie sieht es dort aus? Wachsen dort Pflanzen?
Gemeinsam suchen wir den Himalaya auf unserem Globus und kennzeichnen ihn. Dann schauen wir einen DVD-Film, in dem der Himalaya zu sehen ist. Während des Films erinnere ich die Kinder daran, darauf zu achten, wie die Berge aussehen.

Wir setzen uns wieder um den Berg herum und ich frage die Kinder, was sie gerade gesehen haben und was ihnen aufgefallen ist.
Dann machen wir das Fingerspiel „Dort oben auf dem Berge“.

9.30 Uhr
Gemeinsam setzen wir uns an einen großen Tisch. Sarah verteilt die Blätter und sie fordert die Kinder auf, den Himalaya (oder den Mount Everest) zu malen.
9.45 Uhr
Wer mag, bekommt die Möglichkeit sein Bild vorzustellen.
Dann klettern wir über einen kleinen Hindernisparcour zurück zum Berg und setzen uns wieder. Ich erinnere die Kinder an die Entstehung der Berge und die Erdplattenverschiebung. Wir schauen uns noch mal die Zeichnungen an und stellen die Bewegungen der Platten mit den Händen dar. Danach lenke ich die Aufmerksamkeit auf den Berg in der Mitte, ich ziehe zwei Kissen heraus und der Berg fällt zusammen zu einer Linie. Nun darf jedes Kind mit dem „Berg“ die drei verschiedenen Entstehungsarten ausprobieren.
9.55 Uhr

Gemeinsam legen wir uns gemütlich auf den „Berg“ und machen eine kleine Reflexionsrunde.

Ich nehme einen Erzstein zur Unterstützung; wer ihn in der Hand hat, darf erzählen. Ich leite die Reflexionsrunde mit Sarah gemeinsam und halte mich eher im Hintergrund. Gemeinsam rufen wir den Spruch „Ene mene Maus, die Berg-AG ist aus!“

Mit Sarah führe ich abschließend noch eine Einzelreflexion durch. Ich frage sie nach ihrem Befinden, ob sie mit der AG zufrieden ist und ob wir die Frage „Wie entstehen die Berge?“ zu ihrer Zufriedenheit gelöst haben.

Reflexion

Anne war wieder nicht da, dafür aber Sofie. Sarah hat zwei Besucher zur AG eingeladen. Ich habe mich darüber gefreut und es erlaubt.
Meine Bedenken wegen der langen Projektpause haben sich nicht bestätigt. Die Kinder waren sofort wieder beim Thema. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich dieses Mal früh am Morgen in der Gruppe war, so sind die Kinder viel aufnahmefähiger und wir können uns mal im Morgenkreis der gesamten Kindergartengruppe vorstellen.
Die Wissensreflexion der anderen Projekttage war sehr effektiv und hat Spaß gemacht. Interessant war es auch, wie schön die Kinder voneinander profitiert hatten. Da nicht jedes Kind an jedem Projekttag anwesend war, verlief der Austausch nicht langweilig, sondern richtig sprudelnd voller Wissen.

Bei der Wiederholung der Entstehung der Berge haben alle Kinder mitgemacht. Sofie war sehr unsicher und ich bin mir auch nicht sicher, ob sie die Entstehung gedanklich nachvollziehen konnte.
Beim Betrachten der Filmausschnitte waren die Kinder sehr still und fasziniert. Es fielen auch Worte wie “Oh ist das schön“ oder „Man kann sich gar nicht vorstellen, dass die Berge echt sind“. Im Film konnten die Kinder den Himalaya besser betrachten als auf Fotos. Sie waren sehr gefesselt von den Filmausschnitten.
Das Malen des Himalaya war für mich sehr spannend. Sarah hat auch einen Bergsteiger gemalt, der ohne Sauerstoffflasche versucht hat, den Berg zu besteigen, es aber leider nicht geschafft hat.

Alle Kinder haben sich getraut, ihre Bilder vorzustellen. Manche Kinder malten auch Kraniche, die versuchten den Himalaya zu überfliegen, was man im Film auch sehen konnte.
Bei der Wiederholung der Entstehung der Berge haben alle mitgemacht, auch Sofie hat sich getraut.
In der Reflexionsrunde konnte man noch immer merken, wie fasziniert sie vom Himalaya waren.
Im Einzelgespräch teilte Sarah teilte mir mit, dass sie eigentlich noch weiter mit mir die Berg-AG machen möchte. Ich habe ihr erklärt, dass ich das für eine sehr gute Idee halte, dieses aber nicht möglich ist, da ich in der anderen Gruppe beschäftigt bin und nun erst mal nicht kommen kann. Ich sagte ihr aber auch, dass wir uns ja an den Begegnungstagen (zwischen „buten“ und „binnen“) sehen und uns ja dafür verabreden könnten. Damit schien sie zufrieden.

Wir verabredeten uns also gleich für den 29.01., um unser Projekt den anderen Kindern vorzustellen und Urkunden an die AG-Mitglieder zu verteilen. Sie hatte auch schon eine genaue Vorstellung, und zwar wollte sie eine kleine Ausstellung an der Spielwand im Eingang machen. Ich bin gespannt.

Projektvorstellung (am 29.1.)

Am Begegnungstag Binnen haben Sarah und ich noch mal besprochen, wie wir unser Projekt den anderen Kindern vorstellen können. Sie berichtete den Kindern im großen, gemeinsamen Kreis von dem Projekt. Dann hat die Gruppe zusammen alle erarbeiteten Werke auf dem Flur aufgebaut. Wir haben gemeinsam entschieden, was wir dafür alles brauchen. Wir suchten unsere Bücher zusammen, bauten einen kleinen Berg mit Bergsteiger, klebten unsere Bilder auf und auch der Globus, auf dem der Himalaya gekennzeichnet war, gehörte dazu.

