Unser Brückenjahr

von Dorit Nörmann

 

In unserer Gemeinde arbeiten zwei Kitas und eine Grundschule schon seit längerem gut zusammen. Unser Projekt heißt „Brückenjahr“, es ist für die Kinder eine Brücke für ihren Weg von der Kita zur Grundschule. Anfangs glaubten wir, dass das Projekt hauptsächlich lernschwächeren Kindern zugute kommen würde, aber das ist nicht so. Auch besonders und hoch begabte Kinder profitieren davon.

Die Entwicklung des „Brückenjahres“

Das „Brückenjahr“ wurde zunächst als Projekt für zwei Jahre vom Land Niedersachsen finanziell gefördert, es wurden zusätzliche Erzieherstunden bezahlt. Unser Kindergarten erhielt zwei Wochenstunden zusätzlich. Wir haben dann allerdings viel mehr Arbeit geleistet, um die Ziele zu erreichen.

Unsere Zusammenarbeit der drei Bildungsinstitutionen begann bereits im Jahr 2001. Bei regelmäßigen Treffen standen Themen wie „Rituale“, „Umgang mit Konflikten“, „Arbeit mit dem Würzburger Trainingsprogramm“ u.a. auf der Tagesordnung. Auch gab es Vorträge von Experten (zum Beispiel zum Thema „Neurophysiologische Lern- und Entwicklungstherapie“).

Es gab im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten wechselseitige Hospitationen. Wichtige Berührungspunkte waren vier gemeinsam durchgeführte Projektwochen.

Verbindlichkeit erhielt die Zusammenarbeit zwischen den Kindergärten und der Grundschule durch einen Jahresplan im Jahr 2006. Darin legten wir Maßnahmen fest, die in den einzelnen Institutionen durchgeführt werden sollten, und es waren auch die Berührungspunkte zwischen den Einrichtungen aufgeführt.

Ebenfalls im Jahr 2006 erlebten Schule und Kindergärten eine gemeinsame Fortbildung unter der Leitung des Schulleiters der Regenbogenschule Stolzenau. Bei dieser Fortbildung entstand bei uns der Wunsch, für unsere Kinder ein Screening-Verfahren zur Feststellung von Lernvoraussetzungen zu erarbeiten. Grundlage dafür war das Verfahren aus Stolzenau, das uns zur Verfügung gestellt wurde und das wir für unsere Bedürfnisse umgearbeitet und weiterentwickelt haben. Wir übernahmen aus Stolzenau den Namen „Startklar“.

Schule und Kindergärten setzten das Verfahren im Schul- bzw. Kindergartenjahr 2007/2008 ein und führten es gemeinsam durch. Seitdem ist es unter dem Titel „Fördern und Fordern – Epochales Lernen im letzten Kindergartenjahr“ fester Bestandteil unserer Arbeit.

Kurze Beschreibung des Verfahrens „Startklar“

Alle unsere Kinder durchlaufen im Jahr vor ihrer Einschulung das Screening.
Die Kinder arbeiten an verschiedenen Stationen, die Aufschluss über den Entwicklungsstand und die Lernvoraussetzungen geben, die ein Kind bereits mitbringt. Es wird protokolliert, bei welchen Aufgaben sie erfolgreich sind.
Damit alle Kindern einen möglichst guten Schulstart haben, wird das Verfahren bereits im Herbst vor der Einschulung durchgeführt.
Die Ergebnisse werden den Eltern mitgeteilt und sie bilden die Grundlage für eine besondere Förderung im Zeitraum bis zur Einschulung (und gegebenenfalls auch darüber hinaus).

Das Screening umfasst die folgenden Stationen:

Station 1: Visuelle und allgemeine Merkfähigkeit
Station 2: Mengen-, Zahl- und Ordnungsverständnis
Station 3: Figur-Grund-Wahrnehmung, Raum-Lage-Wahrnehmung
Station 4: Laut- und Rhythmusdifferenzierung
Station 5: Logisches Denken
Station 6: Anweisungsverständnis

Hier sehen Sie ein Auswertungsbeispiel für ein Kind

Und hier sehen Sie einen Auswertungsbogen zur Anmeldung für den Förderbedarf

Fördermaßnahmen

Nach Auswertung des Screenings fördern wir die Kinder in kleinen Gruppen von 4 bis 6 Kindern. Jede Gruppe beschäftigt sich intensiv mit einem zu fördernden Teilbereich entsprechend den Screening-Stationen, und zwar wöchentlich über 4 bis 8 Wochen.

