von Sonja Marquardt

 

Siehe auch andere Projekte mit Sarah:
Schmetterlings-AG
Berg-AG
Wörter-AG

Zum Auftakt ein Interview mit Sarah

Sarah ist jetzt 5;10 Jahre alt und freut sich sehr auf die Schule. Ich habe mich mit ihr zu einem Gespräch verabredet. Wir ziehen uns in eine gemütliche Ecke zurück, wo ich mit ihr ein Interview führe.

Hier ein paar Auszüge:

Auf die Frage:
Was gefällt dir in deiner Bibergruppe am Besten/ was gefällt dir gar nicht?
sagt Sarah, sie habe Spaß und spiele gerne draußen, außer bei Regen.

Mit wem spielst du am liebsten?
Sarah nennt drei Freundinnen und berichtet mir auch intensiv von ihnen.

Gefragt, wer für sie da ist, wer sie mag, ihr zuhört,
nennt sie Anne. Sie erzählt auch, dass die Jungs sie immer ärgerten.

Auf die Frage, für wen bist du da?
erwähnt sie wieder Anne.

Wenn du der „Boss“ oder „Bestimmer“ im Kindergarten wärst, was würdest du gerne tun?
Sie würde dafür sorgen, dass alle ungestört spielen dürfen, sagt Sarah. Ich frage, ob sie oft gestört wird. Darauf sagt sie erneut, sie werde immer von den Jungs gestört.

kurz gefasst…

Sarah (5;10) ist kognitiv und insbesondere sprachlich sehr weit entwickelt. Zusammen mit drei sechsjährigen Kindern befasst sie sich damit, wie eine Zeitung gemacht wird und wie Zeitungen historisch überhaupt entstanden sind.

Theoretisch und praktisch, denn es wird auch eine eigene Zeitung erstellt. Die Autorin beschreibt, wie engagiert, freudig und konzentriert die Fünfjährige mitarbeitet.

Was habe ich erfahren?

Ich interpretiere das Gespräch so, dass sich Sarah im Vergleich zum letzten Interview in ihrer Kindergartengruppe viel wohler fühlt und sogar drei Freundinnen nennen kann. Sie fühlt sich besser angenommen und verstanden.

Auch die Gruppenerzieherinnen berichten, dass sich Sarah besonders im Sozialverhalten positiv entwickelt hat. Ihre Frustrationstoleranz ist stärker geworden: Sie kann Kreise in der Gruppe gut aushalten, auch wenn ihr ein Spiel oder Lied mal nicht gefällt.
Sie spielt nicht nur mit einem Kind, sondern kann verschiedene und auch mehrere Spielpartner gleichzeitig akzeptieren. Sie kann eine Führungsposition annehmen, aber auch abgeben.

Ich freue mich über Sarahs ausgeglichene und zufriedene Ausgangssituation. Ich kann mir vorstellen, dass die verschiedenen Arbeitsgemeinschaften und auch der gute Austausch zwischen den Erzieherinnen und Sarahs Eltern, einen Anteil daran gehabt haben.

Wo steht Sarah?

Sarah ist in allen Entwicklungsbereichen sehr weit. Besonders im Sprachlichen ist sie überdurchschnittlich entwickelt. Auch ihr Interesse für Naturwissenschaften hat sich weiter gesteigert. Sie organisiert gerne, wenn es etwa um Rollenspiele oder Baupläne für ein Wald-Tipi geht. Sie nutzt weiterhin ihre intellektuelle Überlegenheit gegenüber anderen Kindern und lenkt sie zu ihrem eigenen Nutzen.

Gruppensituation

Das neue Kindergartenjahr hat begonnen. In der Bibergruppe sind nur wenige neue Kinder hinzugekommen. Dennoch ist die Gruppe aktuell etwas unruhig, was aber an der Umstellung nach den Ferien liegen kann. In den früheren Projekten (siehe oben) habe ich in Bezug auf Sarah immer auf ältere Kinder zurückgegriffen und sie in die Arbeitsgemeinschaft einbezogen. Nun gehört sie selbst zu den Älteren und es gibt kein Kind, das intellektuell mit ihr auf gleicher Höhe ist. Ich hoffe, dies wird nicht zum Problem.