Sarah übernahm die Führungsrolle und ich war ihre Assistentin. Am Ende gab ich jedem Kind eine Urkunde, die Sarah und ich entwickelt haben. Sarah bekam von mir auch eine, denn sie hat ja herausgefunden, wie Berge entstehen.

Konnte ich die gesetzen Ziele erreichen?

Mit der kognitiven Förderung von Sarah bin ich zufrieden. Sarah hat die verschiedenen Entstehungsarten der Berge kennen und verstehen gelernt.
Am ersten Projekttag hat Sarah den Ur-Kontinent Pangäa kennengelernt. Sie konnte sich vorstellen, dass die Welt sich verändert hat und auch wie dieses geschehen ist. Die Kontinentalverschiebung hat sie sehr interessiert. Am zweiten Projekttag lernte sie die verschiedenen Erdschichten kennen. Durch die intensive Arbeit an diesem Tag konnte Sarah viel Wissen aufnehmen.

Sie stellte viele Fragen und arbeitete sehr zielstrebig und ausdauernd. Die Weltkugel mit den Erdschichten hängt nun bei ihrem Vater auf der Arbeit. Das Thema wurde zu Hause bei Sarah weiter besprochen. Sie hat die Kontinentalplatten kennengelernt und konnte ihr gutes Wissen gut wiedergeben.

Am dritten Projekttag haben wir uns endlich an die Frage „Wie entstehen die Berge?“ heran gearbeitet. Der Ötzi hat sie sehr fasziniert und die Informationen über ihn hat sie nur so eingesogen. Am letzten Tag hat sie einiges über das Klima in den Bergen gelernt und auch gut aufgenommen. Sie konnte auch das „andere“ Wetter nachvollziehen und es mir wiedergeben.

Der Himalaya und das Wissen hierzu hat Sarah gradezu gefesselt.

Sie hat viel nachgefragt und auch viel von ihrem eigenen Wissen weitergegeben. Auch der Film über den Himalaya hat ihr gefallen. Durch Nachfragen stellte ich fest, dass sie auch daraus viel Wissen aufgenommen hat.

Anmerkung der Kursleitung:
Hast Du durch die Arbeit mit Sarah einen besseren Eindruck davon gewonnen, wie viel und wie schnell hoch begabte Kinder lernen wollen und können? Kannst Du Dir vorstellen, wie es für Sarah wäre, wenn sie – ganz abgesehen von der Situation in Kitas – jeden Tag in dieser Intensität arbeiten und lernen dürfte (ohne es zu müssen)?

Erstaunt hat mich die große Aufnahmefähigkeit von Sarah. Ich habe wirklich Sorge gehabt, dass sie mir nicht folgen kann. Auch hatte ich Bedenken, ob ich die Entstehung der Berge überhaupt an die Kinder weitergeben kann.

Ich kannte mich zuvor mit Bergen überhaupt nicht aus – mir war das Thema sehr fremd.

Ich habe mich durch Fachbücher, durchs Internet und durch Filme weitergebildet.

Vieles musste ich mehrmals lesen, um es zu verstehen, aber ich habe es geschafft. Sicherlich war ich an manchen Stellen unsicher, ich konnte aber nicht beobachten, dass sich das auf die Kinder nachteilig ausgewirkt hätte.

Anmerkung der Kursleitung:
Du warst mutig und auch erfolgreich, ein so schwieriges Thema anzugehen. Zum Erfolg hat Deine anschauliche Umsetzung (zum Beispiel mit den Kissenbergen) sicher beigetragen.

Bin ich zufrieden?
Leider kann ich dieses nur zum Teil mit einem Ja beantworten. Ich habe zwar die kognitiven Ziele erreicht, ich hätte aber auch gerne Sarahs Gemeinschaftssinn gefördert. Das ist aber nur teilweise gelungen, da die Gruppe fast nie vollständig war und die Projekttage weit auseinander lagen.

Das wäre der nächste Punkt: Ich hätte mir mehr Projekttage gewünscht und auch dass sie näher zusammenliegen. Leider war dieses von seiten der Kita aus terminlichen und logistischen Gründen nicht möglich.

Das Thema ist sehr umfangreich und hat auch viele Einzelthemen hervorgebracht, wie zum Beispiel das Thema „Ötzi“. Ich hätte noch intensiver mit Sarah daran arbeiten können. Enttäuscht war ich besonders vom Projekttag 2, weil meine Planung so durcheinander geworfen wurde. Ich muss aber auch zugeben, dass die Notlösung, mit nur zwei Kindern zu arbeiten, sich dann doch gut ausgewirkt hat und Sarah gefallen hat. Ich hätte sehr gerne die Freundschaft von Anne und Sarah unterstützt, auch das war mir nicht möglich, weil Anne kaum dabei war.
Milde stimmt mich aber, dass Sarah an dem Projekt große Freude gezeigt hat.
Ich habe ihr Mut gemacht, das Thema weiter in ihre Kindergartengruppe zu tragen. Dieses hat auch schon einen kleinen Erfolg gezeigt. Die Kindergartengruppe beschäftigt sich nun mit Vulkanen und Sarah erweitert und verbreitet ihr Wissen hierzu.

 

Datum der Veröffentlichung: Januar 2016
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