Die Treffen gehen jeweils über zwei Schulstunden und finden in der Grundschule statt.
Die Konrektorin und die beiden Kita-Leiterinnen betreuen die Gruppen im Wechsel. In jede Gruppe kommt zweimal hintereinander die eine Kita-Leiterin, dann für zwei Wochen die Konrektorin, dann die andere Kita-Leiterin. So haben die Kinder mit verschiedenen Personen zu tun, was wir als günstig für das Lernen ansehen.

Die Gruppen setzen sich zusammen aus:
a) den Kindern der beteiligten Kindergärten, die im letzten Jahr vor der Schule sind,
b) Kindern im letzten Jahr vor der Schule, die keine Kindertageseinrichtung besuchen,
c) Kindern aus der ersten Grundschulklasse, die entsprechenden Förderbedarf haben.

Die Förderung wird auf der Grundlage der Auswertung aus dem Screeningverfahren geplant und durchgeführt. Die Bereiche Motorik und sozial-emotionale Kompetenz, die im Screeningverfahren nicht erfasst sind, werden ergänzt.
Kinder, die für diese beiden Förderbereiche in Frage kommen, werden nach den Beobachtungen der Erzieher und Lehrer ausgewählt.

Wenn nun zum Beispiel ein Kind bei der visuellen Merkfähigkeit 50 % und bei der Rhythmusdifferenzierung 0 % erreicht hat, wird es in eine Gruppe kommen, die sich mit Liedern und Tanzspielen befasst. Außerdem kann es an der Epoche zur visuellen und akustischen Merkfähigkeit teilnehmen, um dort seine Fähigkeiten zu optimieren.

Es war zwar im Modell-Projekt so nicht vorgesehen, aber in der Folgezeit haben wir auch Fordergruppen eingerichtet für die lernstarken Kinder.

Dort bearbeiten diese Kinder besondere, auch schwierige Aufgabenstellungen. Es gibt zum Beispiel Knobelaufgaben oder Experimente oder Ähnliches. In diesen Gruppen fühlen sich auch unsere jungen Hochbegabten sehr wohl. Mehrmals gab es schon Vierjährige, die dort mit großem Engagement teilgenommen haben.

Die intensive Zusammenarbeit ermöglicht es den Kindern, die mehr (wissen) wollen, an den Aktivitäten in der Schule teilzunehmen. In den Fordergruppen sind immer wieder jüngere Kinder aus den Kindergärten zu Gast. Sie haben so eine gute Möglichkeit mit älteren Kindern zusammenzuarbeiten.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Konrektorin das (hoch-) begabte Kind schon sehr früh sieht. Über eine vorzeitige Einschulung kann so schon früher gemeinsam nachgedacht werden. Manchmal ist es für das Kind aber auch schon ausreichend, einmal in der Woche mit in die Schule zu gehen.

So kann die Förderung konkret aussehen:

Im Folgenden werden beispielhaft Möglichkeiten der Förderung kurz skizziert, die in der Praxis durch diverse Arbeitsblätter und Spiele ausgebaut werden.

Station 1: visuelle und allgemeine Merkfähigkeit
Merkfähigkeit visuell
Memory-Spiele
Spiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst!“
Spiel: „Beschreibe den Gegenstand!“
Merkfähigkeit allgemein
„Kim“-Spiele
Spiel: „Ich packe meinen Koffer…“

Station 2: Mengen-, Zahl- und Ordnungsverständnis
Zahl- und Mengenverständnis
– einfache Aufgaben wie z.B.: „Lege drei Bälle in den Korb!“
„Stelle vier Autos auf den Tisch!“
Übungen mit konkreter Handlung wie z.B.:
„Lege drei Bälle in den Korb und nimm zwei wieder heraus!“

Station 3: Figur-Grund-Wahrnehmung, Raum-Lage-Wahrnehmung
Figur-Grund-Wahrnehmung
Kim-Spiele
Raum-Lage-Wahrnehmung
ausgewählte Arbeitsblätter und Materialien

Station 4: Laut- und Rhythmusdifferenzierung
Lautdifferenzierung
Geräusche-Lotto
Rhythmusdifferenzierung
Tanzspiele, Mitklatschen beim Singen

Station 5: Logisches Denken
Formen nachlegen
Nicht passenden Gegenstand in einer Menge finden

Station 6: Anweisungsverständnis
Malen eines Bildes

Station 7: Motorik
Grobmotorik in der Sporthalle
Feinmotorik durch Ausschneiden, Bastel- und Malangebote

Station 8: Soziale Kompetenzen
Variable Gruppenbildung, Einhalten von Regeln, Teilen, Selbstkontrolle

Zusammenarbeit mit den Eltern

Bereits kurz nach der Einführung des Screeningverfahrens begann eine zielgerichtete Zusammenarbeit mit den Eltern.