Projektplanung gemeinsam mit Sarah

Nach dem Interview setze ich mich mit Sarah noch einmal zusammen und spreche über meine Idee einer Zeitungs-AG. Sie findet diese Idee gut und ist sehr motiviert. Ich habe schon oft beobachtet, dass Sarah ein starkes Interesse an Zeitungen und Nachrichten zeigt. Sie beschäftigt sich mit aktuellen Geschehnissen in der Welt und bringt sogar oft ausgeschnittene Artikel in den Kindergarten mit. Ich weiß, dass sie in der Familie morgens auch zusammen Zeitung lesen.

Gemeinsam überlegen wir, was wir in unserem Projekt machen wollen.

Sarahs Ideen:
– Die neuesten Nachrichten erfahren.
– Stimmt alles, was in der Zeitung steht?
– Woher kommt die Zeitung?
– Warum gibt es Nachrichten?
– Wir machen eine eigene Zeitung!

Meine Ideen:
– Die Geschichte der Zeitung erfahren. Seit wann gibt es Zeitungen usw.
– Wer arbeitet bei einer Zeitung?
– Was geschieht alles, bis eine Nachricht in der Zeitung auf dem Frühstückstisch landet?

Im Verlauf des Projekts können natürlich auch die weiteren Gruppenmitglieder ihre Ideen einbringen.

Sarah erkläre ich, dass wir vielleicht nicht alles schaffen. So kann ich mir vorstellen, dass die Gestaltung einer eigenen Zeitung nicht mehr in den zeitlichen Rahmen passt. Wir haben in unserem Kindergarten bereits eine eigene Zeitung und ich kann mir vorstellen, dies irgendwie für das Projekt zu nutzen.

Wer macht mit?

Ich habe mich wieder für eine kleine Gruppe entschieden. So wird intensives Arbeiten möglich und die AG wird allen Mitgliedern gerecht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Arbeit in einer Kleingruppe mit Sarah sehr intensiv und erfolgreich sein kann. Außerdem möchte ich Sarahs Beziehung zu den Kindern festigen. Dies kann ich besser in einer kleinen Gruppe lenken und beobachten.

Ich möchte, dass Sarah eine ihrer Freundinnen mit einbezieht, diese Freundschaft will ich stärken. Im Vorfeld habe ich mich mit einer Gruppenerzieherin ausgetauscht, um für Sarah eine gute Arbeitsgemeinschaft auswählen zu können. Wir haben uns für Ina entschieden.

Sarah hat sich dann noch Sören gewünscht. Ich durfte mir nun auch ein Kind wünschen und habe John ausgewählt.

Sarah gehört nun auch zu den Vorschulkindern und ich kann nicht mehr auf Ältere zurückgreifen. Ich habe deswegen auf diese Kriterien geachtet: Wissensstand, gemeinsame Interessen, Gruppenharmonie und die Möglichkeit sich gegenseitig zu motivieren.

Diesmal handelt es sich um Kinder, die noch nie bei einem der Projekte mit Sarah zusammen dabei waren. Es wird also spannend!

Ina
ist eine der drei Freundinnen, die Sarah genannt hat. Sie ist 5;6 Jahre alt und gehört zur Vorschulgruppe. Sie ist ein sehr ruhiges, introvertiertes Kind. Im Kreis macht sie Spiele mit, aber sie meldet sich selten von alleine. Bezieht man sie jedoch bewusst mit ein, hat sie gute Ideen.

Ihr Grundwissen ist für ihr Alter sehr ausgewogen und vielfältig. Sie ist in allen Bereichen altersgemäß entwickelt. Sie sollte aber in Richtung mehr Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Durchsetzungsfähigkeit gestärkt werden. Sie kann gut Streit schlichten, hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, ist sehr höflich und hilfsbereit.

