Beispiel 3

(in anonymisierter Form)

Herzlichen Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung!

In diesem Brief wird berichtet, in welchem Maße Glück und Schulerfolg hoch begabter Kindes von der Informiertheit der Pädagogen zum Thema Hochbegabung abhängen.

Sehr geehrte Frau Vock,
herzlichen Dank für Ihre Informationen, heute und in der Vergangenheit!

Als Großmutter von zwei hoch begabten Enkelkindern, 7 und 11 Jahre alt, haben wir die leidvollen Erfahrungen in diversen Kindergärten hinter uns gebracht.
Und darum werde ich eine Kopie Ihres hilfreichen Handbuches an den Kindergarten, in dem unsere Enkeltochter war, weiterleiten.

Wir haben genau dasselbe bei einem Kindergartenausflug mit einer
„schnellen S-Bahn“ mit der Enkeltochter erlebt, was Sie in dem Artikel „Ängstlichkeit und Vor-Sicht bei hoch begabten Kindern“ beschreiben.
Später wurde der „Zwischenfall“ von der Leiterin als „die einzige Panne in diesem Jahr“ dargestellt! Obwohl sie von der Hochbegabung wussten, konnten sie nicht damit umgehen. Das hätten wir schon damals, so wie Sie es beschrieben haben, wissen müssen!

Nun erleben wir leider wiederum bei unserer siebenjährigen Enkeltochter die totale
Unterforderung in der Grundschule.
Da wir glauben, dass bei Mädchen die Sache oft nicht so dramatisch verläuft – anders als wir sie beim Enkelsohn erlebt haben – bauen wir nun bei ihr mehr auf soziale Bindungen innerhalb der Klasse (beim Enkelsohn gab es Nachteile, bis hin zum Mobbing durch die Lehrerin und durch Schüler).
Dieses Mal haben wir die Schule nicht über die Hochbegabung der Enkeltochter informiert, da schon der normale Unterricht in der Klassse (der zweiklassig läuft) für sie nicht befriedigend sein kann. Sie meint: „Dafür ist die Lehrerin aber sehr nett“!

Absolut positive Vergleiche hatten wir zum Schluss der Grundschulzeit unseres Enkelsohns in der Poller Grundschule bei der Schulleiterin Frau Breidert und bei Herrn Naujeck (beide nicht mehr an der Schule) kennen gelernt. Das waren Lehrer, wie man sie sich nur wünschen kann, mit Verstand und Herz!

Die Schulnoten, in der Grundschule nur 1 und 2, sanken dann anfangs im Gymnasium auf 5 und 6.

Meine Tochter und ich haben viele Kurse und Vorträge über Hochbegabung besucht, viel Informationsmaterial und Bücher gelesen, sodass wir sehr gut über dieses Thema Bescheid wissen.

Unsere Enkelkinder sind getestet worden. Der Enkelsohn mit fünf und elf Jahren (Ergebnis IQ 134), die Enkeltochter mit sechs Jahren (IQ 130).
Leider ist das Thema Hochbegabung nur sehr schwer in der Gesellschaft und bei einigen Lehrern anzubringen.
Langsam, nach vielem Drängen und mit Informationsmaterialverteilung konnte unser Enkelsohn in einem Gymnasium auf Verständnis stoßen.
Ein hervorragendes Lehrerkonsortium hat neben seiner gewiss anstrengenden Aufgabe sich dann doch noch außerordentlich bemüht, sich gut informiert und unserem Enkel sehr geholfen!!! Nun ist er bei den Noten langsam Richtung 3 bis 4 und wir hoffen, dass es weiter bergauf geht.

Es war ein sehr mühsamer Weg, der ohne unser zähes Bemühen sehr schlecht ausgegangen wäre!
Diese Geschichten über hoch begabte Kinder hören Sie sicher täglich, und so wünsche ich Ihnen auch weiterhin viel Kraft, die vielen Missstände in gute Bahnen zu lenken!
Alles Gute und liebe Grüße.

 

Datum der Veröffentlichung: 19.1.10

Beispiel 2

(in anonymisierter Form)

Herzlichen Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung!