Auf einem gemeinsamen Informationsabend der Kindergärten und der Grundschule wird das Verfahren ausführlich vorgestellt. Zu jedem Kind erfolgen ausführliche Auswertungsgespräche in den Kindergärten zwischen Erzieherinnen und Eltern.

 

Siehe auch: Entwicklungsberichte zum Kita-Abschluss

 

Datum der Veröffentlichung: Juli 2013
Copyright © Dorit Nörmann, siehe Impressum.

 

Questionnaire on Child’s Interests – to Be Used in Kindergarten

by Hanna Vock

 
For a few years we used to recommend the “Interessenfragebogen für Kindergarten 1. (2.) Klasse” [Questionnaire on Child’s Interests for Kindergarten and 1st (2nd) Form] in our Certificate Courses. It can be found in Joelle Huser’s book “Lichtblick für Helle Köpfe” [Bright Spot for Bright Minds] (see: Bibliography). It is based on a concept by Renzulli.

The idea of a questionnaire on the child’s interests and a number of questions from it have proven quite useful in our practical work, when trying to find out about the current interests of the more talented children in more detail. In the course of our work we have then come up with some new ideas, so that we decided to create our own questionnaire, which you can find below.

It is important to keep in mind that the questionnaire should only be used if there is a substantiated suspicion or even certainty about a child’s extraordinary or high ability.

The questionnaire is not a diagnostic instrument (in the way of a test of giftedness) and cannot be used as such. It is not suitable for whole groups – frustration on the side of the kindergarten teacher and more so on the side of the children is to be expected when questions are not being understood, which is highly probable for 3 – 4 years old children who are not gifted.

Frustration may also occur when children are under the impression that the same question is being asked over and over again, because they do not grasp the subtle differences between some of the questions.

So before putting the questionnaire to use there should be thorough observation and evaluation as to the child’s ability to understand the questions.

With bright and gifted children the questionnaire shows its true value as it triggers an intensive exchange on the special interests, thoughts and abilities of the child.

This will work especially well if the questions are not simply being answered one by one, but if all opportunities for further inquiry and a deeper exchange are seized. This, of course, calls for a quiet and undisturbed atmosphere.

The benefit for the group may lie in deriving ideas for group activities and projects from such conversations.

We keep getting reports of gifted children taking the “interview” quite seriously and making an effort to express themselves precisely. The examples given are to show how kindergarten teachers asked and how children answered.

Frequently the interview itself is but the beginning of a series of in-depth exchanges which do not only lead to a better understanding of the child, but also result in ideas for projects in kindergarten.

Recommendation:

Deposit the questionnaire in the team’s ring binder or in the manual for quality management so that the implementation of the questionnaire will not be forgotten.

See also:
Examples of Working with the Questionnaire and a Selection of Interesting Answers

See also:
PDF-Format for Print-Out

 

Questionnaire:
What is the child currently interested in, what are its present intellectual pursuits?

Name and age of the child: _______________________________

Date of the interview: _______________________________

The questionnaire can also be worked on in several sessions, especially with children
of ages 3 – 4.

Who is the interviewer?: _______________________________
1) Have you got a favourite toy? What do you like playing with the most?

______________________________________________________________

2) Who do you like playing with the most?

______________________________________________________________

3) And then what do you play when you’re together?

______________________________________________________________

4) What have you been thinking about yesterday or today?

______________________________________________________________

5) Have you got a best friend?

______________________________________________________________

6) Is there anything that you fear?

______________________________________________________________

7) Is there anything that you really like collecting? Have you got a ‘treasure
chest’?

______________________________________________________________

8) What are you really good at?

______________________________________________________________

9) What would you like to learn?

______________________________________________________________

10) What’s your favourite thing to do in kindergarten – and why?

______________________________________________________________

11) What is difficult for you in kindergarten?

______________________________________________________________

12) What do you not like at all about kindergarten?

______________________________________________________________

13) Can you tell me what it is that you don’t like about it?

______________________________________________________________

14) Is there anything that often bothers you in kindergarten? What keeps
driving you mad?

______________________________________________________________

15) Name one toy that you have got at home and that is really important
to you – a toy that must never be thrown away.

______________________________________________________________

16) Can you tell me why it is so important to you?

______________________________________________________________

17) What is your favourite book or your favourite story?

______________________________________________________________

18) What is it that you like so much about it?

______________________________________________________________

19) What do you like watching on TV or on DVD?

______________________________________________________________

20) What do you like about it so much?

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21) What is the next thing you want to learn here in kindergarten?

______________________________________________________________

22) Have you ever done something that made you really proud of yourself?

______________________________________________________________

23) Which profession do you like a lot? And why?