Sören
ist 5;8 Jahre alt und gehört zu den Vorschulkindern. Er ist in allen Entwicklungsbereichen sehr weit, zeigt großes Interesse an Zahlen und am Experimentieren. Er nimmt gerne an AGs teil und beherrscht die deutsche Grammatik sehr gut. Dies nutzt er, indem er viel in Kreisen berichtet oder Geschichten erfindet und gerne kommuniziert. Er ist in der Gruppe sehr beliebt und hat einen großen Freundeskreis, der sowohl aus Mädchen als auch aus Jungen besteht.

John
ist 6;0 Jahre alt und gehört auch zu den Vorschulkindern. Er sollte bereits im vorigen Jahr als Kann-Kind eingeschult werden. Erzieherinnen und Eltern sind nach intensiven Beobachtungen und Gesprächen aber zu dem Entschluss gekommen, ihn noch ein Jahr im Kindergarten zu lassen.
John hat in einigen Entwicklungsbereichen noch Schwierigkeiten – so in der Feinmotorik: Er kann nur mit großer Anstrengung gerade mit der Schere schneiden und auch seine Stifthaltung ist noch sehr verkrampft.

AGs umgeht er gerne und geht neuen Aufgaben gerne aus dem Weg. Bei Unsicherheit verfällt er in eine sehr hohe und alberne Tonlage. Er spielt meistens alleine und zieht sich aus der Kindergartengruppe zurück. Ich habe mir John ausgesucht, weil er noch nie in einer so kleinen AG gearbeitet hat und ich von ihm weiß, dass er Interesse an aktuellen Nachrichten hat.

Einbindung der Eltern

Die Eltern der AG-Teilnehmer werden über das Zeitungsprojekt informiert. Ich versuche, sie auf dem Laufenden zu halten und sie möglichst einzubeziehen. Im Schaukasten und an der Infowand des Kindergartens sowie in der Kindergartenzeitung wird das Projekt vorgestellt. Je nach Ablauf des Projektes soll es in geeigneter Weise auch nach außen sichtbar werden.

Ziele des Projektes

Die Kinder sollen am Ende wissen:
– Wie entsteht eine Zeitung?
– Seit wann gibt es die Zeitung?
– Was steht in einer Zeitung?

– Sie kennen aktuelle Nachrichten und denken darüber nach.
– Sie erfahren, wie es ist, über aktuelle Artikel in der Kleingruppe zu diskutieren.
– Sie entwickeln in der Kleingruppe Gemeinschaftssinn und stärken ihr Selbstwertgefühl.

Die Zeitungs-AG startet

Am ersten Tag stellen Sarah und ich zunächst unsere Ideen zum Projekt vor und geben den anderen Mitgliedern die Möglichkeit, ihre Ideen einfließen zu lassen. Ina schlägt vor zu fotografieren, weil es in der Zeitung auch Bilder gibt. Sören wünscht sich – wie zuvor schon Sarah – mal eine eigene Zeitung zu machen. Ich könnte mir vorstellen, doch eine kleine Zeitung zu gestalten.

Heute lernen die Kinder eine Zeitung kennen. Ich habe die aktuelle Tageszeitung der Region („Die Harke“) mitgebracht und verschiedenfarbige Plakate bereitgelegt, um ausgeschnittene Artikel nach den folgenden Kategorien zu sortieren:

    • Nachrichten für die Welt,
    • Nachrichten für unseren Ort (Regionales),
    • politische Nachrichten,
    • Sportnachrichten und
    • Anzeigen.

Jede Plakatfarbe wird einem „Ressort“ zugeordnet.

Das Heraussuchen und Sortieren der Meldungen und Artikel macht den Kindern viel Spaß. Sarah will unbedingt den Bereich der Nachrichten aus aller Welt untersuchen, Sören entscheidet sich für den Sport, John für den Lokalteil und Ina für die Anzeigen.

