Alle Kindernamen wurden verändert.

Beispiel von Petra Cohnen, Herzogenrath

Fühlt Ergün (3;10) sich ungerecht behandelt, fließen Tränen. Ungerechtigkeiten, die er selbst oder andere erleben, beschäftigen ihn oft lange. Auch hier ist „seine“ Erzieherin wichtige Anlaufstelle für ihn.

Erlebt er Ungerechtigkeiten, reagiert Ergün oft vehement, benennt deutlich das Unrecht und fordert für sich, aber auch für Andere, die Wiederherstellung von Gerechtigkeit.

Datum der Veröffentlichung: November 2013

Beispiel von Silvia Reichel, Remscheid

In ihrem ersten Kindergartenjahr beobachtete Nayla (3;3-4;3) das Gruppengeschehen sehr genau. Um den Verlauf einer Konfliktsituation zweier Kinder nicht zu verpassen, sprang sie immer wieder aus ihrer Spielsituation heraus, stellte sich neben die betroffenen Kinder und beobachtete, was passiert. Genauso handelte sie auch, wenn wir Erzieherinnen ein Kind auf etwas aufmerksam machten (zum Beispiel: „Benjamin, du müsstest dies hier noch wegräumen, bevor du nach draußen gehst.“) – sofort stand sie dabei und beobachtete, wie das angesprochene Kind reagierte, ob es nun aufräumt oder nicht, und natürlich entging ihr auch unsere entsprechende Reaktion nicht.

Täglich stand bei ihr an erster Stelle, nichts im Gruppengeschehen zu verpassen: und das tat sie nicht. Wenn ich mich jetzt an ihre erste Zeit bei uns erinnere, würde ich sagen, sie hat in diesem ersten Jahr jedes einzelne Kind „studiert“. Heute weiß sie genau, wie jedes einzelne Kind „tickt“ und wie es in welcher Situation reagiert.

Dies hilft ihr natürlich dabei, ihr Anliegen in einer Gruppe von Kindern durchzubringen: Sie weiß genau, wie sie einzelne Kinder ansprechen muss, damit sie ihr „gehorchen“. Damit hatte sie zunächst unsere Puppenecke unter Kontrolle. Interessant ist, dass sie inzwischen nicht nur Kinder, mit denen sie im Freispiel ohnehin viel zu tun hat, dazu bringt, ihre (Naylas) Meinung zu verfolgen, sondern dass sie auch Kinder, mit denen sie sonst nicht so viel zu tun hat, problemlos dazu bewegt, mit ihr in eine Richtung zu gehen und ihr Anliegen zu unterstützen.

Dies führte neulich dazu, dass sie es schaffte, meiner Kollegin ein Angebot zu sprengen: Sie brachte 12 Kinder während einer Liedeinführung dazu, nicht mehr zu singen. Dazu muss man sagen, dass diese Kinder wild zusammengewürfelt waren und diese Kleingruppe also nicht nur aus ihren engeren Freunden bestand. Dennoch sang meine Kollegin schließlich alleine. So sehr sie sich auch darum bemühte, die Kinder wieder zum Mitsingen zu bewegen, es gelang ihr nicht. Erst als sie Nayla aus dem Raum schickte, war eine Liedeinführung möglich.

Dazu muss man sagen, dass Nayla eine enorme innere Stärke besitzt. Da sie „nur noch“ uns Erzieherinnen dazu bringen muss, nach ihrer Pfeife zu tanzen, um die gesamte Gruppe kontrollieren zu können, gibt es viele Situationen, in denen sie uns testet und wir dieser inneren Stärke natürlich standhalten müssen.

Und es ist tatsächlich so, dass auch ich, als gelernte Erzieherin, mich erstmal gerade hinstellen muss und einige Sekunden brauche, um mir klar zu machen, dass ich in der Gruppe das Sagen habe und nicht dieses gerade fünf Jahre alte Mädchen, wenn sie anfängt mit mir zu diskutieren.

Datum der Veröffentlichung: Dezember 2011

Beispiel von Anke Cadoni, Mechernich

Ich forderte drei Kinder auf, die Puppenecke aufzuräumen, weil ich wusste, dass diese zuvor dort gespielt hatten. Jonas (4;1) erwähnte ich jedoch nicht! Er kam kurze Zeit später zu mir und sagte:

„Ich hab hier oben auch gespielt und muss mit aufräumen!“

Hier zeigt sich eine beachtliche soziale und emotionale Reife!

Jonas verfügt über einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Ich glaube, er könnte es für sich nicht aushalten, wenn er in dieser Situation jetzt nicht geholfen hätte.

Datum der Veröffentlichung: Dezember 2011

Beispiel von Inge Förster, Aachen

Felix (4;8) nimmt sein Umfeld sehr aufmerksam und detailliert wahr. Er bemerkt sofort kleinere Veränderungen in der Kita: …Du hast deinen Schreibtisch aufgeräumt… , in der Natur: … in der Kräuterschlange ist eine neue Pflanze, wann hast du sie eingepflanzt?…, an Menschen: … hat eine neue Jeans an… usw.

Spielverhalten wird gerne reflektiert und zugrunde liegende Motive erörtert. Die eigenen Gefühle und Stimmungen, aber auch die der anderen Kinder, werden schnell erfasst und benannt: …. will nicht mehr mitspielen, weil er keinen Spaß daran hat, immer die Katze zu sein. Er möchte lieber den Vater spielen und über die anderen bestimmen…

Datum der Veröffentlichung: 11.9.09