Im Folgenden schildert eine Mutter, deren Tochter bereits als hoch begabt getestet wurde, wie unglücklich ihre Tochter mit ihrer Kita geworden ist. Dass die meisten Erzieherinnen in ihrer Ausbildung nichts über „Hochbegabung und die Folgen“ erfahren – was ihnen nicht anzulasten ist -, zeigt hier seine problematischen Auswirkungen: ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Kind und Kita.

Sehr geehrte Frau Vock,

neulich las ich in Ihrem Handbuch im Internet und stellte fest, dass sich einige Abschnitte des Textes in unserem Leben widerspiegeln.

Unsere Tochter, die jetzt viereinhalb Jahre alt ist, besuchte im August 06 erstmals den Kindergarten. Bereits im November 06 wurde ich von den Erzieherinnen angesprochen, ob wir sie nicht einmal auf Hochbegabung testen lassen wollten, da sie in sämtlichen Bereichen über den Sphären der anderen Kindern schwebe.

Im Dezember 06 wurde dann durch eine Testung eine extreme Hochbegabung festgestellt.
Ich muß dazu sagen, daß mein Bruder und ich auch zu dieser Spezies Mensch gehören, ebenso ein Cousin.

Dass unsere Tocher ihren Altersgenossen nicht nur etwas voraus ist, war eigentlich allen klar:

Mit 17 Monaten summte sie komplexe Melodien, sie sprach sofort in 5-Wort-Sätzen, sprach von sich nur in der Ich-Form. Mit gerade 2 Jahren war sie so wissend, dass die Kursleiterin im Englischkurs unseres Sohnes (für 6-8jährige) ernsthaft meinte, sie könnte mit den großen Kindern mithalten. Sie erklärte mit 22 Monaten den Kondensstreifen eines Flugzeugs und interessierte sich für die verschiedenen Profile von Autoreifen. Auch erklärte sie Begriffe wie Adaption.

Seit dem Kindergarten das Ergebnis der Testung bekannt ist, haben wir das
Gefühl bekommen, dass unsere Tochter der Institution lästig wird.

Der Psychologe, der sie getestet hat, bat darum, dass sie im Kindergarten Extra-Aufgaben bekommen sollte. Sie bekam einmal ein Puzzle, welches sie fertigstellen sollte, während alle anderen draußen toben sollten. Sie wollte jedoch mit raus und sperrte sich gegen dieses Puzzle. Die Erzieherin behauptete dann: Unsere Tochter hätte ja keine Ausdauer, sich länger einer Aufgabe zu widmen.

Lächerlich, da sie kaum zu stoppen ist, wenn sie stundenlang über ihren
zahlreichen LÜK-Heften sitzt. Dabei handelt es ich um die Übungen für Vorschul- und Schulkinder.

Sie hat im Kindergarten nur noch eines der Mädchen, welches sie als Spielpartner
akzeptiert. Dieses Mädchen ist 2 Jahre älter, hat einen 13jährigen Bruder und wirkt reifer und ruhiger als die anderen Mädchen der Gruppe.
Der einst liebste Kindergarten-Freund darf seit einigen Wochen nicht mehr
mitspielen. Unsere Tochter: „Er versteht die Spiele doch nicht, er ist noch zu
klein dafür.“

Als das anfing, begann sie sich zu weigern, den Kindergarten überhaupt noch zu
besuchen. Sie würgt so lange, bis sie sich erbricht. Als Grund nennt sie:
„Da gibt es keine Aufgaben für mich“. Sie hat den Erzieherinnen deutlich klar gemacht, dass der Kindergarten für sie langweilig ist. Die einzige Reaktion, die sie daraufhin bekam: „Hier ist es doch nicht langweilig“.
Damit war die Sache für die Erzieherin erledigt.

Dann bekam ich den Rat: „Sagen Sie ihrer Tochter, sie muss in den KiGa gehen; wenn sie das nicht tut, dann darf sie nicht zum Schwimmen und auch nicht zum Englischkurs.“

Unsere Tochter trainiert mittlerweile 1x pro Woche beim Schwimmen mit
7-10jährigen Kindern in der Gruppe für das Bronzeabzeichen. Zusätzlich hat sie noch eine Privatschwimmstunde, weil sie so nach Herzenslust gefördert wird,
so wie sie es wünscht. Man sieht dann ein rundumzufriedenes Kind!!
Anschließend geht sie zur Englischgruppe, wo sie Anschluss und Spaß hat.
Jetzt möchte sie noch Ballett machen und am liebsten noch mehr schwimmen.