Das Betrachten der Tageszeitung mit der Gruppe ist sehr interessant. Das dominierende Thema ist, dass in einer Klinik Säuglinge erkrankt sind, weil sie schlechte Nahrung erhalten haben. Die Kinder sind darüber sehr betrübt und machen sich weiterführende Gedanken: „Ob sie wieder gesund werden?“ oder „Wie geht es den Eltern?“ und auch „Wer könnte Schuld haben?“.

Besonderes Interesse der Kinder findet auch ein Interview mit Angela Merkel. Die Gruppe verfügt über Vorwissen im Bereich der Politik, da aktuell auch in der Kindergartengruppe darüber gesprochen wurde.

Mit meiner Unterstützung bearbeiten die Kinder ihre Bereiche selbstständig und schneiden Beiträge aus. Die übrigen Bereiche erarbeiten wir uns gemeinsam.
Bei der Abschlussbetrachtung sind alle stolz auf ihre Arbeit. Sie fragen, ob sie ihren jeweiligen Bereich mit nach Hause nehmen können. Wir einigen uns, dass sie dies nach Beendigung des Projektes machen können.

Was habe ich erreicht?

Ich bin mit dem ersten Projekttag zufrieden. Ich hätte nicht gedacht, dass die Kinder ihre Aufgabe als so wichtig ansehen und auch ihr Ergebnis so schätzen.

Auch John kann folgen und zeigt großes Interesse. Sarah ist weiterhin stark motiviert. Die Kinder freuen sich schon auf das nächste Treffen.
Sarah macht mich am Ende noch mal darauf aufmerksam, dass wir eine Zeitung entwerfen wollen.

Zweite Projekteinheit: Wie eine Zeitung entsteht / Wie es früher war

Heute befassen wir uns intensiv mit dem Weg einer Tageszeitung vom Reporter bis zu uns auf den Küchentisch. Dazu leite ich eine Gesprächsrunde und ermutige die Kinder, ihre Ideen beizutragen.

Ina und Sarah machen aktiv mit. John hält sich im Hintergrund. Ich vermute, dass ihm das Vorwissen fehlt. Ich habe aber den Eindruck, dass er sich nicht unwohl fühlt, er hört gut zu.

Mit Hilfe von Karten, Bildern und Stichwörtern erkläre ich kindgerecht die Entstehung der Zeitung:

– Wir schauen uns das Berufsfeld eines Journalisten an.
– Wir überlegen, wie ein Zeitungsgebäude aufgebaut ist und was es alles benötigt.
– Wir schauen uns ein Zeitungsgebäude auf einem Bild an.
– Wir betrachten eine Druckerei in einem Buch.
– Wir überlegen, wer die Zeitung zu uns bringt.

Und wir lernen die Geschichte der Zeitung kennen:

– Wir erfahren, woher das Wort Zeitung kommt.
– Wir lernen die ersten Zeitungen kennen, das Einblatt.
– Wir lernen, was Flugblätter sind.
– Wir lernen Johannes Gutenberg und seine Erfindung die Druckerpresse kennen.

Die Kinder folgen meiner Schilderung der Geschichte der Zeitung aufmerksam und auch John stellt Fragen. Besonders interessiert ihn die Druckerpresse. Sarah möchte wissen, woher das Wort „Zeitung“ stammt.

Mit meiner Hilfe stellen die Kinder dann ein Flugblatt zum Thema Johannes Gutenberg her. Dazu stelle ich ihnen Kopien von Bildern und Texten zur Verfügung.

Ich habe auch heute wieder die aktuelle Tageszeitung („Die Harke“) mitgebracht. Wir besprechen die neuesten Vorkommnisse.

Bei den aktuellen Nachrichten steht heute das Grubenunglück in Chile im Vordergrund. Sarah ist sehr interessiert und fragt: Wie bekommen die unter Tage Eingeschlossenen Essen? Wie gehen sie auf Toilette? Ist dort unten genügend Luft?
Ich versuche, die Fragen für die Kinder verständlich zu beantworten.