______________________________________________________________

24) Which profession do you not like at all? And why?

______________________________________________________________
25) Who is the best person for you to talk to?

______________________________________________________________

26) Imagine you met a person who knows everything about the world and
about life, somebody who knows even much more than your parents.
What would you want to ask that person?

______________________________________________________________

______________________________________________________________

27) Is there a rule here in kindergarten that you find really stupid?

______________________________________________________________

28) For the children to fill out:

Mark the field of your choice with a fat dot or a cross.

Print version (.pdf).

 

These questions may be asked additionally when interviewing
5 or 6 years old children: 

29) What would you change if you were the king or the queen?

______________________________________________________________

30) Is there something you can do better than even your mum or your dad?

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31) What wish have you got that might never be fulfilled?

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32) What have you ever taught to someone? And what was it?

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33) Have you ever made up a game all by yourself? And how does it go?

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(The questions 29 – 33 are from the book “Frag mich” [Ask Me],
or strongly resemble the questions therein.)

 

Published in German: January 2012
Copyright © Hanna Vock, see Imprint
Translated by Arno Zucknick

The translation of this article was made possible by
Sabine Handke, Bad Soden am Taunus, Germany.

 

Ben, 3;10 Years

by Alexa Kreitlow

 

Ben had been attending our kindergarten for 6 weeks when I did the Questionnaire of Child‘s Interests with him. I had just asked the whole group who would like to answer some questions and Ben was the first one to come forward.

These were some of his answers:

Question 1) Have you got a favourite toy? What do you like playing with the most?
“Yes, the thermo pack. You press it and it gets warm, not cold like the cooling pack.“

Question 4) What have you been thinking about yesterday or today?
“I been thinking about the children’s seat from kindergarten. We have it in our car and it says Kita on it [Kindertagesstätte = day care center]. I was thinking what it would be like if the whole kindergarten was in the car.”

Question 5) Have you got a best friend?
“…, he used to live in H. But not any more. You have to take the tram now and get off at ‘Maria’. I visit him sometimes.”

Question 6) Is there anything that you fear?
“Yes, a big fat bear. Other than that I’m not afraid of anything.”

Question 7) Is there anything that you really like collecting?
Have you got a ‘treasure chest’?
“I collect mussels, nuts and the best cookies in Germany. I’ve got a treasure chest and a savings box.”

Question 8) What are you really good at?
“Vacuuming my room and the corridor. And building castles in the sand. I’m really good at it. But nothing else.”

Question 9) What would you like to learn?
“Driving a real dumper truck and handling the buzz saw correctly.”

Question 10) What’s your favourite thing to do in kindergarten – and why?
“Playing on the ship outside – (upon the “why” he gives me a funny look, as if to say: what a stupid question!) – well, because it’s fun.”

Question 11) What is difficult for you in kindergarten?
“Nothing is difficult!”

Question 12) What do you not like at all about kindergarten?
“Nothing!”

Question 14) Is there anything that often bothers you in kindergarten? What keeps
driving you mad?
“Nothing bothers me or drives me mad.”

Question 15) Name one toy that you have got at home and that is really important to you – a toy that must never be thrown away.
“My tools, my axe and the real saw out of iron and my ruler and my calculator.”

Question 16) Can you tell me why it is so important to you?
“If mom’s or dad’s tools are broken I can lend them mine.”

Question 19) What do you like watching on TV or on DVD?
“I don’t watch a lot of TV, the sandman sometimes. I always watch the CD with “Bob der Baumeister.” [Bob the Builder]

Question 20) What do you like about it so much?
“I like the images. I just said that.”

Question 21) What is the next thing you want to learn here in kindergarten?
“Handling the tools so that I can be in the shop by myself. Make that certificate.”

Question 22) Have you ever done something that made you really proud of yourself?
“Yesterday I rode my bike uphill all the way to the mountain top, without getting off and pushing. That was great.”

Question 23) Which profession do you like a lot? And why?
“None. Maybe run a digger.”

Question 24) Which profession do not like at all? And why?
“Don’t know.” (His concentration is fading)

Question 25) Who is the best person for you to talk to?
“Nobody!” (Upon further inquiry) “Mum and dad.”

Question 26) Imagine you met a person who knows everything about the world and about life, somebody who knows even much more than your parents. What would
you want to ask that person?
After quite some thought: “How to build bicycles.”

27) Questionnaire with Emoticons

Ben makes the marks himself. Now he is keen on continuing the interview again. He is excited how many things he has marked “like”. He counts everything and finds only 3 things he finds stupid and 5 things he does not care about.

He had great fun answering the questions.

 

Published in German: March 2012
Copyright © Hanna Vock, see Imprint
Translation: Arno Zucknick