Was mache ich nur mit dem Kindergarten?! Auf der einen Seite sagen sie, dass unsere Tochter sämtliche Fähigkeiten und Fertigkeiten bereits mit in den Kindergarten brachte, woran das normal-intelligente Kind jahrelang arbeiten muss.
Ich höre momentan nur, wie sie versuchen ihr Verhalten als negativ und unreif darzustellen.
Wenn sie im Kindergarten erzählt, was sie beim Schwimmen geschafft hat, dann habe ich beobachtet, dass sie keinerlei Reaktionen erfährt. Wenn sie dann mal weint, weil sie unglücklich ist, erfährt sie immerhin negative Reaktionen.

Mir widerstrebt es, meine Tochter weiter dorthin zu „prügeln“. Es erscheint mir als seelische Prügelei, wenn ich das Kind freitags schon neben mir sitzen habe, und es fängt an zu weinen, weil das Wochenende schnell vorbei ist und der Kindergarten naht.
Immer wieder betont sie, dass sie nie mehr in den Kindergarten geht. Als sie bei
meiner Mutter war, schrieb sie dem Kindergarten sogar einen Brief, in dem sie
mitteilte, dass sie nicht mehr kommen wird.

Sie ist schon in der Schule angemeldet, quereinsteigen kann sie hier jedoch nicht.

Ich hoffe, dass Sie mir, bzw. uns weiterhelfen können und wünsche noch einen angenehmen restlichen Sonntag, ….

 

Weiterhelfen können wir mit unseren begrenzten Mitteln durch Beratung der Eltern, durch Fortbildung direkt in den Kitas und dadurch, dass wir möglichst vielen Erzieherinnen und Erziehern die Möglichkeit eröffnen, sich zu Fachkräften für Hochbegabtenförderung weiter zu bilden.

(Siehe auch die Liste der Kitas, in denen mindestens eine von uns zertifizierte Fachkraft für Hochbegabtenförderung arbeitet.)

So konnten wir zwar schon etlichen Kindern und Familien helfen – insgesamt wirken unsere Bemühungen (und die Bemühungen Anderer, die sich in dieser Richtung engagieren) aber noch wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es wäre wichtig, dass sich die Fachschulen und Fachhochschulen flächendeckend für das Thema Hochbegabtenförderung öffnen.

Hanna Vock

Datum der Veröffentlichung: 12.2.08

Beispiel 1

(in anonymisierter Form)

Herzlichen Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung!

Stellvertretend für etliche Briefe von Eltern drucken wir hier den Brief einer Mutter ab. Der Brief zeigt, wie sorgfältig und doch verunsichert Eltern reagieren, wenn ihr Kind überraschende Fähigkeiten und Interessen zeigt.

 

Sehr geehrte Frau Vock, sehr geehrte Frau Teeke,

ich habe eben ihr Handbuch im Internet gefunden und mit Interesse darin gelesen. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Thema, da mein Sohnemann, wie man so schön sagt, ein ziemlich pfiffiges Kerlchen ist. Seit über einem Jahr überrascht er mich immer wieder. Er ist sehr interessiert am Rechnen und an Zahlen – und wie ich finde, ist er da auch schon sehr weit. In vier Monaten wird er fünf Jahre alt. Seit über einem halben Jahr macht er Puzzle mit 200 Teilen komplett alleine, kennt die Zahlen im 100er Bereich (die Autobahn-Nummern erkennt er im Vorbeifahren – A542, B229, auch wenn sie ihm unbekannt sind – , Dezimalzahlen auf dem Thermometer kann er auch benennen, ebenso die Uhrzeiten auf Digitaluhren. Zählen kann er auch schon seit über einem halben Jahr bis 200 (ich denke, auch noch weiter, da er das Prinzip verstanden hat, aber wenn man ihn bittet, dies zu tun, blockt er ab… :-)) )

Ich möchte Ihnen jetzt gerne drei Beispiele aus den letzten Tagen schildern:

Als ich seiner kleinen Schwester ein 50ct Stück gab und ihm zwei 20ct Stücke, sagte er, er bräuchte noch ein 10ct Stück, dann hätten beide 50ct.

Als er die Sendung vor dem Sandmännchen guckte, erschien in unserem Fernseher unten links eingeblendet, von wann bis wann die Sendung läuft (18.40-18.50), und rechts stand die Uhrzeit (18.45). Daraufhin sagte er, es dauere noch 5 Minuten, bis zum Sandmännchen.

Neulich fragte er mich, welcher Tag denn heute ist (Dienstag). Da sagte er zu mir, dann sind es nur noch 4 Tage, bis wir an die Ostsee fahren (Samstag).

Er fängt auch im 100er Bereich an zu rechnen, im zwanziger ist er schon recht sicher (plus und minus).

Warum ich Ihnen das alles schreibe? Ich bin mir im Moment ziemlich unsicher, was mit meinem Sohn los ist. Er ist sehr eigensinnig, und es ist schwer, an ihn ranzukommen. Wenn er was nicht möchte, blockt er komplett ab und ist auch mit nichts zu kriegen. Besuche beim Kinderarzt sind eine Katastrophe, auf andere Menschen geht er nur sehr ausgewählt zu, mit seinen Erziehern im Kindergarten redet er kaum. Wenn er zu Jemandem allerdings Vertrauen gefasst hat, stellt er ohne Ende Fragen und löchert die Leute (was ich auch sehr schön finde, auch wenn es manchmal schon anstrengend ist, zu versuchen, alle Fragen zu beantworten.)

Auch im Hinblick auf die Schuluntersuchungen, die ja im nächsten Jahr anstehen, bin ich ein wenig in Sorge, ob er dort mitmachen wird (den Sprachtest für 4jährige hat er im ersten Durchgang komplett verweigert und im zweiten gerade so noch die Kurve bekommen, obwohl er für sein Alter wirklich sehr gut spricht.) Ich möchte einfach nicht den Zeitpunkt, etwas für ihn zu tun, verpassen.

Mir fällt es auch schwer, mit den Erzieherinnen oder dem Kinderarzt über eine eventuelle Hochbegabung zu sprechen, weil ich Angst habe, dann als Übermutter oder als Mutter da stehe, die möchte, dass ihr Kind überdurchschnittlich begabt ist. Ich hoffe, sie verstehen mich nicht falsch, aber das Einzige, was ich möchte, ist meinem Kind die Zukunft so einfach wie möglich zu machen.

Ich habe mich schon auf einigen Seiten im Internet umgeschaut und es passen halt viele Verhaltensweisen, die dort bei hochbegabten Kindern beschrieben werden, auf meinen Sohn. Er hat auch im Umgang mit Gleichaltrigen Probleme und eigentlich kaum richtige Freunde. Er ist sehr besitzergreifend, alles, was andere Kinder gerade zum Spielen haben, möchte er auch haben, im Kindergarten geht er oft auf Kinder zu und rempelt sie einfach so an.

Viele Leute sagen mir, das sind alles nur Phasen, das haben ihre Kinder auch, aber diese Phasen dauern mir schon zu lange und sind auch sehr ausgeprägt.

Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn sie mir Tipps geben können, wie ich mit der ganzen Situation umgehen kann und ob es ratsam ist, ihn auf Hochbegabung testen zu lassen oder ob Sie dazu keinen Anlass sehen. Wenn ja, wo kann ich das machen lassen?

Vielen lieben Dank schon mal im voraus, …

 

Der hier beschriebene Vierjährige zeigt zurzeit großes Interesse an Zahlen und am Rechnen. Die Fähigkeiten, die er in diesem Bereich schon erlernt hat, sind für sein Alter weit überdurchschnittlich. Dies lässt eine weit überdurchschnittliche intellektuelle Begabung vermuten. (Ob er „hoch begabt“ ist, also zu den 2 bis 3 Prozent am höchsten Begabten zählt, kann zu einem passenden Zeitpunkt durch eine Testung geklärt werden.)

Die beschriebenen sozialen Verhaltensweisen sind für etliche sehr begabte Kinder in diesem Alter typisch. Sie weisen auf eine Unterforderung und auf einen Mangel an adäquaten Spielkontakten hin, was zu prüfen wäre.

Dies zu prüfen und gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen, können Erzieherinnen in entsprechenden Fortbildungskursen lernen.

Siehe auch:
IHVO-Zertifikatskurse.

Hanna Vock

Datum der Veröffentlichung: 12.2.08