Die am ersten Projekttag erstellten Plakate kommen wieder zum Einsatz. Zunächst versuche ich, den Kindern den Kulturteil der Zeitung zu erklären. Wir schneiden entsprechende Artikel aus und kleben sie auf ein weiteres Plakat. Sarah, Ina und Sören sind dabei sehr aktiv. Erneut hält sich John im Hintergrund und beobachtet. Ich ermutige ihn mit aufzukleben, was er mit Freude macht.

Insgesamt sind auch am zweiten Projekttag alle Kinder stark motiviert. Die AG arbeitet weiter sehr intensiv und braucht keine Pause. Ich bin sehr stolz auf sie.
Meine Kollegin hat mir angeboten, Kontakt zur Tageszeitung „Die Harke“ herzustellen und eventuell einen Besichtigungstermin zu vereinbaren. Ich bin ihr dafür dankbar und gespannt, ob sich daraus etwas ergibt.

Dritte Projekteinheit: Ideen für unsere eigene Zeitung

Heute haben wir insgesamt nur eine halbe Stunde zur Verfügung. Wir betrachten zunächst die Flugblätter vom letzten Projekttag und jedes Kind stellt sein eigenes Plakat vor.

Danach bitte ich Sarah, noch mal mit Hilfe meiner Bilder etwas zur Geschichte der Zeitung zu erzählen. Sie kann den Weg der Zeitung erklären und erzählt auch viel über die Geschichte der Zeitung. Auch die anderen AG-Mitglieder, einschließlich John, haben viel behalten.

Nun bitte ich die Kinder, sich einen Artikel zu überlegen, den sie in ihrer kleinen Zeitung schreiben möchten. Ich leite dazu die Gesprächsrunde, versuche jedes Kind einzubeziehen und notiere die Ergebnisse sowie die zu beschaffenden Materialien (Bücher, Bilder usw.).

Die Ideen kommen nur so geflogen.
John möchte einen Artikel über das Jagen von Mädchen im Kindergarten schreiben,
Sören will über ein Fußballspiel schreiben,
Ina will eine Geschichte über ein Katzenbaby schreiben.
Sarah meint, sie könnte mir jetzt noch nicht sagen, was sie schreiben will. Ihr Thema sind „Nachrichten aus aller Welt“ – und sie könne ja jetzt noch nicht sagen, was in ein paar Tagen passiert. Da hat sie eindeutig Recht!

Anmerkung der Kursleitung:
Sie schaut weit über ihren Tellerrand hinweg und hat die weite Welt im Blick. Es ist recht deutlich, wie die anderen Teilnehmer demgegenüber mit der Wahl ihrer Themen ganz in ihrem eigenen täglichen Erfahrungshorizont bleiben.

Sarah hilft dann den Anderen bei der Ideenfindung und bei der Umsetzung.

Als Fotoreporter kreativ

Nach dem Projekt-Treffen machen sich die Kinder ans Fotografieren für ihre Zeitung, wozu sie meine Kamera benutzen dürfen. Sie suchen sich selbst „Models“ aus der Kindergartengruppe und setzen sie sogar in Pose:
Ina fotografiert ihre Freundin mit einem Katzen-Kuscheltier,
Sören seine Fußballfreunde,
John stellt eine Szene nach, in der Jungs Mädchen jagen und
Sarah fotografiert ihre Freundin Anne mit einem Globus.

Alle Kinder zeigen viel Fantasie und handeln kreativ. Es ist für mich spannend, diese Entwicklung der Ideen zu beobachten. Ich finde auch sehr gut, wie es ihnen gelingt, die anderen Kinder einzubeziehen.

Vierte Projekteinheit: Wir erarbeiten unsere Zeitung am Laptop

Zunächst betrachten wir wieder gemeinsam die aktuelle Tageszeitung und besprechen sie.
Es herrscht erneut ein angenehmes Arbeitsklima, besonders Ina und Sarah sind sehr motiviert. John ist leider nicht da.
Bei der Zeitungsbetrachtung interessiert die Kinder besonders ein schlimmer Reitunfall, an dem viele Kinder beteiligt waren.

Dann sehen wir uns gemeinsam die geschossenen Fotos für die eigenen Artikel an und bearbeiten sie nach den Vorstellungen der Kinder am Laptop.

Anschließend teilen wir uns auf: Immer eine/r geht mit mir zusammen an den Laptop und diktiert mir den vorbereiteten Artikel oder versucht, einige Wörter selber zu tippen. Sören und Sarah haben dabei keine Probleme.

Sarah entscheidet sich, Johns Thema „Jungs jagen Mädchen“ zu übernehmen. Damit bearbeitet sie nun genau das Thema, das ihr beim Interview in der Vorbereitung des Projekts so sehr am Herzen lag. Sie beschreibt die Situation der Jungen und Mädchen und gibt auch Tipps, wie man besser mit dem „Jagen“ umgehen kann.
Sie wählt zusätzlich noch „wichtige Nachrichten aus der Welt“ aus: über den Reitunfall und darüber, wie Schafe gerettet werden konnten.

Ina braucht bei ihrer Katzenbaby-Geschichte erst ein wenig Unterstützung von mir, aber dann kommt auch sie gut voran.

Das Arbeiten am Laptop macht allen Spaß. Die intensive Einzelarbeit mit mir finden alle Drei toll. Die Beiden, die sich gerade nicht mit mir beschäftigen, lassen sich nicht ablenken und arbeiten konzentriert an der Gestaltung eines riesigen Bildes – es soll am Schluss ein Redaktionsgebäude darstellen. Die Kinder nehmen diese Aufgabe gut an.

Abschließend schauen wir uns gemeinsam das bisherige Ergebnis der Zeitung auf dem Laptop an. Wir beraten, ob noch etwas geändert werden soll – etwa die Schriftart. Jedes Kind darf auch mal am Laptop selber mit Tippen und Bildbearbeitung experimentieren.

Die Reflexionsrunde ist sehr positiv: Die Kinder betonen, dass sie gerne an dem Zeitungsprojekt teilnehmen. Am liebsten mögen sie die Zeitungsbetrachtung. Besonders beschäftigt sie das Grubenunglück in Chile. Sie machen sich Sorgen um die verschütteten Bergleute.

Zum Abschluss besichtigen wir ein Zeitungshaus

Es ist uns gelungen, einen Termin zur Besichtigung bei unserer regionalen Tageszeitung „Die Harke“ (in Nienburg bei Hannover) zu bekommen.

Bevor es dann losgeht, treffe ich mich mit der Gruppe zum Frühstücken. Jedes Kind bekommt einen Ausdruck unserer im Projekt erarbeiteten Zeitung. Dann besprechen wir, welche Fragen die Kinder selbstständig (gegebenenfalls mit meiner Unterstützung) stellen können. Ich notiere die gesammelten Fragen, damit keine verloren geht.

Das Vorgespräch ist sehr sinnvoll, so können wir noch mal die fertige Zeitung genauer betrachten und würdigen. Die Kinder sind sehr stolz auf das Ergebnis. Sarah ist zunächst etwas traurig, weil sie die Schriftart von Inas Artikel schöner findet als bei ihrem.

Unsere Fragen-Sammlung bringt viele interessante Ergebnisse (eine Auswahl):
John: Ist die Tinte auf der Zeitung giftig?
Ina: Wie viele Menschen arbeiten bei der Harke?
Sören: Wie viele Computer gibt es bei der Harke?
Sarah: Was passiert, wenn man mal was Unwahres in die Zeitung schreibt und was passiert, wenn die Druckerpresse ausfällt?

Anmerkung der Kursleitung:
Sarahs Frage ist die einzige, die auf ein Verständnis der Zeitung als Medium der Information hinweist. Und dann zeigt diese Frage auch Sarahs ethisches Bewusstsein (Frage nach dem Umgang mit Unwahrheit) und ihr Problembewusstsein (Frage nach den Konsequenzen eines Ausfalls der Druckerpresse). Das sind so die Momente, die man innerlich zurückspulen und sich noch einmal vor Augen führen muss, wenn man über hohe Begabung nachdenkt.

Die Besichtigung selbst ist sehr interessant aber auch sehr fordernd für die Kinder.
Ein Redakteur der „Harke“ gibt uns eine etwa einstündige Einführung. Wir haben die Möglichkeit, unsere Fragen zu stellen und können am PC beobachten, wie eine Zeitung zusammengestellt wird.

Uns wird deutlich, dass wir uns das Zeitungsgebäude eigentlich größer vorgestellt haben. Angesichts der vielen Computer und anderer Technik gibt es räumlich gar nicht so viel zu betrachten!

Wir lernen aber viel Neues und können unser bereits erarbeitetes Wissen festigen. Zum Abschluss schenken wir dem Redakteur unsere Zeitung und er fotografiert uns – mit dem Hintergedanken, dass wir einen „echten“ Artikel über unsere AG für „Die Harke“ schreiben, der dann veröffentlicht werden kann.

Anmerkung der Kursleitung:
Das wäre ja wirklich die Krönung, wenn die Kinder ihren eigenen Artikel in der „echten“ Zeitung sehen.

Einen Tag nach unserem Ausflug treffe ich mich noch mal mit der Projektgruppe. Wir sprechen über den Ausflug und ich versuche, noch einige der vielen neuen Informationen nachzubereiten. Gemeinsam schreiben wir dann noch den Artikel für „Die Harke“ und ich gebe allen eine Urkunde für ihr Projekt.

Danach bin ich zu einem intensiven Einzel-Gespräch mit Sarah verabredet. Sie sagt, dass ihr die AG Freude gemacht habe. Sie ist sehr stolz auf ihre Urkunde und auch auf die eigene kleine Zeitung. Sie erinnert sich gut an die Zeitungsartikel, die wir gemeinsam gelesen haben. Nun lese sie jeden Morgen vor dem Kindergarten zusammen mit ihrer Mutter die Zeitung. Vor allem die Berichte über die Verunglückten in Chile verfolge sie jeden Tag. Das bestätigt mir die Mutter und lobt das Projekt, was mich sehr freut. Auch die anderen Eltern der Kinder äußern sich positiv.

Die Kinder waren sehr motiviert und vor allem wissbegierig. Sarah hat viel Freude gehabt. Sie hat ihre Freundschaft mit Ina gefestigt und auch ihr Wissen erweitert.
Ich bin zufrieden mit meinem Projekt. Ich hatte zu Beginn auch nicht erwartet, dass wir wirklich in der kurzen Zeit eine kleine Zeitung entwickeln konnten,

… aber Sarah wusste das mal wieder besser als ich.

Ich hatte bereits bei meiner Wörter-AG erfahren können, wie viel man erreichen kann, wenn das Arbeitsklima, die Motivation und die Freude am Lernen stimmen.

Anmerkung der Kursleitung:
Das ist eine ganz, ganz wichtige Erkenntnis (besonders auch im Zusammenhang mit Hochbegabtenförderung), die Du Dir redlich erarbeitet hast!

Die Besichtigung der Harke war ein guter Abschluss: Wir konnten die Arbeit an einer realen Zeitung beobachten und uns dabei vieles verdeutlichen, was wir vorher nur durch Erzählungen oder durch Bilder kannten. Der Artikel von uns war noch mal eine Bestätigung für unsere Arbeit.
Die eigene Zeitung der AG liegt für alle Eltern des Kindergartens aus und findet auch gute Nachfrage.

 

Datum der Veröffentlichung: November 2016
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum